Portugal mit dem Z3

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paulinus

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Vor zehn Tagen juckte es mich mal wieder in den Fingern und im rechten Fuß. Nach vielen Flugreisen brauchte ich mal wieder
einen richtigen Roadtrip. Habe hin- und herüberlegt und dann erinnerte ich mich an mein Lieblingsreisziel von früher. Portugal,das war genau das richtige. Ich strich und verlegte Termine und verschaffte mir so zehn freie Tage. Die mussten reichen.

Portugal liegt im äussersten Westen Kontinentaleuropas und ich war zum erstenmal 1986, im Jahr der EU - Aufnahme, dort. Damals noch ein bitterarmes Land, in dem Nachtfahrten ein Risiko waren, da nachts Fussgänger und Eselskarren unbeleuchtet zwischen den Dörfern unterwegs waren. Sehr preiswert war es und ich konnte mit wenig Geld trotzdem vorzüglich Essen gehen. Gerade die Freundlichkeit der Portugiesen überzeugte mich und so wurde Portugal für Jahre zu meinem bevorzugten Urlaubsland.

Die Anreise war damals noch ein wirkliches Abenteuer. Die Autobahn endete in Burgos in Nordspanien und darauf folgten über hunderte von Kilometern Landstrassen, die spätestens mit dem Grenzübertritt nach Portugal in Badajos äusserts unkomfortabel wurden. Wobei ich allerdings damals auch schon in Frankreich und Spanien die Autobahnen wegen des Mauts mied (ich war Student und gab das dadurch Ersparte lieber fürs Essen aus).

Es begann also damals mit einer Fahrt, die mich über Galizien im nordwestlichen Spanien und Nordportugal schließlich bis an die Algarve führte. Dort fühlte ich mich dann allerdings wegen des Tourismus a la Italien und Spanien schnell unwohl und es ging wieder nordwärts an die Küste des Alentejo (damals die ärmste Region in ganz Europa), wo ich einen traumhaft schönen Ort namens Vila Nova De Milfontes fand. Vila Nova liegt ca. 150 km südlich von Lissabon an der Mündung des Rio Mira in den Atlantik. Hier gab es alles: Nette Leute, tolle Parties und eben auch vorzügliches Essen.

Die Reisen unternahm ich die folgenden Jahre mit den unterschiedlichsten Fahrzeugen. Einem 50 Ps VW- Bus, einem Ford Sierra, ein paarmal mit dem Flugzeug, einer Yamaha TRX 850, einem Golf III GTI und schliesslich vor zehn Tagen mit meinem Z3.

Hier mag bei 2500 Kilometern einfacher Fahrt die Frage aufkommen, warum mit dem Auto und nicht mit dem Flugzeug. Die Antwort ist schlicht emotional: Es ist geil Westeuropa zu durchkreuzen und nicht einfach mit dem Fallschirm über seinem Urlaubsziel abgeworfen zu werden. Es ist es auch noch immer ein kleines Abenteuer, das es zu bestehen gilt. Ausserdem ist die Fahrt bei mir mit nostalgischen Gefühlen besetzt und die sind sowieso nicht erklärbar. Ich habe auch keine Lust mehr auf Gardasee, Lago Maggiore und Alpenpässe, wo man bei schönem Wetter mit zigtausenden anderer Deutscher unterwegs ist.

Kurz zu meinem Auto: Es ist ein montrealblauer Z3 2.8, der vor zehn Tagen noch 25000 km auf dem Tacho hatte. Heute sind es fast sechstausend Kilometer mehr.

Ich startete am 22. Mai um 14 Uhr irgendwo im mittleren Westdeutschland. Bis Mulhouse hatte ich es laut Bordcomputer gerade mal auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp über 60 Km/h gebracht. Der Grund waren Staus und Baustellen. Das Übliche eben. In Mulhouse
wurde ich dann noch durch den Feierabendstau des dortigen Peugeot Werks überrascht. Das wars dann aber auch mit Staus für den Rest der
Reise.

Ich stellte den Tempomat auf 150 km/h und cruiste so gemütlich und ohne Stress auf fast leeren französischen Autobahnen gen Süden.
Zeitangaben erspare ich mir. Nur soviel: Die Durchschnittsgeschwindigkeit nahm mit jedem gefahrenen Kilometer zu, um dann in Südfrankreich
mehr als 100 zu erreichen. Hier ein kleines Lob für die französischen Autobahnraststätten. Ich habe noch nie so gut an einer Raststätte gegessen.

In der Nacht vom Mittwoch auf den Donnerstag übernachtete ich in einem Hotel in der Nähe von Barcelona, wobei dies die teuersten 5 Stunden
Schlaf meines Lebens waren. Dann ging es via Autopista weiter nach Zaragoza und von dort über die Autovia nach Madrid. Hier muss ich
das erstemal die Strassenverhältnisse erwähnen. Die Autopistas (Maut) sind in der Regel in einem guten bis sehr guten Zustand. Anders ist es mit den
Autovias (kostenlos). Überwiegend mehrspurig ausgebaut, haben sie die schlechteren Fahrbahnen und sind kurvenreicher. Also genau das was ich
suchte und Sie können mir glauben, es hat Spass gemacht.

Um Madrid herum führt ein gut ausgebauter Autobahnring (kostenlos). Abgesehen vom erheblichen Verkehr gut fahrbar und auch ausreichend
ausgeschildert. Dann gehts weiter über eine gut ausgebaute Autovia nach Badajos. Super Plus mit 98 Oktan gibt es überall und es ist
vergleichsweise billig. Ich habe immer so zwischen 89 und 92 Cent pro Liter bezahlt.

In Zentralspanien herrschte strahlender Sonnenschein. Es war allerdings sehr kühl, da ein eiskalter Westwind stürmte. Das Dach sollte man wegen der erheblichen Sonnenbrandgefahr nur kurzzeitig öffnen. Ich benutzte eine Creme mit Lichtschutzfaktor 10, die aber nur das Allerschlimmste verhindern konnte. Gut sind die spanischen Gasthäuser. Hier hat man zum Teil eine erhebliche Auswahl an günstigen und sehr guten Tapas. Preislich ist es ja sowieso so, dass mit dem Grenzübertritt Frankreich/Spanien alles preiswerter wird, was das Leben angenehm macht.

Tempolimit in Spanien ist 120 km/h, so dass ich den Tempomat auf 140 km/h reduzierte. In der Annahme, dass ich mir die Überschreitung im
Falle eines Falles noch leisten könne.

Zentralspanien ist landschaftlich einfach umwerfend. Man fährt durch Gebirge, sieht schneebedeckte Gipfel und ich fühlte mich oft an Arizona in
den USA erinnert. Klar, alles eine Nummer kleiner aber genauso schön und es liegt fast vor der Haustür.

Cirka 50 Kilometer vor der Grenze tauchten dann zwei Polizeimotorräder hinter mir auf. Sie fuhren zunächst hinter mir her. Dann überholte mich eines,
das andere blieb hinter mir. So bin ich dann die nächsten zwanzig Kilometer im Polizistensandwich weitergefahren. Der Polizist vor mir bog ab und
jetzt überholte mich der andere, setzte den rechten Blinker, schaltete all seine Blaulichter an und stoppte mich. Ich war mir keiner Schuld bewusst
(ausserdem sind wir ja in Europa und nicht in Mexico), blieb stehen, begrüsste ihn mit einem lauten "hola". Er prüfte meine Papiere, schlenderte um das Auto herum und fragte mich schliesslich, was es gekostet habe. Ich nannte ihm einen mehrstelligen Eurobetrag (was für ein Glück, dass man nichtmehr in Pesten umrechnen muss). Er nickte, gab mir meine Papiere zurück und ich konnte weiterfahren (z3 sind selten, habe während der ganzen Fahrt nur zwei weitere gesehen).

Abends um zehn erreichte ich dann mein Ziel: Vila Nova ! Ich trank erstmal einen Galao (Milchkaffee) und ging dann in die Tasca do Celso.
Ein kleines, sehr typisches Restaurant, das von einem Freund von mir betrieben wird. Was für ein Glück: Es gab gerade für die Belegschaft
gebratene Sardinen, die mit Allem komplett verzehrt werden. Ich wurde zu meiner grossen Freude gleich an den Tisch gebeten und zum
Mitessen eingeladen. Danach schlossen sich dann Monjitos und Caipirinhas in der Pacifico Bar und der Bar Azul an.

Ich war angekommen.

Kurz zum Z3:

Es ist für Langstrecken ein prima Reiseauto, dass über ein zwar sehr sportliches aber doch komfortabeles Fahrwerk verfügt. Den Motor hört man kaum und der Auspuff hat einen schönen tiefen Mollton. Sehr angenehm. Zweifel hatte ich zunächst an den Sitzen. War aber auch kein Problem. Nur das Leder ist bei geöffnetem Verdeck ziemlich schweisstreibend (seltsamerweise bei geschlossenem Verdeck nicht). Der Motor ist wegen seiner Kraft und seines Drehmoments einfach nur genial. Man kann fast immer im fünften Gang fahren, hat aber nötigenfalls trotzdem die Power zum zügigen Überholen. Der Verbrauch lag so um die 9,2 Liter bei einem Schnitt von ca. 105. Nachteilig bei so einer langen Tour sind die ab 140 sehr lauten Windgeräusche vom Verdeck. Ab Madrid hats mich dann auch erwischt: Die knarrende Hinterachse, bei schlechten Strassen echt nervig. Schliesslich der kleine Tank und der durch den Auspuff aufgeheizte Kofferaum, was auf der Rückfahrt noch zum echten Problem wurde. Das CD Radio es wegen seiner Stossempfindlichkeit für schlechte Strassen untauglich.

Informationen zu Vila Nova de Milfontes im Internet:

http://www.michael-mueller-verlag.de/xtras/pdf/algarve_leseprobe_1.pdf
http://www.boston.com/dailyglobe2/128/travel/Portugal_villa_worth_hanging_aroundP.shtml
 
das klingt alles sehr gut :-) und wenn man dann am urlaubsziel gleich einen anlaufpunkt hat, wie das kleine restaurant des freundes wird's noch besser !! :-) würde ich auch gerne mal machen, aber bei einer woche urlaub wird's zu viel fahrerei :-(

wenn ich mal rentner bin :D
 
Prima Bericht - davon könnte es mehr auf unserem Board geben.



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Man sollte eigentlich niemals die gleiche Dummheit zweimal machen, denn die Auswahl ist ja groß genug


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dito...klasse Bericht!
Hab ihn mit viel Interesse gelesen...thx an Paulinus :-)

Ciao
Uwe

...fun is not a straight line...
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