Kennt ihr noch die kleinen Kalender im Scheckkartenformat? Auf einer Seite Jahreskalender und auf der anderen Werbung. Ende der Neunziger bekam ich irgendwoher so ein Kärtchen in die Hände. Sie stammte von einer BMW-Niederlassung und trug das unten beigefügte Bild. Tief in mir drin war ich von dem Design des Coupés fasziniert, spürte jedoch nie das Verlangen, das Auto zu kaufen. Jahrelang lief ich an dem Roadster eines Nachbarn vorbei und war von der Front bis zur A-Säule sehr von dem Wagen angetan. Dachte mir aber wie immer nichts dabei. Die Jahre vergingen und der Z3 verschwand aus meinem Kopf. Klar überlegte ich mir sehr oft, welche Autos ich kaufen könnte, würde oder sollte. Niemals hatte ich nur einen einzigen Moment damit verbracht, über einen Z3 nachzudenken. Ich fuhr bereits unterschiedlichste Autos, neue und alte, kleine und große, unter- und übermotorisierte. Mit einem Roadster kann ich mich grundsätzlich nicht identifizieren. Ich stehe total auf Kleinwagen und zweitürigen Kombis. Mit SUVs konnte ich nie was anfangen, wobei ich mich auf den zweiten Blick in einen verliebt hatte, bereits fuhr und sehr angetan war. Um Kopfkino zu unterbinden, es war ein spezieller Q3. Die Erfahrung war nett, reicht mir aber auch schon. Öfter mal dachte ich mir auch, wenn das Geld keine Rolle spielen würde und ich nur ein Auto kaufen könnte, welches wäre es? Das gibt es nicht. Ich kam bei dieser Frage nie zu einem Ergebnis, denn ich finde einige Fahrzeuge sehr ansprechend, aber es gab nie DAS Auto. Dachte ich. Als ich eine Zeit lang einen zweitürigen E30 fuhr, fragte ich mich regelmäßig, was ich an den anderen Autos fand... Autos und Autofahren sind für mich, gleich nach meiner Frau (die mich versteht und unterstützt), das schönste und wichtigste in meinem Leben. Eine Sucht, eine Lebenseinstellung und Genuss, der befriedigt werden will. Um die (Folge)Kosten etwas einzugrenzen, stieg ich vom Auto auf einen sehr teuren Simulator um. Dieser gab mir auf langer Sicht, wie vermutet, nicht die erwünschte und erwartete Befriedigung. Vor kurzem stand ich vor der Entscheidung, ob ich ein 08/15-Spaßauto kaufe (mit 08/15 ist alles gemeint, was jeder sich kaufen kann), oder ob ich mir mein Traumauto bauen, oder besser gesagt, nach meinen Wünschen modifizieren lasse. Nach langen Recherchen musste ich mich damit abfinden, dass es einfach zu irrsinnig ist, privat eine Actros-Sattelzugmaschine im Alltag zu bewegen, und dass ein Mini Clubman R55 mit Cayman Technik, 6-Zylinder-Boxer als Mittelmotor und Heckantrieb, nicht für öffentliche Straßen legalisierbar ist. Da mir ein Renault Clio V6 als Basis unnötig teuer war, sollte es eben ein zweitüriger E30, VFL, mit einem LS3 werden. Als ich mitten in den schlaflosen Nächten, gedanklich bereits die ersten Probefahrten absolvierte, kam mir irgendwann ein Geistesblitz. Nein, kein Z3 Coupé. Sondern, dass die E30-Karosse bekanntlich nicht für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt ist und aufgrund der damaligen Sicherheitsstandards im Falle des Falles sehr knitterfreundlich ist. Was nun? Woher soll ich auf nu ein neues Traumauto herzaubern? Etwas Windschlüpfrigeres und Sichereres musste her. Etwas Charaktervolles, womit ich mich identifizieren kann. Es dauerte nicht lange. Ich erinnerte mich an den kleinen Kalender im Scheckformat... mit Z3 Coupé... ihr wisst ja schon... Diesen warf ich im Mai 2016 bei meinem letzten Umzug weg. Ja genau, ich brachte es nie übers Herz, diesen wegzuwerfen. Ganze 20 Jahre lang. Ich kannte Peter_Ss Coupé aus dem E30 Forum auf Bildern und aus Videos. Sah es aber offensichtlich blind, mit Hirn-Aus oder so. Keine Ahnung. Ich hatte aber nie ein Coupé live gesehen, noch nie im Z3 gesessen oder gefahren. Da war aber dieses vertraute Gefühl, dass das Z3 Coupé genau DAS Auto ist, nach dem ich schon immer auf der Suche war. Für mich perfektes, einzigartiges Design, zweckmäßiges Konzept und in vieler Hinsicht nicht überladen. Einfach befreiend. Dass ich aus verschiedenen Gründen, optisch, keinen Gefallen an den ///Ms finde, tut nichts zur Sache. Ich kaufte das billigste Coupé im Netz (in D), ohne mich weiter damit zu beschäftigen. Hinterher bin ich froh, dass es kein Schiebedach hat, ebenso, dass ich kein Facelift- oder Übergangsfaceliftmodell erwischt hatte . Und dann die gemischten Gefühle: 330.000km gelaufen. Okay. Aber: aus Erstbesitz. Bis heute bei BMW Checkheftgepflegt. Langstreckenfahrzeug. Läuft wie eine Eins. Egal. Es ist meins, für mich. Ich kaufte das Fahrzeug weder als Wertanlage, noch für die Vitrine oder als Stehzeug. Klar gibt es Leute, die da anders denken oder ticken, ich verstehe zwar nicht alles, aber ist nicht mein Bier, soll jeder mit seinem Geld und Leben machen, was er möchte, ich respektiere es und erwarte im Gegenzug entsprechenden Respekt und Verständnis anderer. Es gibt wichtigere Dinge im Leben, worüber man sich aufregen kann, aber immernoch nicht muss. Tja, der kleine einlaminierte Kalender von 199X ist Geschichte, er hat mir den Weg wahrscheinlich gezeigt. Ich frage mich nach wie vor, warum ich nie daran gedacht habe, so ein Coupé zu kaufen? Vielleicht sah ich den Wagen damals unterbewusst als unerreichbaren Sportwagen. Sowas tolles muss für einen Normalsterblichen doch unerreichbar sein. Aber nicht doch. Kein Traum ist unerreichbar. Wie oft träumt man als Mann von der perfekten Frau, irgendwann stellt man(n) aber fest, dass man(n) mit der Perfekten bereits zusammen ist und man(n) die ganze Zeit "perfekt" falsch interpretiert hat. Vielleicht hat die Einsicht auch was mit der Weisheit zu tun, die man erst mit der Zeit erlangt. Glücklicherweise stand mein Coupé 1.000km von mir entfernt, somit hatte ich auf dem Heimweg nach der Abholung 1.000km Zeit, mit dem Wagen warm zu werden. Ich dort angekommen, das erste Coupé meines Lebens live gesehen, die Hose wurde eng - sorry - und erstmal Kennzeichen angebracht, da ich es bereits zugelassen hatte. Kurz darauf erstmals in einem Z3 gesessen. "Schön". Motor an. "Schön". Die ersten paar km waren nicht so schön. Der Dauerregen konnte aber nichts dafür. Dauernd hatte ich mich gefragt, ob es die richtige Entscheidung war. Denn es war alles komisch. Alles anders als ich kannte. Die Enttäuschung war groß und ich hatte Zweifel ohne Ende. Hatte mir auch Vorwürfe gemacht, hätte ich bloß so einen Wagen mal probegefahren usw... Ich liess mich jedoch darauf ein und fuhr einfach. Sehr vorsichtig. Aber stolz wie Bolle. Als würde ich einen von weltweit einem produzierten $100Mio.-Hypercar überführen. Es war so unwirklich. Dank ausreichender Kennenlernzeit verschwanden die Zweifeln immer mehr. Wenige Stunden später merkte ich, wie meine Enttäuschung mehr in Euphorie umschlägt. Ich fing vor lauter Aufregung an, am ganzen Körper zu zittern und das hielt über die ganze Fahrt an. Zuhause angekommen musste ich mich natürlich erstmal ausruhen und mich vor der einzigartigen Erfahrung erholen, alles schien so unwirklich. Ich war selbst von der Performance des Wagens positiv überrascht. Hätte ich den Wagen früher probegefahren, hätte ich keinen Gedanken darauf verschwendet, über einen Motorumbau nachzudenken. Jetzt steckte ich aber schon zu tief drin. Mist... Aber so ist es nunmal im Leben. Jetzt bekommt das Auto made in USA eben auch das passende Mutterherz. Es gibt Schlimmeres. Das für mich faszinierendste Automobildesign kombiniere ich dann mit der Antriebstechnik, die mich am meisten fasziniert. Wenn ich diesem Fahrzeug sitze, fühle ich mich zuhause, ich fühle mich wohl, mir geht es gut, ich fühle mich sicher, nicht so verloren, es ist wie ein Maßanzug. Oder besser, wie eine zweite Haut. Mit keinem anderen Wagen war ich jemals so Eins. So Meins. Ein bekannter Entertainer meinte, es gibt Autos, wenn man davor steht, will man es unbedingt fahren, und wenn man es fährt, will man es einfach von Außen betrachten. Das Coupé stellt für mich genau dieses Auto dar. Und glaubt mir, ich weiss den Fahrspaß zu schätzen, den mir Autos bieten, die optisch keine Augenweide sind, ebenso bewundere ich das Design mancher Fahrzeuge, die in mir nicht im geringsten das Verlangen wecken, sie fahren zu wollen. Bin ich verrückt? Sicher doch. Ich lebe und liebe auf meine Art. Wie ihr auch. Und das muss so. Die Menschen vergessen leider immer mehr, zu leben. Weil sie meist nichts haben, wofür sie es tun sollten. Oder weil sie lieber in fremden oder virtuellen Welten "leben". Oder weil sie einfach sich und die Welt viel zu ernst nehmen und dadurch keine Kapazitäten mehr für die schönen Dinge im Leben haben. Gibt es überhaupt jemanden, der mein Geschriebenes liest, ohne dazu gezwungen worden zu sein? Schön, herzlichen Dank dafür. Warum Z3-Coupé? Weil es mich glücklich macht!