Hallo Forum,
scheinbar tummeln sich hier doch mehr Nordland-Begeisterte, als ich bisher dachte. Da Reiseberichte aber dennoch Mangelware sind, will ich mich mal an einem versuchen. Vielleicht sucht ja noch der eine oder andere nach Inspiration für den nächsten Sommerurlaub?
Das Ganze soll jedoch keinen Tag-für-Tag-Abriss darstellen, sondern versteht sich mehr als Ansammlung von Erfahrungen und Eindrücken darüber, was es für mich bedeutet hat, mit einem E85 in den hohen Norden zu reisen. Ich habe auch versucht Infos für Norwegen-Neulinge einzubauen, die man in Reiseberichten eher selten liest, die für Autofahrer aber dennoch interessant sein dürften.
Wer Norwegen bereits kennt ist herzlich eingeladen seine Erfahrung zu ergänzen!
Worum geht’s?
Im Juni 2014 habe ich mit Freundin und Z4 drei Wochen lang Norwegen bereist. Diesen Wunsch hatte ich schon viele Jahre; im Hinterkopf hingen dazu immer noch Erinnerungsfetzen an lang vergangene Familienurlaube im Land der Mitternachtssonne.
Planung und Routenführung
Bei der Routenplanung lies mir meine Freundin dankenswerterweise komplett freie Hand, so dass ich nicht unbedingt den kürzesten Weg nach Norden wählen musste und mich voll austoben konnte.
Ursprünglich wollte ich mal eine Rundreise durch Skandinavien machen. Durch Schweden oder Finnland zum Nordkap und entlang der norwegischen Küste zurück. Allerdings hatten wir bei einer Tour entlang der deutschen Ostseeküste schon festgestellt, dass tägliche Quartierwechsel und das Leben aus dem Koffer nicht unbedingt erholsam sein müssen. Da der Zeitraum auf drei Wochen beschränkt war, haben wir dann den ursprünglichen Plan abgeändert und als nördlichsten Punkt schnell die Inselgruppe der Lofoten auserkoren. Dort wurde auf der Insel Flakstadøya für eine Woche ein Ferienhaus direkt am Wasser gemietet – der Erholungsteil des Urlaubs sozusagen.
Damit blieb für Hin- und Rückreise jeweils eine weitere Woche, um den Rest des Landes zu erleben. Hier war sprichwörtlich der Weg das Ziel. Übernachtet wurde in vorher gebuchten Hotels. Das führte natürlich auch dazu, dass wenig Flexibilität herrschte. Störend war das letztlich überhaupt nicht.
Bei der Planung habe ich schnell festgestellt, dass die Zeit nicht ausreicht, um alle schönen Ecken des Landes zu entdecken. Dafür braucht man wohl mindestens drei Urlaube. Wenigstens nördlich von Trondheim war es einfach: Hier gibt es eigentlich nur noch zwei Nord-Süd-Routen. Also die perfekte Ausgangssituation für Hin- und Rückfahrt. Dafür musste nahezu der komplette Teil Fjord-Norwegens sowie die Nordkap-Region ausgespart werden.
Vorher hatten sich eigentlich nur zwei Pflicht-Etappen in meinen Kopf gemeißelt: Trollstigen und Atlantikstraße.
Nach fünf Tagen Planung an kalten Dezember-Tagen standen die Routen dann endlich fest.
Nordwärts: http://goo.gl/maps/aXAkb
(Dieser komische Schlenker zwischen C und D ist natürlich Quark. Scheinbar ist am Trollstigen schon Wintersperre und Maps lässt sich nicht überreden das zu ignorieren.)
Südwärts: http://goo.gl/maps/vINpl
Geplant wurde mit Google Maps. Ich hatte mich vorher viel über Pkw-Rundreisen in Norwegen belesen und so Etappen zwischen 200 und maximal 350 km Länge ausgewählt, um nicht zu gehetzt zu reisen. Damit ergaben sich dann die Orte für Zwischenübernachtungen quasi von selbst (die nicht zwingend den Wegpunkten der verlinkten Routen entsprechen).
Rückblickend würde ich aber sagen, dass die Etappen auch durchaus hätten länger sein können. Ich fand’s mitunter regelrecht schade, schon am nächsten Hotel angekommen zu sein.
Bei der Auswahl der Route habe ich mich primär hiervon leiten lassen:
http://www.nasjonaleturistveger.no/de
http://www.kystriksveien.no/?page=forside
Diese „Touristenstraßen“ versprechen besonders spektakuläre Blicke auf die norwegische Landschaft und haben wenig „Durchgangsverkehr“, passten also bestens zu unserer „Der Weg ist das Ziel“-Prämisse. Folgende Landschaftsrouten haben wir unter die Räder genommen:
Anreise
Hier hat man unzählige Möglichkeiten; theoretisch geht’s durch Dänemark und Schweden über den Großen Belt und den Öresund sogar ganz ohne Fähre. Wir haben uns schnell für die teuerste, aber auch entspannendste Möglichkeit entschieden: Mit der Fähre der Color Line von Kiel nach Oslo.
Da spart man nicht nur rund 600 km durch flaches Land auf eigener Achse, man stimmt sich auf diesen Mini-Kreuzfahrten (mit klassischen Fähren haben die Schiffe auf dieser Route kaum was gemein) gleich auch richtig auf den Urlaub ein bzw. lässt ihn angemessen ausklingen.
Ein zweites „Problem“ hat man dann bei der Anreise auf die Lofoten. Es gibt eine Festlandsverbindung über Narvik. Wer direkt aus dem Süden anreist macht dann aber rund 500 km Umweg. Deshalb sind wir hier von Bodø nach Moskenes mit der Fähre gefahren.
Die Gepäckfrage
Drei Wochen mit dem E85 waren eigentlich problemlos möglich. Das war vorher durchaus angezweifelt worden.
Vorgabe war natürlich, dass das Verdeck noch aufgehen musste – also Verdeckkasten unten. Man muss einfach sinnvoll packen, überlegen, was man wirklich braucht und unnützen Kram Zuhause lassen. Wir hatten dabei:
- Eine große Reisetasche
- Eine kleine Reisetasche
- Einen mittleren Reisetrolley (keine Hartschale!)
- Kleines Beauty-Case (keine Hartschale!)
- Eine flexible 12V-Kühltasche (wie ein Messenger Bag)
- Zwei kleine Wanderrucksäcke (hinter den Sitzen)
- Viele kleinere Tüten, die man in verbleibende Lücken stopfen konnte.

Wir haben darauf verzichtet Verpflegung mitzunehmen. Zwar ist Norwegen teuer (siehe unten), aber die Kosten für Lebensmittel sind in Anbetracht anderer Posten auf der Abrechnung total vernachlässigbar.
Mehr ist in meinen Augen aber nicht drin. Wer beispielsweise lieber auf Zeltplätzen übernachten möchte und entsprechend Schlafsäcke, Zelt und Isomatten mitschleppen muss wird bei drei Wochen an die Grenzen des E85 stoßen. Ich bezweifle, dass dafür der Platz noch ausreicht.
Reisezeit und Wetter
Wir waren im Juni unterwegs, genau zur Sommersonnenwende. Die Hälfte der Zeit hatten wir Mitternachtssonne. Ist schon abgefahren, wenn die Sonne plötzlich im Norden steht. Die längeren Tage merkt man aber auch schon auf der Fährüberfahrt nach Oslo. So richtig dunkel wird es selbst in Trondheim nicht mehr. Erstaunlicherweise hatte unser Biorythmus damit aber gar keine Probleme.
Hin- und Rückreise waren meist von sehr gutem Wetter geprägt. Wir konnten erstaunlich viel offen fahren. (Danke an die beste Freundin von allen, dass ich selbst den Polarkreis bei strahlendem Sonnenschein, aber frostigen 6 °C offen überqueren durfte!).
Auch die Rückreise auf der Küstenstraße Rv17 (Helgelandskysten bzw. Kystriksveien) war fast durchgehend offen möglich – einfach ein Traum!
Dumm nur, dass die komplette Woche auf den Lofoten komplett v e r r e g n e t war. Die Wanderstiefel blieben ungenutzt, der Kaminofen war im Dauereinsatz. Auf der gegenüberliegenden Insel konnte man beobachten, wie die Schneefallgrenze Nacht für Nacht tiefer lag.
Nichtsdestotrotz – oder vielleicht auch deshalb – haben die Inseln im hohen Norden ihren landschaftlichen Reiz voll zur Geltung bringen können.
Lofoten
Die Inseln verdienen trotz des schlechten Wetters natürlich ein eigenes Kapitel. Man darf sich die Landschaft der Lofoten ungefähr so vorstellen, als wären die Alpentäler mit Meerwasser gefüllt. Es ist im Grunde eine Gebirgskette, die aus dem Meer herausragt. Über die Hauptinseln verläuft die E10, von der Stichstraßen an kleine Fischerdörfer abzweigen. Wir hatten uns wie gesagt auf der Insel Flakstadøya einquartiert, direkt am Wasser mit freiem Blick auf das Nordmeer und weit weg vom Verkehrslärm.
Wer gerne in den Bergen unterwegs ist, ist auf den Lofoten genau richtig. Nur dass man hier Meer und Berg direkt kombinieren kann. Man darf aber kein erschlossenes Wegenetz wie in den Alpen erwarten. Es gibt maximal Trampelpfade, keinerlei Wegweiser. Da die Berge bis zu 1000 m hoch sind, ist das Gebiet auch recht anspruchsvoll.
Bemerkenswert schön sind die Strände, die man auf diesen Breitengraden vielleicht nicht unbedingt erwarten würde.
Mich haben die Inseln irgendwie an Jurassic Park erinnert. Mit grauen Felsen, weißen Stränden, grünen Wiesen und tief hängenden Wolken hatten sie etwas sehr mystisches.
Straßenverkehr
Extrem erfreut waren wir davon, wie wenig Verkehr unterwegs war. Das war unglaublich toll – selbst auf Hauptstraßen kilometerweit alleine durch die Landschaft fahren zu können. Ab und zu traf man mal auf Wohnmobile oder Lkw. Viele waren es aber nicht. Ich schiebe das mal auf die Reisezeit. Scheinbar ist Juni noch zu früh für die große Reisewelle, obwohl es ja die Zeit der Mitternachtssonne ist. Wie auch immer – wir haben das sehr genossen.
Oft liest man despektierliche Meinung über die niedrigen Tempolimits in Norwegen. Auf Landstraßen gilt 80 km/h. Autobahnen gab es auf unserer Route so gut wie keine.
Ganz ehrlich: Ich bin selten so entspannt Auto gefahren wie da oben. Ich habe das Fahren in Norwegen als Entschleunigung und erholsame Abwechslung zum alltäglichen Wahnsinn auf deutschen Straßen wahrgenommen. Und in Anbetracht der teils spektakulären Straßenführung sind 80 km/h keinesfalls zu wenig.
„Entschädigt“ wird man damit, dass es (zumindest im Norden) relativ wenige Ortsdurchfahrten gibt und man gleichmäßig vorankommt. Wenn es mal einen Ort gibt, kommt man da oft sogar mit 60 km/h durch. Auf der E6, zum Beispiel in der Polarkreis-Region, sind auch mal 90 km/h erlaubt.
Allerdings bringen die Tempolimits ein ganz anderes „Problem“ mit sich. Da ich mich – insbesondere als Gast im Ausland – immer strikt an die lokal gültigen Tempolimits halte, wird man schon mal zum Hindernis für einen Lkw. Man sollte sich also genau überlegen, ob man den vor einem fahrenden Lkw an der nächsten Steigung unbedingt überholen muss. Sobald es wieder bergab geht, hängt er einem im Kofferraum.
Generell nimmt es der Norweger selbst nicht übermäßig ernst mit den eigenen Tempolimits. Sehr beliebt ist auch dichtes Auffahren, ohne aber Überholen zu wollen.
Es gilt Lichtpflicht in Norwegen. Die handelsüblichen, deutschen Halbstarken wird es freuen: Es ist durchaus üblich mit Standlicht und Nebelscheinwerfern rumzufahren. Peinlich, aber wahr. Das machen auch Muttis und Senioren völlig ungeniert.
Ein eigener Punkt ist noch das Tanken: Die Tankstellendichte ist eigentlich gar nicht so schlecht, wie man oft liest. Leerfahren würde ich den Tank aber lieber nicht. Sehr verbreitet sind Tankstellen mit Tankautomat.
Vorsicht: Hier werden nicht alle Kreditkarten akzeptiert. Meine klassische Kreditkarte (mit Unterschrift; Rechnung am Monatsende) wurde von den Tankautomaten nicht angenommen. Die Kreditkarte meines Girokontos (PIN und Unterschrift; Betrag wird sofort abgebucht) ging überall ohne Probleme.
Straßenzustand
Verdient leider ein eigenes Kapitel. Mit dem Schlaglochsuchgerät E85 offenbaren sich einem unerwartete Mängel der norwegischen Verkehrswege. Eines der reichsten Länder der Welt hat ziemlich schlechte Straßen. Und ich rede hier nicht von den Frostaufbrüchen des letzten Winters. Die werden nämlich Anfang Juni allerorten durch eine neue Schicht Asphalt über der alten behoben.
Viele Straßen – inbesondere die E6 nach Norden – zeichnen sich durch starke Spurrillen aus, die bei Regenwetter ziemlich gefährlich werden (Aquaplaning!). Gerne ergießt sich dann mal ein Schwall Wasser aus dem Gegenverkehr über die Mittelleitplanke hinweg auf das eigene Auto.
Mit Mischbereifung war ich oft permanent damit beschäftigt das Auto auch wirklich geradeaus fahren zu lassen.
Auf Nebenstraßen fehlen auch gerne mal einige Meter Fahrbahnbelag, die dann mit Schotter aufgefüllt werden. Wenn man Glück hat, wird das vorher mit einem Schild noch angekündigt. Wenn man Pech hat, muss man in letzter Sekunde panisch den Anker werfen.
Reine Schotterstraßen haben wir dafür nur auf den kleinen Nebenstraßen der Lofoten erlebt.
Es ist keineswegs überall so schlimm, wie es vielleicht klingen mag. Aber oft genug, um schon auffällig und störend zu sein. Zumindest mit einem bockharten E85.
Brücken, Tunnels und Fähren
Gibt es zuhauf und sind oft bautechnische Meisterleistungen. Viele ältere Tunnel sind aber oft schlecht beleuchtet, insbesondere auf Nebenstrecken und der Küstenstraße Kystriksveien. Auf den Lofoten gibt es auf den Nebenstraßen auch einspurige Tunnel mit Ausweichbucht.
Ohne die Fähren kommt man kaum durch’s Land. Meist pendeln die direkt von Ufer zu Ufer, so dass man selten lange warten muss. Für mich waren sie aber auch ein Stück Urlaub, weil man mal ein paar Minuten 360° Landschaft genießen konnte.
Vorsicht geboten ist aber auf dem Kystriksveien. Hier ist man auch mal anderthalb Stunden mit der Fähre unterwegs, die an Wochenenden sehr selten fährt. Infos dazu über den oben geposteten Link.
Maut
Es gibt keine pauschale Maut sondern meist streckenabhängige Erhebungen. Das läuft meist vollautomatisch über das Autopass-System. Als Touri kann man sich vorher mit seiner Kreditkarte und Kennzeichen registrieren. Jede Passage einer Mautstation wird dann per Kamera erfasst und abgerechnet. Kassenhäuschen oder Schranken gibt es fast nirgends. Im Großen und Ganzen ist die Maut aber noch recht günstig.
Die Fähren muss man direkt bezahlen (geht überall auch mit Kreditkarte). Hier kommt schnell ein schönes Sümmchen zusammen.
Rennleitung und Blitzer
Die Polizei trat auf unserer Reise praktisch nicht in Erscheinung. Über die rigorosen Strafen bei Tempoverstößen (ab dem ersten km/h!) kann man genug in diversen Reiseführern und im Netz lesen. Mobile Kontrollen fanden während unserer Reise aber nirgendwo statt. Stationäre Radarfallen gibt es einige, sogar mitten in Tunnels. Diese werden aber vorher immer angekündigt.
Verbreitet sind Streckenmessungen, bei denen über mehrere Kilometer die Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelt wird. Wenn ihr mich fragt ist das auch die einzig sinnvolle Form der Geschwindigkeitsüberwachung.
Ein einziges Mal sind wir aber doch in eine allgemeine Verkehrskontrolle geraten. Da durfte ich dann ins Röhrchen pusten. Mitten am Tag wohlgemerkt.
Was fährt der Norweger?
Norweger gelten als Pioniere in Sachen Elektromobilität. Und das ist in der Umgebung von größeren Städten durchaus die Realität. Gefühlt gibt es da oben mehr Nissan Leaf, als VW Golf. Zu sehen waren auch eine Handvoll i3 und VW e-up. Und während wir die 7er, A8 und S-Klasse an einer Hand abzählen konnten, kamen wir mit dem Zählen der Tesla Model S nicht hinterher.
Interessant ist das insofern, da es so gut wie keine (sichtbare) öffentliche Ladestruktur zu geben scheint.
Fernab der Metropolen sieht man dann aber auch diverse US-Pick-Ups oder europäische und japanische Geländewagen. Beliebte BMWs sind E60/E61 und E83.
Bei unserer Ankunft an einem sonnigen Sonntag waren nördlich von Oslo auch viele Porsche unterwegs. Allgemein konnten wir beobachten: Je nördlicher der Breitengrad, desto weniger „Spaßautos“. Ganze zwei E85 habe ich während der Reise entdecken können, ein oder zwei E89 und ein paar Z3. Dazu ein paar SLK und ganz wenige TT.
Dafür gab es auf den Lofoten einen einheimischen E88.
Was kostet die Welt in Norwegen?
Dass das Land teuer ist, ist bekannt. Letztlich ist es aber wie beim Spritverbrauch: Man hat es selbst in der Hand, wie teuer es wirklich wird und was man sich leisten kann und will.
A propos Spritverbrauch: Der ging bei uns so unverschämt nach unten, dass die Kilometerkosten trotz des hohen Kraftstoffpreises nicht höher waren, als im deutschen Alltagsbetrieb. Siehe auch unter „Statistik“.
Den größten Spielraum hat man natürlich bei der Quartierwahl. Da Zelten mit einem E85 über drei Wochen keine Option zu sein scheint, bleiben als günstige Alternativen zu Hotels nur die „Hytter“, kleine Selbstversorgerhütten, meist auf Campingplätzen. Wir hatten aber keine Nerv, jeden Tag nach einem Quartier suchen zu müssen und haben deshalb frühzeitig Hotels gebucht. Das ist natürlich auch eine Frage des gewünschten Komforts. Wer da etwas flexibler ist findet aber im Juni eigentlich überall freie Hütten.
Beim Ferienhaus ist man auf den Lofoten schon etwas eingeschränkt. Die Auswahl ist nicht gerade gigantisch, die Preise recht hoch. Und man sollte zeitig buchen. Wir haben unser kleines Traumhäuschen direkt am Wasser im Dezember für Juni gebucht.
Nahrungsmittel sind zwar teurer, als in D, aber nicht so, dass man hungern oder verdursten muss. Nudeln kosten z.B. ziemlich genau das gleiche wie hier. Der halbe Liter Bier lag im Supermarkt irgendwo zwischen zwei und drei Euro. Relativ günstig – wenngleich etwas schäbig für einen dekadenten Norwegen-Urlaub *g* - war auch die gute Grandiosa-Tiefkühlpizza.
Vorsicht beim Mineralwasser: Die einzige Sorte, die es mit Kohlensäure zu geben scheint, schmeckte dermaßen eklig, dass ich freiwillig stilles Mineralwasser getrunken habe.
Unverschämt teuer wird es in Restaurants. Wir haben deshalb nur zwei Mal ein Restaurant besucht. Kleines Beispiel? Im Fernsehturm in Trondheim gibt es ein nettes, sich drehendes SB-Fast-Food-Restaurant der Kette „Egon’s“ (ähnlich Vapiano). Zwei Hauptgerichte, drei alkoholfreie Getränke und man ist 60 € los. Für SB wohlgemerkt. Das Bier lag da bei rund 10 €. Dafür bekam man dann aber keinen Maßkrug sondern ‘nen halben Liter.
Sprache
Mit Englisch kommt man so gut wie überall durch. Die Norweger sprechen es sehr gut, auf jeder Fähre, an jeder Supermarktkasse. Schriftsprache versteht man manchmal sogar halbwegs. Es gibt gewisse Parallelen zur englischen und deutschen Sprache. Lustig ist sie obendrein.
Begegnung des Urlaubs
Am Fähranleger in Eidsdal hatten wir die Fähre gerade verpasst und waren die allerersten in der Warteschlange. Hinter uns kamen noch zwei deutsche GS-Piloten und dann ein Bus mit einer Seniorengruppe aus Taiwan.
Während die älteren Damen alle die einzige vorhandene Toilette stürmten, stand plötzlich eine Mitzwanzigerin neben mir und fing ganz leise und schüchtern an auf mich einzureden. Wie sich herausstellte hatte sie daheim in Taiwan einen E86! Wir hatten den Bus auf der Adlerstraße bei Geiranger überholt und damit auf uns aufmerksam gemacht.
Die junge Dame bat nun höflichst darum, ob ich sie mit ihrem iPad neben meinem Auto fotografieren könnte. Mit dem Foto wollte sie dann ihren Freunden zuhause zeigen, dass es hier in Europa auch solche Autos gäbe…
Richtig grotesk war dann ein alter Herr aus der Seniorengruppe. Er wollte unbedingt seine Frau gemeinsam mit dem GS-Piloten (!) neben dessen Mopped fotografieren.
Schreck des Urlaubs
Mitten in einem sechs Kilometer langen Tunnel bei Trondheim schrillte plötzlich die RPA. Vor uns ein lärmender 40-Tonner, hinter uns ein Betonmischer, auch nicht leiser. Mit erhöhtem Puls haben wir es bis ans Tageslicht und die nächste Tanke geschafft. Dort den Schlauch ans Ventil geklemmt und ein Zischen gehört. Scheiße, Ventil kaputt. Wie sich herausstellte kam das Zischen aber vom Schlauch, nicht vom Auto.
An der nächsten Tanke hat sich dann gezeigt, dass der Luftdruck vollkommen okay war. Fehlalarm. Schwein gehabt.
Das Spiel hat sich dann auf den Lofoten nochmal wiederholt. Auch hier war alles in Ordnung.
Positive Überraschung des Urlaubs
Das extrem geringe Verkehrsaufkommen. (Nord-)Norwegen im Juni ist ein Traum für leidenschaftliche Autofahrer.
Negative Überraschung
Die vielen, schlechten Straßen. Das beeinträchtigte den Spaß etwas. Außerdem haben wir keinerlei einheimisches Viehzeug gesehen. Keine Papageientaucher, keine Elche, keine Wale.
Statistik
Meine Freundin fand dafür mehr Gefallen am Norwegen-Klischee schlechthin: Die spiegelblanken Fjorde mit grünen Uferwiesen und den schneebedeckten Bergen gleich daneben.
Um das Geschriebene kurz zusammenzufassen: Der Urlaub war ein Traum! Auch wenn die Route generalstabsmäßig vorgeplant war – wir würden es immer wieder ganz genauso machen. Das waren zwei Wochen blanke Fahrfreude. Vielleicht würden wir beim nächsten Mal alles etwas raffen und längere Etappen fahren, dafür aber vielleicht dann noch mehr sehen.
Und die Lofoten verdienen definitiv eine zweite Wetter-Chance.
Das war sicher nicht die letzte Norwegen-Reise. Fjord-Norwegen und die Finnmark warten ja auch noch. Den Rest sage ich mit Bildern.
scheinbar tummeln sich hier doch mehr Nordland-Begeisterte, als ich bisher dachte. Da Reiseberichte aber dennoch Mangelware sind, will ich mich mal an einem versuchen. Vielleicht sucht ja noch der eine oder andere nach Inspiration für den nächsten Sommerurlaub?
Das Ganze soll jedoch keinen Tag-für-Tag-Abriss darstellen, sondern versteht sich mehr als Ansammlung von Erfahrungen und Eindrücken darüber, was es für mich bedeutet hat, mit einem E85 in den hohen Norden zu reisen. Ich habe auch versucht Infos für Norwegen-Neulinge einzubauen, die man in Reiseberichten eher selten liest, die für Autofahrer aber dennoch interessant sein dürften.
Wer Norwegen bereits kennt ist herzlich eingeladen seine Erfahrung zu ergänzen!
Worum geht’s?
Im Juni 2014 habe ich mit Freundin und Z4 drei Wochen lang Norwegen bereist. Diesen Wunsch hatte ich schon viele Jahre; im Hinterkopf hingen dazu immer noch Erinnerungsfetzen an lang vergangene Familienurlaube im Land der Mitternachtssonne.
Planung und Routenführung
Bei der Routenplanung lies mir meine Freundin dankenswerterweise komplett freie Hand, so dass ich nicht unbedingt den kürzesten Weg nach Norden wählen musste und mich voll austoben konnte.
Ursprünglich wollte ich mal eine Rundreise durch Skandinavien machen. Durch Schweden oder Finnland zum Nordkap und entlang der norwegischen Küste zurück. Allerdings hatten wir bei einer Tour entlang der deutschen Ostseeküste schon festgestellt, dass tägliche Quartierwechsel und das Leben aus dem Koffer nicht unbedingt erholsam sein müssen. Da der Zeitraum auf drei Wochen beschränkt war, haben wir dann den ursprünglichen Plan abgeändert und als nördlichsten Punkt schnell die Inselgruppe der Lofoten auserkoren. Dort wurde auf der Insel Flakstadøya für eine Woche ein Ferienhaus direkt am Wasser gemietet – der Erholungsteil des Urlaubs sozusagen.
Damit blieb für Hin- und Rückreise jeweils eine weitere Woche, um den Rest des Landes zu erleben. Hier war sprichwörtlich der Weg das Ziel. Übernachtet wurde in vorher gebuchten Hotels. Das führte natürlich auch dazu, dass wenig Flexibilität herrschte. Störend war das letztlich überhaupt nicht.
Bei der Planung habe ich schnell festgestellt, dass die Zeit nicht ausreicht, um alle schönen Ecken des Landes zu entdecken. Dafür braucht man wohl mindestens drei Urlaube. Wenigstens nördlich von Trondheim war es einfach: Hier gibt es eigentlich nur noch zwei Nord-Süd-Routen. Also die perfekte Ausgangssituation für Hin- und Rückfahrt. Dafür musste nahezu der komplette Teil Fjord-Norwegens sowie die Nordkap-Region ausgespart werden.
Vorher hatten sich eigentlich nur zwei Pflicht-Etappen in meinen Kopf gemeißelt: Trollstigen und Atlantikstraße.
Nach fünf Tagen Planung an kalten Dezember-Tagen standen die Routen dann endlich fest.
Nordwärts: http://goo.gl/maps/aXAkb
(Dieser komische Schlenker zwischen C und D ist natürlich Quark. Scheinbar ist am Trollstigen schon Wintersperre und Maps lässt sich nicht überreden das zu ignorieren.)
Südwärts: http://goo.gl/maps/vINpl
Geplant wurde mit Google Maps. Ich hatte mich vorher viel über Pkw-Rundreisen in Norwegen belesen und so Etappen zwischen 200 und maximal 350 km Länge ausgewählt, um nicht zu gehetzt zu reisen. Damit ergaben sich dann die Orte für Zwischenübernachtungen quasi von selbst (die nicht zwingend den Wegpunkten der verlinkten Routen entsprechen).
Rückblickend würde ich aber sagen, dass die Etappen auch durchaus hätten länger sein können. Ich fand’s mitunter regelrecht schade, schon am nächsten Hotel angekommen zu sein.
Bei der Auswahl der Route habe ich mich primär hiervon leiten lassen:
http://www.nasjonaleturistveger.no/de
http://www.kystriksveien.no/?page=forside
Diese „Touristenstraßen“ versprechen besonders spektakuläre Blicke auf die norwegische Landschaft und haben wenig „Durchgangsverkehr“, passten also bestens zu unserer „Der Weg ist das Ziel“-Prämisse. Folgende Landschaftsrouten haben wir unter die Räder genommen:
- Sognefjellet
- Geiranger – Trollstigen
- Atlanterhavsvegen (Atlantikstraße)
- Lofoten
- Helgelandskysten (Kystriksveien)
- Rondane
- Die nordwärts führende Inlands-„Hauptstraße“ E6 von Steinkjer nach Rognan. Die wird in vielen Reiseführern oft mit negativen Meinungen bedacht – für mich nicht nachvollziehbar. Traumhafte Landschaft – tagelang! Und Mittendrin die Überquerung des Polarkreises.
- Die Straße 52 über das Hemsedalsfjell (Hemsedalsvegen). Hier durchfährt man innerhalb von zwei Stunden drei Klimazonen.
- Die ganz neue und fabelhaft ausgebaute Mautstraße auf den Dalsnibba bei Geiranger.
Anreise
Hier hat man unzählige Möglichkeiten; theoretisch geht’s durch Dänemark und Schweden über den Großen Belt und den Öresund sogar ganz ohne Fähre. Wir haben uns schnell für die teuerste, aber auch entspannendste Möglichkeit entschieden: Mit der Fähre der Color Line von Kiel nach Oslo.
Da spart man nicht nur rund 600 km durch flaches Land auf eigener Achse, man stimmt sich auf diesen Mini-Kreuzfahrten (mit klassischen Fähren haben die Schiffe auf dieser Route kaum was gemein) gleich auch richtig auf den Urlaub ein bzw. lässt ihn angemessen ausklingen.
Ein zweites „Problem“ hat man dann bei der Anreise auf die Lofoten. Es gibt eine Festlandsverbindung über Narvik. Wer direkt aus dem Süden anreist macht dann aber rund 500 km Umweg. Deshalb sind wir hier von Bodø nach Moskenes mit der Fähre gefahren.
Die Gepäckfrage
Drei Wochen mit dem E85 waren eigentlich problemlos möglich. Das war vorher durchaus angezweifelt worden.

Vorgabe war natürlich, dass das Verdeck noch aufgehen musste – also Verdeckkasten unten. Man muss einfach sinnvoll packen, überlegen, was man wirklich braucht und unnützen Kram Zuhause lassen. Wir hatten dabei:
- Eine große Reisetasche
- Eine kleine Reisetasche
- Einen mittleren Reisetrolley (keine Hartschale!)
- Kleines Beauty-Case (keine Hartschale!)
- Eine flexible 12V-Kühltasche (wie ein Messenger Bag)
- Zwei kleine Wanderrucksäcke (hinter den Sitzen)
- Viele kleinere Tüten, die man in verbleibende Lücken stopfen konnte.

Wir haben darauf verzichtet Verpflegung mitzunehmen. Zwar ist Norwegen teuer (siehe unten), aber die Kosten für Lebensmittel sind in Anbetracht anderer Posten auf der Abrechnung total vernachlässigbar.
Mehr ist in meinen Augen aber nicht drin. Wer beispielsweise lieber auf Zeltplätzen übernachten möchte und entsprechend Schlafsäcke, Zelt und Isomatten mitschleppen muss wird bei drei Wochen an die Grenzen des E85 stoßen. Ich bezweifle, dass dafür der Platz noch ausreicht.
Reisezeit und Wetter
Wir waren im Juni unterwegs, genau zur Sommersonnenwende. Die Hälfte der Zeit hatten wir Mitternachtssonne. Ist schon abgefahren, wenn die Sonne plötzlich im Norden steht. Die längeren Tage merkt man aber auch schon auf der Fährüberfahrt nach Oslo. So richtig dunkel wird es selbst in Trondheim nicht mehr. Erstaunlicherweise hatte unser Biorythmus damit aber gar keine Probleme.
Hin- und Rückreise waren meist von sehr gutem Wetter geprägt. Wir konnten erstaunlich viel offen fahren. (Danke an die beste Freundin von allen, dass ich selbst den Polarkreis bei strahlendem Sonnenschein, aber frostigen 6 °C offen überqueren durfte!).

Auch die Rückreise auf der Küstenstraße Rv17 (Helgelandskysten bzw. Kystriksveien) war fast durchgehend offen möglich – einfach ein Traum!
Dumm nur, dass die komplette Woche auf den Lofoten komplett v e r r e g n e t war. Die Wanderstiefel blieben ungenutzt, der Kaminofen war im Dauereinsatz. Auf der gegenüberliegenden Insel konnte man beobachten, wie die Schneefallgrenze Nacht für Nacht tiefer lag.
Nichtsdestotrotz – oder vielleicht auch deshalb – haben die Inseln im hohen Norden ihren landschaftlichen Reiz voll zur Geltung bringen können.
Lofoten
Die Inseln verdienen trotz des schlechten Wetters natürlich ein eigenes Kapitel. Man darf sich die Landschaft der Lofoten ungefähr so vorstellen, als wären die Alpentäler mit Meerwasser gefüllt. Es ist im Grunde eine Gebirgskette, die aus dem Meer herausragt. Über die Hauptinseln verläuft die E10, von der Stichstraßen an kleine Fischerdörfer abzweigen. Wir hatten uns wie gesagt auf der Insel Flakstadøya einquartiert, direkt am Wasser mit freiem Blick auf das Nordmeer und weit weg vom Verkehrslärm.
Wer gerne in den Bergen unterwegs ist, ist auf den Lofoten genau richtig. Nur dass man hier Meer und Berg direkt kombinieren kann. Man darf aber kein erschlossenes Wegenetz wie in den Alpen erwarten. Es gibt maximal Trampelpfade, keinerlei Wegweiser. Da die Berge bis zu 1000 m hoch sind, ist das Gebiet auch recht anspruchsvoll.
Bemerkenswert schön sind die Strände, die man auf diesen Breitengraden vielleicht nicht unbedingt erwarten würde.
Mich haben die Inseln irgendwie an Jurassic Park erinnert. Mit grauen Felsen, weißen Stränden, grünen Wiesen und tief hängenden Wolken hatten sie etwas sehr mystisches.
Straßenverkehr
Extrem erfreut waren wir davon, wie wenig Verkehr unterwegs war. Das war unglaublich toll – selbst auf Hauptstraßen kilometerweit alleine durch die Landschaft fahren zu können. Ab und zu traf man mal auf Wohnmobile oder Lkw. Viele waren es aber nicht. Ich schiebe das mal auf die Reisezeit. Scheinbar ist Juni noch zu früh für die große Reisewelle, obwohl es ja die Zeit der Mitternachtssonne ist. Wie auch immer – wir haben das sehr genossen.
Oft liest man despektierliche Meinung über die niedrigen Tempolimits in Norwegen. Auf Landstraßen gilt 80 km/h. Autobahnen gab es auf unserer Route so gut wie keine.
Ganz ehrlich: Ich bin selten so entspannt Auto gefahren wie da oben. Ich habe das Fahren in Norwegen als Entschleunigung und erholsame Abwechslung zum alltäglichen Wahnsinn auf deutschen Straßen wahrgenommen. Und in Anbetracht der teils spektakulären Straßenführung sind 80 km/h keinesfalls zu wenig.
„Entschädigt“ wird man damit, dass es (zumindest im Norden) relativ wenige Ortsdurchfahrten gibt und man gleichmäßig vorankommt. Wenn es mal einen Ort gibt, kommt man da oft sogar mit 60 km/h durch. Auf der E6, zum Beispiel in der Polarkreis-Region, sind auch mal 90 km/h erlaubt.
Allerdings bringen die Tempolimits ein ganz anderes „Problem“ mit sich. Da ich mich – insbesondere als Gast im Ausland – immer strikt an die lokal gültigen Tempolimits halte, wird man schon mal zum Hindernis für einen Lkw. Man sollte sich also genau überlegen, ob man den vor einem fahrenden Lkw an der nächsten Steigung unbedingt überholen muss. Sobald es wieder bergab geht, hängt er einem im Kofferraum.
Generell nimmt es der Norweger selbst nicht übermäßig ernst mit den eigenen Tempolimits. Sehr beliebt ist auch dichtes Auffahren, ohne aber Überholen zu wollen.
Es gilt Lichtpflicht in Norwegen. Die handelsüblichen, deutschen Halbstarken wird es freuen: Es ist durchaus üblich mit Standlicht und Nebelscheinwerfern rumzufahren. Peinlich, aber wahr. Das machen auch Muttis und Senioren völlig ungeniert.
Ein eigener Punkt ist noch das Tanken: Die Tankstellendichte ist eigentlich gar nicht so schlecht, wie man oft liest. Leerfahren würde ich den Tank aber lieber nicht. Sehr verbreitet sind Tankstellen mit Tankautomat.
Vorsicht: Hier werden nicht alle Kreditkarten akzeptiert. Meine klassische Kreditkarte (mit Unterschrift; Rechnung am Monatsende) wurde von den Tankautomaten nicht angenommen. Die Kreditkarte meines Girokontos (PIN und Unterschrift; Betrag wird sofort abgebucht) ging überall ohne Probleme.
Straßenzustand
Verdient leider ein eigenes Kapitel. Mit dem Schlaglochsuchgerät E85 offenbaren sich einem unerwartete Mängel der norwegischen Verkehrswege. Eines der reichsten Länder der Welt hat ziemlich schlechte Straßen. Und ich rede hier nicht von den Frostaufbrüchen des letzten Winters. Die werden nämlich Anfang Juni allerorten durch eine neue Schicht Asphalt über der alten behoben.
Viele Straßen – inbesondere die E6 nach Norden – zeichnen sich durch starke Spurrillen aus, die bei Regenwetter ziemlich gefährlich werden (Aquaplaning!). Gerne ergießt sich dann mal ein Schwall Wasser aus dem Gegenverkehr über die Mittelleitplanke hinweg auf das eigene Auto.
Mit Mischbereifung war ich oft permanent damit beschäftigt das Auto auch wirklich geradeaus fahren zu lassen.
Auf Nebenstraßen fehlen auch gerne mal einige Meter Fahrbahnbelag, die dann mit Schotter aufgefüllt werden. Wenn man Glück hat, wird das vorher mit einem Schild noch angekündigt. Wenn man Pech hat, muss man in letzter Sekunde panisch den Anker werfen.
Reine Schotterstraßen haben wir dafür nur auf den kleinen Nebenstraßen der Lofoten erlebt.
Es ist keineswegs überall so schlimm, wie es vielleicht klingen mag. Aber oft genug, um schon auffällig und störend zu sein. Zumindest mit einem bockharten E85.
Brücken, Tunnels und Fähren
Gibt es zuhauf und sind oft bautechnische Meisterleistungen. Viele ältere Tunnel sind aber oft schlecht beleuchtet, insbesondere auf Nebenstrecken und der Küstenstraße Kystriksveien. Auf den Lofoten gibt es auf den Nebenstraßen auch einspurige Tunnel mit Ausweichbucht.
Ohne die Fähren kommt man kaum durch’s Land. Meist pendeln die direkt von Ufer zu Ufer, so dass man selten lange warten muss. Für mich waren sie aber auch ein Stück Urlaub, weil man mal ein paar Minuten 360° Landschaft genießen konnte.
Vorsicht geboten ist aber auf dem Kystriksveien. Hier ist man auch mal anderthalb Stunden mit der Fähre unterwegs, die an Wochenenden sehr selten fährt. Infos dazu über den oben geposteten Link.
Maut
Es gibt keine pauschale Maut sondern meist streckenabhängige Erhebungen. Das läuft meist vollautomatisch über das Autopass-System. Als Touri kann man sich vorher mit seiner Kreditkarte und Kennzeichen registrieren. Jede Passage einer Mautstation wird dann per Kamera erfasst und abgerechnet. Kassenhäuschen oder Schranken gibt es fast nirgends. Im Großen und Ganzen ist die Maut aber noch recht günstig.
Die Fähren muss man direkt bezahlen (geht überall auch mit Kreditkarte). Hier kommt schnell ein schönes Sümmchen zusammen.
Rennleitung und Blitzer
Die Polizei trat auf unserer Reise praktisch nicht in Erscheinung. Über die rigorosen Strafen bei Tempoverstößen (ab dem ersten km/h!) kann man genug in diversen Reiseführern und im Netz lesen. Mobile Kontrollen fanden während unserer Reise aber nirgendwo statt. Stationäre Radarfallen gibt es einige, sogar mitten in Tunnels. Diese werden aber vorher immer angekündigt.
Verbreitet sind Streckenmessungen, bei denen über mehrere Kilometer die Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelt wird. Wenn ihr mich fragt ist das auch die einzig sinnvolle Form der Geschwindigkeitsüberwachung.
Ein einziges Mal sind wir aber doch in eine allgemeine Verkehrskontrolle geraten. Da durfte ich dann ins Röhrchen pusten. Mitten am Tag wohlgemerkt.
Was fährt der Norweger?
Norweger gelten als Pioniere in Sachen Elektromobilität. Und das ist in der Umgebung von größeren Städten durchaus die Realität. Gefühlt gibt es da oben mehr Nissan Leaf, als VW Golf. Zu sehen waren auch eine Handvoll i3 und VW e-up. Und während wir die 7er, A8 und S-Klasse an einer Hand abzählen konnten, kamen wir mit dem Zählen der Tesla Model S nicht hinterher.
Interessant ist das insofern, da es so gut wie keine (sichtbare) öffentliche Ladestruktur zu geben scheint.
Fernab der Metropolen sieht man dann aber auch diverse US-Pick-Ups oder europäische und japanische Geländewagen. Beliebte BMWs sind E60/E61 und E83.
Bei unserer Ankunft an einem sonnigen Sonntag waren nördlich von Oslo auch viele Porsche unterwegs. Allgemein konnten wir beobachten: Je nördlicher der Breitengrad, desto weniger „Spaßautos“. Ganze zwei E85 habe ich während der Reise entdecken können, ein oder zwei E89 und ein paar Z3. Dazu ein paar SLK und ganz wenige TT.
Dafür gab es auf den Lofoten einen einheimischen E88.
Was kostet die Welt in Norwegen?
Dass das Land teuer ist, ist bekannt. Letztlich ist es aber wie beim Spritverbrauch: Man hat es selbst in der Hand, wie teuer es wirklich wird und was man sich leisten kann und will.
A propos Spritverbrauch: Der ging bei uns so unverschämt nach unten, dass die Kilometerkosten trotz des hohen Kraftstoffpreises nicht höher waren, als im deutschen Alltagsbetrieb. Siehe auch unter „Statistik“.
Den größten Spielraum hat man natürlich bei der Quartierwahl. Da Zelten mit einem E85 über drei Wochen keine Option zu sein scheint, bleiben als günstige Alternativen zu Hotels nur die „Hytter“, kleine Selbstversorgerhütten, meist auf Campingplätzen. Wir hatten aber keine Nerv, jeden Tag nach einem Quartier suchen zu müssen und haben deshalb frühzeitig Hotels gebucht. Das ist natürlich auch eine Frage des gewünschten Komforts. Wer da etwas flexibler ist findet aber im Juni eigentlich überall freie Hütten.
Beim Ferienhaus ist man auf den Lofoten schon etwas eingeschränkt. Die Auswahl ist nicht gerade gigantisch, die Preise recht hoch. Und man sollte zeitig buchen. Wir haben unser kleines Traumhäuschen direkt am Wasser im Dezember für Juni gebucht.
Nahrungsmittel sind zwar teurer, als in D, aber nicht so, dass man hungern oder verdursten muss. Nudeln kosten z.B. ziemlich genau das gleiche wie hier. Der halbe Liter Bier lag im Supermarkt irgendwo zwischen zwei und drei Euro. Relativ günstig – wenngleich etwas schäbig für einen dekadenten Norwegen-Urlaub *g* - war auch die gute Grandiosa-Tiefkühlpizza.
Vorsicht beim Mineralwasser: Die einzige Sorte, die es mit Kohlensäure zu geben scheint, schmeckte dermaßen eklig, dass ich freiwillig stilles Mineralwasser getrunken habe.
Unverschämt teuer wird es in Restaurants. Wir haben deshalb nur zwei Mal ein Restaurant besucht. Kleines Beispiel? Im Fernsehturm in Trondheim gibt es ein nettes, sich drehendes SB-Fast-Food-Restaurant der Kette „Egon’s“ (ähnlich Vapiano). Zwei Hauptgerichte, drei alkoholfreie Getränke und man ist 60 € los. Für SB wohlgemerkt. Das Bier lag da bei rund 10 €. Dafür bekam man dann aber keinen Maßkrug sondern ‘nen halben Liter.
Sprache
Mit Englisch kommt man so gut wie überall durch. Die Norweger sprechen es sehr gut, auf jeder Fähre, an jeder Supermarktkasse. Schriftsprache versteht man manchmal sogar halbwegs. Es gibt gewisse Parallelen zur englischen und deutschen Sprache. Lustig ist sie obendrein.
Begegnung des Urlaubs
Am Fähranleger in Eidsdal hatten wir die Fähre gerade verpasst und waren die allerersten in der Warteschlange. Hinter uns kamen noch zwei deutsche GS-Piloten und dann ein Bus mit einer Seniorengruppe aus Taiwan.
Während die älteren Damen alle die einzige vorhandene Toilette stürmten, stand plötzlich eine Mitzwanzigerin neben mir und fing ganz leise und schüchtern an auf mich einzureden. Wie sich herausstellte hatte sie daheim in Taiwan einen E86! Wir hatten den Bus auf der Adlerstraße bei Geiranger überholt und damit auf uns aufmerksam gemacht.
Die junge Dame bat nun höflichst darum, ob ich sie mit ihrem iPad neben meinem Auto fotografieren könnte. Mit dem Foto wollte sie dann ihren Freunden zuhause zeigen, dass es hier in Europa auch solche Autos gäbe…

Richtig grotesk war dann ein alter Herr aus der Seniorengruppe. Er wollte unbedingt seine Frau gemeinsam mit dem GS-Piloten (!) neben dessen Mopped fotografieren.
Schreck des Urlaubs
Mitten in einem sechs Kilometer langen Tunnel bei Trondheim schrillte plötzlich die RPA. Vor uns ein lärmender 40-Tonner, hinter uns ein Betonmischer, auch nicht leiser. Mit erhöhtem Puls haben wir es bis ans Tageslicht und die nächste Tanke geschafft. Dort den Schlauch ans Ventil geklemmt und ein Zischen gehört. Scheiße, Ventil kaputt. Wie sich herausstellte kam das Zischen aber vom Schlauch, nicht vom Auto.
An der nächsten Tanke hat sich dann gezeigt, dass der Luftdruck vollkommen okay war. Fehlalarm. Schwein gehabt.
Das Spiel hat sich dann auf den Lofoten nochmal wiederholt. Auch hier war alles in Ordnung.
Positive Überraschung des Urlaubs
Das extrem geringe Verkehrsaufkommen. (Nord-)Norwegen im Juni ist ein Traum für leidenschaftliche Autofahrer.
Negative Überraschung
Die vielen, schlechten Straßen. Das beeinträchtigte den Spaß etwas. Außerdem haben wir keinerlei einheimisches Viehzeug gesehen. Keine Papageientaucher, keine Elche, keine Wale.
Statistik
- Kilometer in Norwegen: ~3800 (mit Anreise aus Süddeutschland ~5700)
- Durchschnittsverbrauch in Norwegen: 7.2 l/100 km
- Minimalverbrauch: 6.2 l/100 km (Trondheim – Oslo)
- Benzinpreis: von 1,76…2,01 €/l (meist um die 1,90 €/l)
- 11 Inlands-Fähren (ohne die Lofotenfähren): 1500 NOK ~180 €
- 17 Maut-Passagen: 470 NOK ~55 €
- Die zweitägige „Königsteppe“ von Sogndal nach Kristiansund über Sognefjell, Dalsnibba, Geirangervegen, Adlerstraße, Trollstigen und Atlanterhavsvegen
- Der Kystriksveien Rv17 von Bodø nach Namsos
- Die E6 über das Saltfjell am Polarkreis
- Die Rv 27 durch den Rondane-Nationalpark und über das Ringebufjell
Meine Freundin fand dafür mehr Gefallen am Norwegen-Klischee schlechthin: Die spiegelblanken Fjorde mit grünen Uferwiesen und den schneebedeckten Bergen gleich daneben.
Um das Geschriebene kurz zusammenzufassen: Der Urlaub war ein Traum! Auch wenn die Route generalstabsmäßig vorgeplant war – wir würden es immer wieder ganz genauso machen. Das waren zwei Wochen blanke Fahrfreude. Vielleicht würden wir beim nächsten Mal alles etwas raffen und längere Etappen fahren, dafür aber vielleicht dann noch mehr sehen.
Und die Lofoten verdienen definitiv eine zweite Wetter-Chance.
Das war sicher nicht die letzte Norwegen-Reise. Fjord-Norwegen und die Finnmark warten ja auch noch. Den Rest sage ich mit Bildern.
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