AW: rebhuhnjagt in spanien
das hier ist krank:
Klicken, zielen, Tiere abknallen
«Diese Form der Jagd ist nicht für jedermann»: John Lockwood mit einer fernsteuerbaren Waffe.
Ein Texaner bietet Jagen via Internet an. Er argumentiert, damit den Wunsch von Behinderten zu erfüllen.
Von Roger Zedi
In der Nähe von Rocksprings, einer texanischen Kleinstadt nordwestlich von San Antonio, steht eine kleine Holzhütte, gerade gross genug, dass ein Jäger darin dem Wild auflauern kann. Solche Hütten sind keine Seltenheit in der texanischen Wildnis, doch diese ist anders. Denn darin stehen ein Server mit Internetverbindung, zwei PCs, eine Webcam und ein halbautomatisches Gewehr. Das Equipment gehört John Lockwood, der die Website
www.live-shot.com betreibt, die «Echtzeit-Online-Jagderlebnis» bietet. Gegen eine Gebühr von 150 Dollar kann man via Internet das Gewehr fernsteuern und damit Jagd auf wilde Tiere machen. Für einen Aufpreis bekommt man das Fleisch des erlegten Tiers weltweit zugesendet, ebenso dessen Kopf als Trophäe. Wer eine gültige Kreditkarte vorweisen kann, ist mit von der Partie. Rund 25 Interessenten aus verschiedenen Ländern hat Lockwood bisher.
Gejagt wird kein einheimisches Wild, denn dafür bräuchte es eine Bewilligung der Behörden. Diese entfällt jedoch für angesiedelte Rassen wie Antilopen, gewisse Schafe oder Wildschweine. So nutzt Lockwood geschickt eine Lücke in den Jagdgesetzen für sein Onlineprojekt.
Fragwürdiger Dienst an Behinderten
Gegenüber den US-Medien rechtfertigt Lockwood, der tagsüber in einer Autowerkstatt arbeitet, sein Geschäft als Dienst an Leuten, die bettlägerig oder behindert sind und nicht selbst auf die Pirsch gehen können. Seiner fragwürdigen Argumentation folgend, wurde denn auch die erste Onlinejagd, die vor zwei Wochen stattfand, für die Medien aufbereitet. Als erster Kunde steuerte ein 35-Jähriger, seit einem Unfall vor 17 Jahren vom Hals ab gelähmt, aus dem mehrere Bundesstaaten weit entfernten Indiana das Gewehr – mit einer Maus, die er mit seiner Zunge bediente. Lockwood gab ihm dabei per Handy Anweisungen und war vor Ort in der Hütte, um aufzupassen, dass kein Unfall passiert. Die Mutter des Gelähmten beteuerte anschliessend auf dem Radiosender NPR, wie viel ihrem Sohn dieser Tag bedeutete, war er doch vor seinem Unfall begeisterter Jäger. «Wer ihn kennt, der kann gar nicht gegen diese Jagd sein.» Getroffen hat er übrigens nichts.
Sogar die NRA ist dagegen
Doch die PR-Offensive zeigt wenig Wirkung, im Gegenteil. Es formierte sich breiter Widerstand gegen die Onlinejagd, die öffentliche Meinung ist klar dagegen. Selbst verfeindete Gruppen wie die Tierschützer der Human Society und die weltweit führende Jagdvereinigung, der Safari Club, sind sich einer Meinung: Das ist keine Jagd. Der Begriff «Pay-per-view-Abschlachten» macht die Runde.
Behindertenverbände sind ebenso wenig mit Lockwood einverstanden. «Niemand hat je verlangt, dass die Wildnis rollstuhlgängig sein muss.» Und selbst die NRA, die US-Waffenlobby, die kaum Berührungsängste kennt, wenn es ums Schiessen geht, opponiert gegen die Internetjagd. Die NRA bietet selbst begleitete Jagden für Menschen im Rollstuhl an und fürchtet, dass Projekte wie jenes von Lockwood zu einer schlechten Stimmung gegen jagende Behinderte führen könnten.
In 14 Bundesstaaten sind Gesetze in Arbeit, die Onlinejagd verbieten. Und im US-Senat wird an einem Gesetz gearbeitet, das verlangt, dass man bei der Jagd physisch präsent sein muss und in der Lage, ein Gewehr abzufeuern. Das Gesetzesvorhaben dürfte kaum auf Widerstand stossen.
Bei uns undenkbar
Kein Verständnis für die texanische Onlinejagd hat Urs Philipp, der Fischerei- und Jagdverwalter des Kanton Zürichs. «Das hat in meinen Augen überhaupt nichts mehr mit dem hiesigen Jagdgedanken zu tun», sagt er. In der Schweiz gilt, dass Tiere, die nicht explizit zur Jagd freigegeben sind, auch nicht erlegt werden dürfen. Wer wann welche Tiere mit welchen Waffen abschiessen darf, ist auf Bundesebene genau geregelt. Die Lücke in den Bestimmungen, die Lockwood in den USA nutzt, besteht bei uns also nicht.