"Autoposer" und Auto-"Lärm"

Eigentlich wollte ich mich nun wieder aus dem Fred heraushalten, aber das Zitierte würde ich gerne, als Vorschlag, ein wenig relativieren: :) :-)

Man kann sicherlich (und nicht anders war es vermutlich auch gemeint) auch als Laie über viele Themen diskutieren - auch über juristische. Denn nicht nur von trockenem Sach- und Fachverstand lebt eine Diskussion, sondern auch von unterschiedlichsten Auffassungen (jedenfalls solange sie zumindest halbwegs vertretbar sind). :t Nur sollte man m. E., wenn man ein Thema als "Laie" diskutiert, sich immer diesen Umstand im Bewusstsein halten und die eigenen Beiträge an der eigenen Fachkunde angemessen ausrichten. Das bedeutet m. E., beispielsweise, eine gewisse Vor- und Umsicht bei der Formulierung der eigenen Meinung und deren fortwährende Überprüfung anhand der anderen Auffassungen. Denn umso weniger man von der Sache versteht, umso eher muss man damit rechnen, daneben zu liegen.

Beherzigt man das, dann können auch die/wir Laien hier durchaus angenehm über viele Themen diskutieren - was dieser Fred ja auch reichlich positiv dokumentiert. :t Gerade bei solchen Themen wie unserer Rechtsprechung finde ich es übrigens durchaus wichtig, dass darüber gesprochen und damit das allgemeine Verständnis für solche schwierige und dem (hier begrifflich nun reichlich strapazierten) Laien nicht immer transparente Materie gesteigert wird.

Viel besser hätte man es nich ausdrücken können!
Mir ging es vornehmlich um die juristische Bewertung, die sich eben an Gesetzen orientiert, mit denen die allermeisten nicht vertraut sind. So würde ich zum Beispiel in besagtem Fall nicht sagen, das Gericht habe falsch geurteilt, weil Mord doch immer mit direktem Vorsatz zusammenhängt. Durch dieses Urteil habe ich das erste Mal gehört, dass es auch so etwas wie bedingten Vorsatz gibt.

Aber selbstverständlich kann jeder argumentieren, dass er ein Urteil gerecht oder ungerecht findet, und das kann auch wieder Einfluss auf die Juristen hier im Forum haben, die vielleicht tendenziell dazu neigen, Dinge zu nüchtern zu sehen ;)

Mich persönlich stört bei diesem Fall mit am meisten, dass ich öffentlich kein direktes Wort der Entschuldigung oder des Bedauerns vernommen habe. Am schlimmsten finde ich immer, wenn Angeklagte über ihre Anwälte "Bedauern" ausdrücken, um zu hoffen, dass sich das strafmildernd auswirkt. Man gewinnt den Eindruck, beide Fahrer sehen ihr Opfer als "Kollateralschaden" an, verstehen gar nicht, was sie falsch gemacht haben und fordern eine Bewährungsstrafe, um so schnell wie möglich wieder das nächste Rennen zu fahren. Das Schicksal der Familie, die Vater/Ehemann/Opa etc. verloren hat, spielt gar keine Rolle.
 
...die häufig zitierte Unabhängigkeit von Staatsanwaltschaften und Gerichten gegenüber der Politik ist leider nicht ganz so unabhängig, wie angenommen und normalerweise auch gewünscht. Dazu gab es erst kürzlich in der ARD einen höchst interessanten Bericht der politischen Einflußnahme in laufende Prozesse.
Stichwort: Dienstherr Innenministerium.

Was auch immer da in der ARD zu sehen war: Der Innenminister (Meinst Du eigentlich den Bundes- oder die Landesinnenminister?) ist jedenfalls "Dienstherr" weder der Staatsanwälte noch der Richter.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück zum Thema - Andreazzz, ich vermute eher mal, dass Du bei dem Urteil aufgrund Deiner geschilderten Erfahrungen mit dem Motorradunfall ein "mulmiges" Gefühl hast und im Sinne des Selbstschutzes ein milderes Urteil begrüßen würdest (sonst hattest Du in vielen Kommentaren eher einen ausgeprägten "Gerechtigkeitssinn"). Nicht das man "unverschuldet" auch irgendwann damit konfrontiert wird und einem Richter gegenüber sitzt, der dann ähnliche Schlüsse zieht. Dies meine ich auch aus einigen anderen Kommentaren herausgelesen zu haben.


:12thumbsu

Ich bin kürzlich mit dem Zetti sehr zügig meine Hausstrecke gefahren, als ich im Rückspiegel einen Milchbubi - vielleicht Anfang 20 - im offensichtlich getunten Golf gesehen habe, der mir gleich tun wollte.
Ergebnis war schon in der nächsten Kurve, dass der mit seiner Schiffsschaukel die Grasnarbe der Seitenbegrenzung fliegen ließ.
Ich habe angehalten, wollte den Spinner überholen lassen, doch der wollte nicht, hielt ebenfalls an.
Also bin ich langsam weitergefahren, der Kerl immer hinter mir her.
Meine Freundin war mit im Auto, hat dem Vollpfosten noch den Vogel gezeigt.
So... und jetzt Du: Wo nach sieht das für einen Unbeteiligten, der am Straßenrand steht, wohl aus?
Jetzt bin ich auch noch alleine im Auto, der Spinner überschlägt sich oder überfährt jemanden?
Was dann?
Das und die o.g. Sache könnte tatsächlich meine Meinung beeinflusst haben, Danke für den Hinweis,
über manche Dinge muss man eventuell auch erst einmal schlafen!

Mein Vergleich mit dem derzeitigen Rechtsystem in der Türkei war definitiv nicht fair und nicht zielführend... auch nicht sachgerecht, stimmt!
Manchmal sind meine Finger eben schneller als der Kopf. Wem geht das nicht schon mal so?

Unchuldig im eigentlichen Sinne sind die Spinner mit Sicherheit nicht und verdienen eine gerechte Strafe, dass steht wohl für alle hier im Forum völlig außer Frage.
Was ist aber nun gerecht? Darüber darf man durchaus unterschiedlicher Ansicht sein!
Ich persönlich halte die Strafe für zu hoch... und da drängt sich mir unweigerlich auch wieder "das Zeichen setzen" auf!
Dennoch sollen die durchaus eine gewisse Zeit "einfahren", damit die Zeit bekommen, über ihren Scheiß nazudenken.
Warum sollten die dann aber auch nach einer gewissen Zeit des Nachdenkens keine ehrliche Reuhe zeigen dürfen - wie jeder andere Straftäter auch - und mit Milde rechnen dürfen?

Hand auf´s Herz, wer hat denn von uns noch keinen Mist gemacht und das später bereuht?
Wir haben doch nur alle Glück gehabt, dass nicht mehr passiert ist!
Ich habe mir z.B. auch durchaus schon mal in jungen Jahren Rennen geliefert mit den Kumpels, wenn auch nicht annähernd in dieser Form!
Und fairerweise muss ich auch zugeben, dass wir uns absolut keine Gedanken darüber gemacht haben, was da alles hätte passieren können, verletzen oder gar töten wollten wir bestimmt keinen.... und haben das auch niemals billigend in Kauf genommen!
 
Was auch immer da in der ARD zu sehen war: Der Innenminister (Meinst Du eigentlich den Bundes- oder die Landesinnenminister?) ist jedenfalls "Dienstherr" weder der Staatsanwälte noch der Richter.


Stimmt, danke für den Hinweis - im Bericht ging es auch um die mögliche Verknüpfung bzgl. Justizministerium (Politik) und den ausführenden Organen, wie Staatsanwälte und Richter...
Mal sehen, ob ich da den Link noch in einer Medithek finde.

Der 45min. Bericht von der ARD war für mich zumindest durchaus ernüchternd. Selbst wenn man sich vorhält, dass die aufgeführten Beispiele der politischen Einflussnahme in laufende Verfahren nur selten stattfanden und man auch noch 30% davon abzieht, weil dies unter Umständen
journalistisch "ausgeschlachtet" und etwas "reißerisch" dargestellt wurde, verbleibt dennoch ein ungutes Gefühl.

Zugegeben, als Außenstehender hat man auch keine detaillierte Einsicht in die jeweiligen Zusammenhänge und Details und kann diese fachlich (juristisch) noch weniger bewerten. Trotzdem hat mich dies nachdenklich gemacht, dass dies in D überhaupt möglich ist.

Nachtrag: habe den Bericht wieder gefunden, wo es unter anderem auch um die politische Einflussnahme und um unser grundsätzlich veraltetes Justizsystem geht: - zum Beitrag/zur Mediathek -

Diese Website Gewaltenteilung ist auch recht informativ, um mögliche Zusammenhänge zu erkennen...

Es geht (mir) weniger darum, dass eine direkte Einflussnahme stattfindet, sondern um die (für mich) erschreckende Erkenntnis, dass dies in unserem Rechtssystem überhaupt möglich wäre...
 
Zuletzt bearbeitet:
@RainerW Seit ich ein paar Mal verfolgt habe, wie öffentlich-rechtliche Journalisten über Sachverhalte berichteten, die ich aus eigenem Erleben kannte, glaube ich auch diesen Journalisten nur noch wenig und enthalte mich zumrist einer Meinung zu Sachverhalten, die ich nicht selbst geprüft habe. Es ist schade und man kann immer wieder nur hoffen und dafür dankbar sein, dass Gerichte nach objektiveren Kriterien arbeiten als viele Journalisten.
 
Gestern hat ja ein "Mensch" erst seine Oma ermordet und dann auf der Flucht zwei Polizisten mit dem Auto überfahren und tödlich verletzt.
Wie kann es sein, dass dieser erst vor 3 Monaten wegen Raub, Diebstahl und Fahren ohne Führerschein vor Gericht stand und wegen psychischer Erkrankung von den Vorwürfen freigesprochenen wurde.

Hat zwar nur indirekt was mit diesem Thema zu tun, aber mir fehlen gerade die Worte.:g

https://www.welt.de/vermischtes/art...etete-Oma-an-ihrem-Geburtstag-wegen-Geld.html
 
@RainerW Seit ich ein paar Mal verfolgt habe, wie öffentlich-rechtliche Journalisten über Sachverhalte berichteten, die ich aus eigenem Erleben kannte, glaube ich auch diesen Journalisten nur noch wenig und enthalte mich zumrist einer Meinung zu Sachverhalten, die ich nicht selbst geprüft habe. Es ist schade und man kann immer wieder nur hoffen und dafür dankbar sein, dass Gerichte nach objektiveren Kriterien arbeiten als viele Journalisten.


..stimmt, man muss da sicherlich in der Meinungsbildung sehr vorsichtig und kritisch sein und darf nicht alles immer zu 100% adaptieren. :12thumbsu
 
Gestern hat ja ein "Mensch" erst seine Oma ermordet und dann auf der Flucht zwei Polizisten mit dem Auto überfahren und tödlich verletzt.
Wie kann es sein, dass dieser erst vor 3 Monaten wegen Raub, Diebstahl und Fahren ohne Führerschein vor Gericht stand und wegen psychischer Erkrankung von den Vorwürfen freigesprochenen wurde.

Hat zwar nur indirekt was mit diesem Thema zu tun, aber mir fehlen gerade die Worte.:g

https://www.welt.de/vermischtes/art...etete-Oma-an-ihrem-Geburtstag-wegen-Geld.html

Das ist leider mal wieder ein aktuelles Beispiel wie man ein Auto auch als Waffe einsetzen kann, nach den Vorkommnissen in Heidelberg letzte Woche.
Besonders tragisch ist der Fall in Brandenburg nicht nur wegen dem - meiner Meinung nach - Behördenversagen, sondern auch deshalb weil beide Polizisten jeweils eine Frau und drei Kinder hinterlassen.
 
Spannender als die Diskussion des (kaum ernstlich in Abrede zu stellenden) bedingten Vorsatzes ist eher die Frage, ob tatsächlich ein Mordmerkmal vorliegt. Das dürfte wohl der spannende Teil der Revision werden.
Das sehe ich entschieden anders.

Das Mordmerkmal des gemeingefährlichen Mittels sehe ich - wenn man denn den bedingten Vorsatz bejaht - als gegeben an, insofern scheidet für mich Totschlag aus.

Mein Punkt ist aber, dass der bedingte Vorsatz (Voraussetzung für Totschlag und Mord) m. E. nicht vorliegt und damit die Tat als fahrlässige Tötung zu werten ist.

Es ist ja, einfach aber treffend ausgedrückt, so:
Bei Fahrlässigkeit denkt der Täter:
wird schon gutgehen
=> Straftatbestand: Fahrlässige Tötung
Bei bedingtem Vorsatz denkt er:
kann schon sein, dass was passiert - und wenn schon
=> Straftatbestand: Totschlag oder Mord

M. E. ist hier von Fahrlässigkeit auszugehen: Die Täter wollten das Rennen fahren und dachten, nachts um 1, da ist nicht mehr so viel los... wird schon gutgehen.
Dagegen halte ich die billigende Inkaufnahme eines Unfalls angesichts der Gefahr für Gesundheit und Leben sowohl ihrer selbst als auch ihrer automobilen Persönlichkeitsprothesen für ausgeschlossen. Auch Gleichgültigkeit gegenüber Gesundheit und Leben Dritter würde ich selbst Idioten dieser Couleur nicht ohne weiteres pauschal unterstellen - allein schon wegen zu erwartender Rechtsfolgen, unter denen speziell ein Führerscheinentzug bei solchen Leuten einer Höchststrafe gleichkommen dürfte. Damit scheidet bedingter Vorsatz und damit Totschlag und Mord aus.

Insoweit halte ich das Urteil für falsch. Die Täter haben fraglos schwere Schuld auf sich geladen, sind aber keine Mörder.

(Übrigens haben alle bisher mit vergleichbaren Fällen befassten Richter nicht ganz ohne Grund meiner Wertung entsprechend entschieden, also auf fahrlässige Tötung erkannt.)

Spannend wird die Revision beim BGH, der m. E. aber nicht zwischen Totschlag und Mord, sondern zwischen fahrlässiger Tötung und Mord zu entscheiden haben wird.
 
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Mein Punkt ist aber, dass der bedingte Vorsatz (Voraussetzung für Totschlag und Mord) m. E. nicht vorliegt und damit die Tat als fahrlässige Tötung zu werten ist.

Es ist ja, einfach aber treffend ausgedrückt, so:
Bei Fahrlässigkeit denkt der Täter:
wird schon gutgehen
=> Straftatbestand: Fahrlässige Tötung
Bei bedingtem Vorsatz denkt er:
kann schon sein, dass was passiert - und wenn schon
=> Straftatbestand: Totschlag oder Mord


M. E. ist hier von Fahrlässigkeit auszugehen: Die Täter wollten das Rennen fahren und dachten, nachts um 1, da ist nicht mehr so viel los... wird schon gutgehen.

Dagegen halte ich die billigende Inkaufnahme eines Unfalls angesichts der Gefahr für Gesundheit und Leben sowohl ihrer selbst als auch ihrer automobilen Persönlichkeitsprothesen für ausgeschlossen. Auch Gleichgültigkeit gegenüber Gesundheit und Leben Dritter würde ich selbst Idioten dieser Couleur nicht ohne weiteres pauschal unterstellen. Damit scheidet bedingter Vorsatz und damit Totschlag und Mord aus.
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Oh doch - exakt in Deiner sehr gut, simplifizierten Zusammenfassung steht subjektiv für mich schon die eindeutige Antwort.

Wenn die beiden Täter nicht schon in 21 gleichartigen Fällen (!!) auffällig geworden wären, dann würde für mich Deine Argumentation perfekt passen (deren Schuld und das Strafmaß mal völlig aussen vor gelassen). Da es sich hier aber um Wiederholungstäter = Unbelehrbare handelt, welche nicht nur eine, sondern mehrere Ampeln bei Rot mit über 3-fach überhöhter Geschwindigkeit überfahren haben, können sie diese Täter definitiv nicht herausreden "nur ein Rennen gefahren zu haben - ohne sich der Gefährdungssituation bewusst gewesen zu sein.

Dieser Umstand ist für mich ein klarer Vorsatz => somit geht das Urteil für mich absolut in Ordnung und ich kann in diesem Fall auch klar nachvollziehen, warum als Ergebnis "Mord" lautete.

Ich denke, es wird sehr interessant werden, wie die Revision und diese Begründung ausfällt. Über das Strafmaß sind wir uns ja fast alle einigermaßen einig - nur die Begrifflichkeit "Mord", bzw. "Totschlag + Vorsatz" bringt die Gemüter ins grübeln...;)
 
Zuletzt bearbeitet:
... Wenn die beiden Täter nicht schon in 21 gleichartigen Fällen (!!) auffällig geworden wären, dann würde für mich Deine Argumentation perfekt passen (deren Schuld und das Strafmaß mal völlig aussen vor gelassen). Da es sich hier aber um Wiederholungstäter = Unbelehrbare handelt ... können sie diese Täter definitiv nicht herausreden ...
Ich sehe es im Ergebnis wie du, Rainer. :t

Insofern nur für die Diskussion: Die 21-fache Auffälligkeit der Täter ließe sich auch zu deren Gunsten verargumentieren: "Es ist schon viele Male gut gegangen, daher nahmen die Täter natürlich an, es würde auch diesmal gut gehen." Ungefähr so würde es wohl deren Verteidiger begründen - und hat das vermutlich auch. :confused:

Letztlich kommt es in solchen Fällen für die (Straf-) Rechtsfindung aber fast immer auf zahllose Details, Nuancen etc. an - die wir nicht kennen, weshalb wir nicht seriös sagen können, ob das Urteil passt oder nicht. Das müssen wir aber auch nicht. Denn sehr einfach lässt sich sagen: Ließe man solche Menschen per Fahrlässigkeitsdelikt davonkommen, dann wäre das schlichtweg das völlig falsche Signal. Daher bleibt zu hoffen, dass das Urteil der Revision standhält.
 
@RainerW
Ich habe nicht gelesen, dass die 19 bzw. 21 vorherigen Delikte alle ebenfalls "Rennen" waren. Du?

Selbst wenn, ändert dies nichts an ihrer Einstellung gegenüber einem möglichen Unfall im vorliegenden Fall. Im Gegenteil könnte die Tatsache, dass bisher nichts (vergleichbar Gravierendes) passiert ist, die "Wird-schon-gutgehen-Einstellung" befördert haben.

Im Übrigen gibt es hier natürlich kein eindeutiges Richtig oder Falsch und mit Sicherheit hat das Gericht solide Gründe für seine Entscheidung gesehen. Ich persönlich hätte aber anders entschieden.

Übrigens: mit "klarer Vorsatz" meinst du wohl den BEDINGTEN Vorsatz, nicht den (unbedingten) Vorsatz, den selbst der Richter in seiner Urteilsbegründung klar verneint hat.
 
@RainerW
Ich habe nicht gelesen, dass die 19 bzw. 21 vorherigen Delikte alle ebenfalls "Rennen" waren. Du?

Selbst wenn, ändert dies nichts an ihrer Einstellung gegenüber einem möglichen Unfall im vorliegenden Fall. Im Gegenteil könnte die Tatsache, dass bisher nichts (vergleichbar Gravierendes) passiert ist, die "Wird-schon-gutgehen-Einstellung" befördert haben.

Im Übrigen gibt es hier natürlich kein eindeutiges Richtig oder Falsch und mit Sicherheit hat das Gericht solide Gründe für seine Entscheidung gesehen. Ich persönlich hätte aber anders entschieden.

Übrigens: mit "klarer Vorsatz" meinst du wohl den BEDINGTEN Vorsatz, nicht den (unbedingten) Vorsatz, den selbst der Richter in seiner Urteilsbegründung klar verneint hat.

...ja, in diversen Beiträgen (allgemeine Medien) kam dies exakt bei mir so an - hier war immer bei den 21 bekannten Vorfällen von stark überhöhter Geschwindigkeit (im Straftatbereich) bis hin zum illegalen Rennen die Rede.

Ich bin kein Jurist, sondern in diesem Bereich absoluter Laie - deshalb ist es mir egal, wie die Begrifflichkeit "Vorsatz" definiert wird - wohl wissend, dass dies in der Urteilsfindung durchaus einen großen Unterschied macht. Für mich war das klarer Vorsatz - es war ihnen einfach scheiß egal, ob da in deren Profilierungssucht irgend jemand zu Schaden kommt und dieser Umstand macht für mich den Vorsatz aus.

Außerdem könnte man Deine Argumentation dass bisher nichts (vergleichbar Gravierendes) passiert ist und dadurch die "Wird-schon-gutgehen-Einstellung" hervorgebracht haben könnte, auch im glatten Gegenteil betrachten - dies kann auch so interpretiert oder ausgelegt werden, dass den beiden Tätern trotz ihrer bisherigen Erfahrung mit der Gesetzgebung (und da wurden die beiden sicherlich eindinglich mehrfach belehrt) die Unbelehrbarkeit und Ignoranz gegenüber Anderer belegt werden kann...
 
Zuletzt bearbeitet:
Letztlich kommt es in solchen Fällen für die (Straf-) Rechtsfindung aber fast immer auf zahllose Details, Nuancen etc. an - die wir nicht kennen, weshalb wir nicht seriös sagen können, ob das Urteil passt oder nicht. Das müssen wir aber auch nicht. Denn sehr einfach lässt sich sagen: Ließe man solche Menschen per Fahrlässigkeitsdelikt davonkommen, dann wäre das schlichtweg das völlig falsche Signal. Daher bleibt zu hoffen, dass das Urteil der Revision standhält.
Der Hinweis auf die Fülle der in einem ein halbes Jahr dauernden Prozess erhobenen Details etc. die dem Gericht, aber nicht uns bekannt sind, ist natürlich richtig.
Aber im zweiten Teil des Zitats möchtest du nicht ernsthaft für eine Rechtsprechung nach gewünschter Signalwirkung plädieren? Was auf den ersten Blick danach aussehen könnte, hat der Vorsitzende Richter erwartungsgemäß explizit weit von sich gewiesen - und wäre schließlich ein fataler Missbrauch des Rechts, wenn Menschen lebenslang hinter Gitter kommen und so dazu missbraucht werden dürften, eine gesellschaftspolitisch möglicherweise wünschenswerte "Signalwirkung" zu erzielen.
 
Nur vorsorglich, damit nicht etwa noch jemand den gleichen blödsinnigen Fehler macht:
... Aber im zweiten Teil des Zitats möchtest du nicht ernsthaft für eine Rechtsprechung nach gewünschter Signalwirkung plädieren? Was auf den ersten Blick danach aussehen könnte, hat der Vorsitzende Richter erwartungsgemäß explizit weit von sich gewiesen - und wäre schließlich ein fataler Missbrauch des Rechts, ...
Wer, im Gegensatz zu dir, nicht nur die Worte liest, sondern auch eine gewisse geistige Transferleistung erbringt, der wird verstanden haben, dass der letzte Satz meines Beitrags (#263) denklogisch voraussetzt, dass ein "Signal" sich allein in dem höchstrichterlich zugelassenen Rahmen bewegen darf und soll.

Exakt in diesem Rahmen darf ein Urteil durchaus von der (denkenden) Bevölkerung als "Signal" o.ä. verstanden werden. Jedenfalls würde ich mir das, und das war der subjektive Teil meines Beitrags, vorliegend herzlich wünschen.
 
Ein lesenswerter Beitrag aus der Zeit:

http://www.zeit.de/gesellschaft/2017-02/illegale-autorennen-raser-gesetz-mord


Ich finde, dass die Annahme eines bedingten Vorsatzes vertretbar ist. Das zur Fahrlässigkeit führende "Wird-schon-gut-gehen" dürfte m. E. deshalb hier überdehnt sein, weil sie bei der vorsätzlich herbei geführten Raserei durch die Innenstadt die Kontrollmöglichkeit über eben dieses "wird-schon-gut-gehen" bewusst aufgegeben haben. Weil sie sich darüber hätten im Klaren sein müssen, kann hinterher nicht gelten, sie hätten damit nicht gerechnet.

Tatbestandlich ist auch die zum Mord führende Gemeingefährlichkeit sicherlich annehmbar, weil eben eine entsprechende Gefahr geschaffen wurde. So abscheulich die Tat der beiden Raser auch ist, wertungsmäßig finde ich es nicht ganz zutreffend, sie als Mörder so zu bestrafen, wie nach unserem Strafrecht Mörder nunmal bestraft werden. Wie es in dem verlinkten Beitrag treffend beschrieben wird, gibt es ja keinen Unterschied zwischen dem Auftragskiller und dem bedingt vorsätzlich handelnen gemeingefährlichen Täter. Hier könnte man ansetzen und die Mordmerkmale anpassen (soweit ich das noch in Erinnerung habe, will man das ja schon seit Jahrzehnten), oder wie der Strafrechtler vorschlägt, die Verkehrsstraftatbestände um Tötungsdelikte erweitern.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Surprize
Danke für den differenziereneden Beitrag des Strafrechtsprofessors in der ZEIT, der mein "Plädoyer" auf fahrlässige Tötung doch gut unterstützt.
 
Weil sie sich darüber hätten im Klaren sein müssen, kann hinterher nicht gelten, sie hätten damit nicht gerechnet.
Genau das ist eben falsch, wie der Professor in der ZEIT sehr eindeutig darlegt:

Deine Meinung klingt zunächst plausibel. Es ist aber eben nicht maßgeblich, was du (oder jemand anderes) persönlich meint, worüber die Täter sich haben im Klaren sein "müssen", sondern welche Einstellung sie - in all ihrer Beschränktheit - subjektiv tatsächlich hatten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Genau das ist eben falsch, wie der Professor in der ZEIT sehr eindeutig darlegt.

...deshalb wird ja die Revision und deren Begründung sehr interessant - gerade weil es auch viele Juristen und Rechtsgelehrte gibt, die klar die erstinstanzliche Begründung stützen, so wie es ebensolche gibt, die dies (wie im aufgeführten Beispiel) eher kritisch sehen.

Gut ist auf jeden Fall, dass es hierbei nicht nur lapidar mit einer 2-3-jährigen Bewährung ausgegangen ist und das Thema polarisiert - somit wird ein gewisses Aufmerksamkeitspotential auf den Umstand der tendenziell steigenden illegalen Rennen gelegt und egal was letztlich herauskommt - Mord, oder Totschlag - wird das Strafmaß sicherlich auch in zweiter Instanz abschrecken und somit mit etwas Hoffnung auch bei 2-3% ein Umdenken einleiten. ;)
 
Genau das ist eben falsch, wie der Professor in der ZEIT sehr eindeutig darlegt.

Ich muss mit ihm ja nicht einer Meinung sein... :whistle:

Und er würde es auch nicht verlangen, dass ich es bin. Abgesehen davon müssen weder er noch ich recht haben ;)

Und nochmal genau, er schreibt:

Die dritte Art des Vorsatzes ist dann jener Eventualvorsatz, den das Berliner Gericht angenommen hat: Der Täter erkennt, dass etwas passieren kann, und findet sich damit ab. Zum Beispiel schießt ein Dieb auf Polizisten, um flüchten zu können. Es reicht ihm, wenn er die Beine trifft. Aber er weiß, dass die Schüsse auch tödlich sein können. Kein Eventualvorsatz ist es aber, so die Gerichte, wenn jemand darauf vertraut, dass es schon gutgehen werde. Das ist etwa der Fall bei einer Mutter, die mit ihrem SUV zu der Klinik rast, in der ihr schwer verletztes Kind liegt: Sie überholt in einer Kurve, weil kaum Verkehr ist – und stößt mit einem Kleinwagen zusammen, dessen Fahrer stirbt.

Wichtig, wenngleich schwer zu akzeptieren: Für die Gerichte kommt es nicht darauf an, ob jemand vernünftigerweise darauf vertrauen durfte, dass es gutgehen werde. Sondern es kommt nur darauf an, ob er tatsächlich darauf vertraut hat.



"Das müsste im Fall der Berliner Raser dazu führen, dass der Vorsatz fehlt. Testfrage: Haben die Täter versucht – im Rahmen ihrer Wahnsinnsfahrt – Unfälle zu vermeiden? Oder waren sie ihnen egal? Hätte von ihnen aus das Rennen auch an der ersten Ampel im Crash enden dürfen? Man möchte denken: Ja, hätte es, darauf haben sie es doch offensichtlich ankommen lassen. Aber das stimmt eben nur, wenn man überlegt, was ein vernünftiger Mensch hätte denken müssen, und nicht, was diese beiden in ihren beschränkten Hirnen tatsächlich gedacht haben. Daher dürfte es juristisch der ehrlichere Weg sein, den Vorsatz zu verneinen."


Ja, er findet Fahrlässigkeit richtiger, weil es eben ehrlicher sei (was im Übrigen natürlich auch eine Beweisfrage ist). Aber er schreibt doch nicht, das Vorsatz in jedem Fall falsch ist.
 
egal was letztlich herauskommt - Mord, oder Totschlag
Es geht um Mord, Totschlag oder fahrlässige Tötung.

Sicher/hoffentlich wird das aktuelle Urteil eine gewisse Wirkung in die Raserszene haben.

Bezüglich des Strafmaßes fände ich natürlich die Höchststrafe von 5 Jahren (für fahrlässige Tötung) angemessen, in Verbindung mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr wäre man insgesamt bei maximal 10 Jahren. Was ja nun auch alles Andere als "keine Strafen" sind!
 
Ich muss mit ihm ja nicht einer Meinung sein... :whistle:
Doch, das musst du, andernfalls behauptest du, wie gesagt, etwas Falsches. Das ist nämlich keine Meinungfrage, sondern gehört zur Definition des Fahrlässigkeitsbegriffs im deutschen Strafrecht.

Wo man verschiedener Meinung sein kann, ist die Frage, ob vorliegend der Straftatbestand Fahrlässigkeit, Totschlag oder Mord gegeben ist.

Im Übrigen wüsste ich nicht, wie man meine Meinung, dass hier fahrlässige Tötung vorliegt, eindeutiger stützen könnte als der Professor es tut.
 
Doch, das musst du, andernfalls behauptest du, wie gesagt, etwas Falsches. Das ist nämlich keine Meinungfrage, sondern gehört zur Definition des Fahrlässigkeitsbegriffs im deutschen Strafrecht.

Wo man verschiedener Meinung sein kann, ist die Frage, ob vorliegend der Straftatbestand Fahrlässigkeit, Totschlag oder Mord gegeben ist.

Ansonsten wüsste ich nicht, wie man meine Meinung, dass hier fahrlässige Tötung vorliegt, eindeutiger stützen könnte als der Professor.

Achso, ich darf nicht anderer Auffassung sein? :rolleyes:


Der Fehler, den Du begehst, ist, dass Du übersiehst, dass auch der Professor nicht weiß, was in den Köpfen der Täter vorgegangen ist. Das ist ja gerade das Problem bei der Bewertung, ob bedingter Vorstaz vorliegt: Diese kann meist nur anhand der bekannten objektiven Gesichtspunkte erfolgen, weil der Täter eher selten sagt "ja, das habe ich in Kauf genommen". Und diese bekannten Fakten des Falls kann man unterschiedlich bewerten, was letztlich mal zu einem Urteil in die eine oder andere Richtung führt.

Hier ein anderer Strafrechtsprofessor aus Köln, mit einer zum Kollegen in der Zeit abweichenden Bewertung:

http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/kudamm-raser-berlin-urteil-mord-211-stgb-315-stgb-kommentar/

:t
 
Es geht um Mord, Totschlag oder fahrlässige Tötung.

Sicher/hoffentlich wird das aktuelle Urteil eine gewisse Wirkung in die Raserszene haben.

Bezüglich des Strafmaßes fände ich natürlich die Höchststrafe von 5 Jahren (für fahrlässige Tötung) angemessen, in Verbindung mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr wäre man insgesamt bei maximal 10 Jahren. Was ja nun auch alles Andere als "keine Strafen" sind!

5 Jahre sind unangemessen niedrig - denn bei guter Führung sind die Beiden dann schon nach 3 Jahren wieder auf freiem Fuß.
Wenn Du einer der Hinterbliebenen des Opfers wärst, dann würde für Dich vermutlich ein Urteil von 5 Jahren wie ein Schlag in's Gesicht wirken...oder?

Ja, mir ist durchaus bewusst, dass darauf ein Gericht (und die Gesetze) keine Rücksicht nehmen dürfen - aber letztlich kam hier ein Mensch zu Tode und es war KEIN Unfall, sondern billigender Vorsatz von Unbelehrbaren! Sorry, auch wenn ein subjektives Gefühl sicherlich keine Bemessungsgrundlage ist/sein darf, ist alles unter mindestens 10 Jahren in meinen Augen eine "Streichelbehandlung in Watte gepackt"....
 
Achso, ich darf nicht anderer Auffassung sein? :rolleyes:

Der Fehler, den Du begehst, ist, dass Du übersiehst, dass auch der Professor nicht weiß, was in den Köpfen der Täter vorgegangen ist.
Doch, du darfst natürlich anderer Auffassung sein, als dass 2 x 2 = 4 ist, es ist dann nur falsch.

Natürlich "weiß" der Professor nicht sicher, was sich in den Köpfen abgespielt hat, das Gericht muss sich trotzdem eine Meinung dazu bilden.
 
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