Da ich die freie Zeit um Weihnachten nutze und dank Erkältung auch nicht das sonnige Wetter offen im Zetti oder Chevy genießen kann, räume ich digital gerade mal etwas auf.
Dabei konnte ich auch einen alten Fahrbericht von mir, eigentlich schon längst verloren geglaubt, wiederfinden. Da er ebenso zum (ohnehin sehr weitläufigen) Thema, füge ich ihn hier mal mit ein:
Das Objekt der Begierde war ein Ende Februar 2001 gerfertigter E38, Modell 750i mit Erstzulassung vom 17.8.2001. Es ist also einer der letzten E38 überhaupt gewesen!
Er stand da wie aus dem Ei gepellt. Frisch gewaschen, frisch von den bekannten Rostleiden befreit und entsprechend lackiert - und zwar in Aspensilber inkl. Schwellerlackierung. Ein Auto wie es ein Bond durch die größte Hansestadt jagte... bloß in einem besseren Pflegezustand.
Erstaunt über bisher nur 3 Vorbesitzer, einem lückenlos ausgefülltem Serviceheft und den Nachweis, dass der Wagen selbst zum Wischwasser auffüllen und für Lederpflege in die mütterliche Niederlassung gerufen wurde. Resultat waren als noch über 9 Jahren und knapp über 120tkm auf der Uhr, dass der Wagen nur ein paar wenige Steinschläge auf der Motorhaube und ein paar kleinere Ledermacken vorzuweisen hatte. Solche E38 findet man mittlerweile leider nur noch sehr, sehr selten.
Die Ausstattung des Wagens kann man als sehr umfänglich beschreiben. Zwar fehlten Doppelverglasung, AHK und fondorientierte Ausstattung, dafür gab es aber Fond-Klima, Komfortsitze mit Aktivfunktion, DSP, Standheizung, einen vom Vorbesitzer nachgerüsteten MK4-DVD-Navigationsrechner für den 16

-Bordmonitor.
Sogar die aktive Geschwindigkeitsregelung (SA541) war vorhanden. Eine äußerst selten aufzufindende Sonderausstattung beim E38. Diese Option war im letzten Modell(halb)jahr nur für die V8- und V12-Modelle zum Aufpreis von 3.800 D-Mark (1.942,91 €) erhältlich.
Die Besonderheit bei diesem System ist das beheizte "Radarauge". Danach sehnen sich heutzutage zahlreicher Nutzer von derartigen Systemen im Winter!
Nun aber zum Wesentlichen: Wie fährt sich so ein Chefauto der 90er-Jahre?
Der Motor startet voluminös. Es wird richtiggehend zelebriert, wenn das Zusammenspiel aus einem über 2kW-starken Anlasser und dem ruhenden Dutzend zu einem kurz fauchenden, ersten Arbeitstakten führt. Nach einer kurzen Warmlaufphase verschwindet das grundsonore Brabbeln verdächtig weit in den Hintergrund... ja fast in Vergessenheit. Der Wagen will einfach nicht das Gespräch stören; wie es sich für einen vornehmen Diener gehört!
Aber nun nichts wie rein ins Auto... Sitz einstellen, Heizung an und Hebel auf D.
Langsam setzt sich der Tross in Bewegung. Behäbig würde es sogar treffen. Und schon die erste Hürde: bairische Pampa, eine Dorfstraße von knapp 2,5m Breite und eine ebenso enge Ausfahrt vom Hof. Bloß nirgends hängen bleiben. Sind immerhin knappe 5m Länge und mit Spiegeln über 2m Breite formvollendete Schönheit. Da wirkt selbst ein X5 (Baureihe E53) auf einmal zierlich. Letztlich ist es aber eine bloße Gewöhnungssache.
Erst einmal langsam durchs Dorf rollen lassen. Mehr als 1500 rpm braucht es hierfür nicht. Bereits auf den ersten Metern merkt man, wie feinfühlig der Wagen Unebenheiten auf der Straße kaschiert. Und er hat nicht einmal das (ohnehin etwas störanfällige) EDC.
Langsam kann man auch etwas beschleunigen. Um auf Landstraßentempo zu kommen, braucht es eigentlich nur einer Kleinigkeit: rechter Fuß runter. Aber man will es nicht. Erstens ist er noch nicht warm und zweitens ist es eines 750i unwürdig. Aber selbst die 2000-2500rpm reichen aus, damit man souverän beschleunigt. Und man hört vom Motor lediglich dieses sonore Brabbeln. Ein V8 grollt hier schon etwas, ein R6 hebt bereits seine Stimme leicht an, von einem Vierzylinder schreib ich lieber nichts. Beim M73TUB54 ist es aber eben nur ein fernes, kaum wahrnehmbares Geräusch.
Unterdessen arbeitet die Servotronic weich und feinfühlig. Der 3er BMW (Baureihe E91) hätte sich das nicht bieten lassen, nach einer festen Hand gefordert; der E38 nimmt es lässig. Auch ein Chef macht mal Fehler und hat eigentlich auch besseres zu tun, als sich ums Lenken zum Kümmern. Tempo 100 sind also kein Problem. Man merkt es nicht einmal wirklich. Fahrgeräusche sind kaum vorhanden und das Gespräch wird wie gehabt nicht im Geringsten gestört. Stattdessen machen sich langsam die Vorzüge des teuren Gestühls bemerkbar. Und ich sehe seit langem mal wieder einen Momentanverbrauch links der 10l-Marke. (Das ist eigentlich die Stelle, die man beim X5 4,4i als "0" hätte setzen können.)
Gleichwohl wird man aber auch immer wieder - durch entgegenkommenden Verkehr - an die schiere Breiter erinnert. Man bremst freiwillig etwas ab. Dem Schätzchen soll schließlich nichts zustoßen.
Nun ist der Motor endlich warm und man bezeugt den Wunsch nach Kulturfrevel, ja gewissermaßen sogar den schwindenden Respekt der Jugend vor der altherrschaftlichen Kunst. Andererseits wäre es gleichermaßen ein Frevel nicht wenigstens einmal diese Ingenieurskunst aufzeigen zu lassen, was sie wirklich vermag. Insoweit muss ein Kompromiss her. Kein Kickdown, aber Nachdruck im Pedal. Zum ersten Mal erhebt der V12 seine Stimme... das sanft-ruhende Dutzend lässt erkennen, dass es auch zum dreckigen Dutzend werden kann. So beschleunigt man zwar hörbar, aber weiterhin doch irgendwie unmerklich von ca. 40 auf 120 Stundenkilometer.
Das ändert allerdings auch wenig am Haupt“manko“ des Fahrzeuges. 5m Länge und 2m Breite wahr gewordener Kindheitstraum wiegen nicht gerade wenig. Und so spürt man eine leichte Unwilligkeit dem Lenkeinschlag Folge zu leisten. Ist zwar alles unkritisch und es quietscht auch nichts unstandesgemäß, aber man merkt, dass dies wohl der BMW mit ungewohnt hoher Vorderachslast ist. Sein Revier sind nun einmal keine engen asphaltierte Kaffverbindungen, sondern Straßen, denen man einen Bundestitel verliehen hat. (Ach ja... und der Durchschnittsverbrauch klettert innerhalb weniger hundert Meter um über 6l an.) Daher ging es fortan wieder im gemächlicheren Tempo zurück zum Hof.
Fazit des ganzen Ausflugs war: Keine Zeit für Fotos, endlich mal wieder einen sehr schönen und erhaltenswerten E38 gesehen und zum ersten Mal selbst einen gefahren... die letzten Kindheitserinnerungen lagen schließlich schon gute 15 Jahre zurück, als damals einer der ersten individualausgestatteten 750il für allerhöchste Sicherheit sorgen musste. Damals war es wohl die Fond-TV/Video-Anlage, die mehr als der V12 zu faszinieren wusste. Zeiten und Ansprüche ändern sich – der E38 zum Glück nicht mehr!
Anbei noch einmal mein Dank an die „Behrendt Automobile GmbH“, welche damals die Probefahrt ermöglichte. Von hier stammen auch die entliehenen/verlinkten Bilder.