AW: 18 Zoll auf MQP
Peter_S schrieb:
Servus Michi,
wie das bremst? ich würde gleich mal einen Satz 6-Punktgurte mitbestellen...
Sehr geile Anlage, herzlichen Glückwunsch zu Deiner Entscheidung! Stell mal ein paar Photos rein wenn alles drin ist.
LG Peter
....ich wäre da nicht so sicher.
Offensichtlich gibts zum Thema Bremsen in der Öffentlichkeit ein paar Unklarheiten. Ich befass mich mit dem Thema seit geraumer Zeit und hab mir meinen Horizont diebezüglich von Experten erweitern lassen:
Worum gehts? Auch Bremsen, die zunächst einen relativ guten Eindruck machen (wie z.B. die M-Bremse), ändern ihre Eigenschaften recht schnell, wenn Dauerbelastung ins Spiel kommt - das s.g. Fading. Da kommt jede
Hausfrau dahinter, die schon mal versucht hat bergab mehrere Kurven zu meistern. (von Rennstrecke mal ganz zu schweigen).
Die Erkenntnis ist dann logisch: Klar, das ist die Wärementwicklung! (Bremsen =Reibung) und wenn man der Wärme entgegen wirken kann, muss alles ja wohl besser werden! Stimmt sicherlich auch - solange es ums vorgenannte Fading geht. Wenn man allerdings alle Kriterien, die eine Bremsanlage angehen beleuchtet, dann ist das nicht mehr ganz so einfach.
Beispiel: Sollte vorgenannte Hausfrau (oder Otto-Normalverbraucher) eine Wertung über die Bremsanlage eines bestimmten Fahrzeugs abgeben, wird sie/er sicherlich aus ihrer Ausfahrt rausfahren, die Bremse antippen und wenn ihr Kopf dann hart und spontan gegen die Scheibe knallt sagen, dass die Bremsen Spitze sind! Demnach hat ein nagelneuer Polo eine super Bremse!
Was die Bremsanlage während dieser Übung bewiesen hat, ist jedoch etwas VÖLLIG anderes, als was dieselbe Bremse während eines Hochleistungs-Belastungstests unter Beweis stellen müsste (Derselbe Polo sieht im Gebirge
schnell reichlich alt aus). Der Unterschied der benötigten, wirkenden Kräfte um ein FZG von 15km/h, - oder von +250km/h effektiv abzubremsen, liegt in der Grössenordnung der dritten Potenz multipliziert mit dem proportionalen Geschwindigkeitsanstieg... ergo - in einem so völlig anderem Spektrum, dass das direkt eigentlich gar nicht vergleichbar ist! Beide Aufgaben stellen extrem unterschiedliche Anforderungen an eine Bremsanlage. Im ersten Fall geht es eigentlich nur um den Reibungsfaktor und das ganze Thema der Temperaturentwicklung und deren verheerende Auswirkung kann vernachlässigt werden. Vereinfacht gesagt, ausreichend 'rauhe Beläge', gepaart mit hinreichend Fläche, werden sicher ein günstiges Resultat bewirken...
Im zweiten Fall kommt die Temperatur hinzu. Diese wirkt sich im Prinzip auf alle Komponenten der gesamten Bremsanlage aus: Kontaktfläche - also Scheiben und Beläge, Aufhängung und alle mechanisch bewegten Teile, wie Kolben, aber schlussendlich sogar Bremsflüssigkeit usw. aus. Hinzu kommt, dass wir eben über mechanische Kräfte reden, die nicht einfach ein bischen über denen im Fall 1 geschilderten liegen, sondern tatsächlich astronomisch multipliziert sind. - Die Anforderungen im Fall 2 sind folglich völlig anderer Natur und um mit diesen fertig zu werden, müssen völlig andere Aspekte ins Kalkül (und ins gesamte Design!) gezogen werden.
Nun muss allerdings auch die Hochleistungsbremse immernoch auch mit 'Bagatellsituationen', - wie dem Fall 1 - klarkommen. Und ganau da liegt das Problem. Dort ist nur max. Reibung gefragt, gepaart mit min. Flex in den mech. Komponenten - ein sehr gegensätzliches Bild zu den Fall 2 Anforderungen...
Ich gehe mal davon aus, dass uns allen ziemlich klar ist, was das s.g. Fading bewirkt. Der enorme Temperaturanstieg führt zur physikalischen Veränderung von massgeblichen Teilen in der Bremsanlage. Es gibt molekulare Veränderung im 'harten Teil' (Scheibe), Gasentwicklung im weichen (Belag) - mit allen negativen Begleiterscheinungen (= Gase sind unendlich komprimierbar und somit absolut ungeeignet mechanische Kräfte zu übertragen, usw) und das hört mit den eigentlich 'bremsenden' Teilen nicht auf, sondern betrifft auch das Übertragunsmedium, wie z.B., die Bremsflüssigkeit....
Wenn man davon ausgeht, dass eine Vergrösserung der Scheibe und mehr Kolben automatisch eine Bremsanlage ergeben, die allen Anforderungen besser gerecht wird, dann stimmt das so nicht. Tatsächlich wissen Autohersteller sehr gut Bescheid um die unterschiedlichen Belange und Ansprüche an eine Bremse unter unterschiedlichen Einsatzbedingungen. Und leider gibt es keine Materialien, die allen Ansprüchen gleichermassen gerecht werden. Ergo ist jede Bremse so ausgelegt, dass sie dem wahrscheinlich häufigsten Anwendungsfall am besten gerecht wird. In der Praxis bedeutet dies, das Materialien so zusammengemischt werden, dass unter der (praxisnah) zu erwartenden Temperatur ihre besten Eigenschaften zum Tragen kommen. Serienfahrzeughersteller gehen dabei logischerweise von anderen Temperaturen (und mech. wirkenden Kräften) aus, als Hersteller von Bremsen für den Renneinsatz.
Eine Rennbremse braucht dann eben auch völlig andere Temperaturen, um effektiv zu sein. Werden diese Bedingungen nicht erfüllt, ist die Rennbremse dann auch schlechter, als eine normale Serienbremse. Um eine Serienfahrzeugbremse für alle Belange wirklich besser zu machen, bedarf aufwendigster Forschung und des Einsatzes von extrem High-Tech Materialien. Selbst dann ist die 'allround-Tauglichkeit' bestenfalls ein Kompromiss....
Ein praktisches Beispiel: BMW verwendet sicherlich gute Materialien und fundierte Technolgie bei allen ihren Fahrzeugen. Für relativ wenig Geld könnte man aus dem BMW Lager grössere Scheiben und Mehrkolben-Zangen finden, die ohne weiteres beim Zetti passen (18er Felgen aus Platzgründen vorausgesetzt). Das wurde/wird auch oft gemacht (vorallem auch M3), vorangig im Ausland, wo es z.B. die TÜV Bürokratie so nicht gibt. Die Ergebnisse? Bestenfalls moralisch - eine wirklich umfassende Verbesserung bringt das nicht.
Selbst Hochleistungs- Hightech-Komponenten namenhafter Hersteller, wie z.B. Brembo, bestechen nicht in allen Lebenslagen.
Z.B.: Gehe zum nächsten Jaguar Händler und mache ein Probefahrt mit dem XKR (der hat eine Brembobremse). Das Auto ist nur unwesentlich schwerer als der normale XK8, - und der hat eine 'normale' Bremse. Vom Händlerhof runter fragt man sich sofort, was der erhebliche Mehrpreis wohl wert sein.... so gering ist der Brems-Leistungszuwachs. Doch geht man auf die nächste Autobahn und beschleunigt bis zur Begrenzung und haut dann voll auf die Klötzer und wiederholt das dann noch ein paar mal, wird schnell verständlich was der Unterschied ist! (Daselbe soll für Porsche/Keramik gelten, hab da allerdings selbst Null Erfahrung).
Unterm Strich: Die richtige Bremsanlage ist ein Kompromiss und die Wahl etwaiger Modifikationen muss vom (vorrangingen) Anwendungsfall bestimmt sein. Unkontrollierte 'Vergrösserungen' können (und werden!) schnell ins Gegenteil des Gewollten umschlagen. Und dem Grossteil des Zubehörmarkt ist das o.g. ganz sicher völlig egal, solange es Leute gibt, die willig ihre teuren, ins Auge stechenden Buntschillerteile kaufen!
(Damit sage ich nicht, das ALLE After-Market Teile Schund sind... doch Vorsicht und gründliche Einarbeitung in die Materie ist elementare Voraussetzung....)
Martin