AW: 24.04.2010 VLN 3. Lauf
Vielleicht ist es ja mal interessant, ein wenig über die Fahrwerksarbeiten zu reden. Ich möchte vorausschicken, dass ich nicht der Fahrwerksspezi bin, aber ein paar Dinge bekommt man ja so am Rande mit.
Ein Serienauto hat ja ein auf einen bestimmten Einsatzzweck und ein durchschnittliches Fahrerprofil abgestimmtes Fahrwerk. In aller Regel paßt dieses Fahrwerk gut zum jeweiligen Auto.
Will man auf die Rennstrecke, kann man meist dieses allgemeine Profil so ändern, dass man selber besser zurechtkommt. Typischerweise nimmt man ein Fahrwerk aus dem Regal von KW, H&R, Bilstein oder wem auch immer, vielleicht noch ein paar andere Stabis dazu und spielt ein wenig mit dem Sturz.
Dabei muß das Auto aber immer noch auf dem Weg zur Arbeit oder in der Stadt gut fahrbar sein.
Beim Rennauto sieht die Sache ganz anders aus. Hier gibt es keine Kompromisse in Sachen Komfort, Langlebigkeit oder ähnliches, hier kommt es nur auf das Fahrverhalten an. Das Fahrwerk ist eine ganze Ecke härter als alles, was im normalen Straßenverkehr gefahren wird. Unser V5-Coupé ist ja zugelassen und wird zu Überführungszwecken auch mal über öffentliche Straßen bewegt. Da ist Vorsicht angesagt, damit es einem nicht die Zähne ausschlägt.
Bei der Diva haben wir die Möglichkeit, sämtliche Parameter einzeln zu verstellen. Das Fahrwerk ist von Sachs und wurde nach unseren Angaben gebaut. Feder- und Dämpferraten wurden vorgegeben. Das Fahrwerk ist natürlich separat in Zug- und Druckstufe einstellbar, dazu noch im Lowspeed und im Highspeed-Bereich. Es gibt verschiedene Stabis unterschiedlicher Härte.
Dazu kommt dann noch die gesamte Geometrie, also Nachlauf, Sturz, Spur, von der eigenen Wissenschaft rund um die Reifen mal ganz zu schweigen.
Über allem "schwebt" dann die Aerodynamik, die über Frontsplitter, Unterboden, Spoiler, Diffusor und natürlich die ganze Karosserieform erheblichen Einfluß gerade auf das Verhalten in schnellen Kurven nimmt.
Mathematisch gesehen gibt es also eine einzelne Gleichung mit so ca. 20 Unbekannten, die bei Einsetzen der richtigen Parameter zu einem perfekten Fahrverhalten führen.
Pech ist dann nur, dass die Parameter nie universell verwendbar sind, sondern dass es Abweichungen gibt, z.B. schnelle gegenüber langsamen Kurven, glatte gegenüber welligen Fahrbahnen, Trockenheit oder Nässe, Reifenwahl etc etc.
So gibt z.B. jeder Reifenhersteller für seinen Slick bestimmte Grundwerte vor für Sturz, Spur, Druck und Temperatur, bei denen der Reifen "funktioniert". Fährt man nur leicht außerhalb dieser Werte, hat man noch nicht mal den Grip eines guten Straßenreifens. Von Reifenmarke zu Reifenmarke variieren diese Werte ganz erheblich, bei dem einen Reifen muß Vorspur gefahren werden (Räder laufen vorne zusammen), bei dem anderen eine "offene Spur", d.h. die Räder laufen auseinander. Slicks brauchen normalerweise einen Sturz von über 3° bis 4,5° auf den Coupés.
Der Hersteller eines Autos, in diesem Falle BMW, betreibt einen immensen Aufwand, um all diese Werte für die Straße so in eine Harmonie zu bringen, dass das Auto alltagstauglich wird.
Den gleichen Aufwand muß man treiben, um ein Rennauto perfekt abzustimmen. Während man noch damit beschäftigt ist, kommen neue Reifensorten raus, die Strecke wird neu asphaltiert usw usw...
Das Abstimmen eines Fahrwerks ist also nie so langweilig wie dieser Bericht hier...
