Freitag, der 16.06.2017:
Für Erlebnisse war daher der Freitag im Terminplan vorgesehen. Nun, dass der Start im Minutentakt mit aufsteigender Nummerierung der Teams nicht wirklich gelang, war sicherlich auch nichts Neues. Ebenso wenig die Fahrstrecke zum „ADAC Fahrsicherheitszentrum Leipzig“. Dass es dort zu Verzögerungen kam, war – jedenfalls für mich - auch nicht weiter tragisch, war vergangene Nacht doch etwas verkürzt. So blieb wenigstens Zeit zum Dösen, während der V8 sanft weiterblubberte.
Die zu absolvierenden Fahraufgaben waren dagegen schon etwas ungewohnt. Denn statt Schleuderplatte, Dynamikfläche und Rundkurs, wie es knapp einen Monat zuvor in Linthe der Zetti ertragen musste, war hier natürlich kein Lehrgang angestrebt. Lehrreich war es gleichwohl. Zum einen ist es gar nicht so einfach die Eingangsgeschwindigkeit auf einer vorgegebenen Strecke um exakt 10 km/h zu erhöhen, noch fiel es dem Beifahrer leicht während der Fahrt auszumachen, auf welcher Seite die darauffolgende Pylonengasse angefahren werden musste, um auch tatsächlich in der Bremsgasse vorm Hindernis zum Stehen zu kommen. Letztlich gelang aber beides ganz grob. Zwar waren 2km/h und 0,6m Abweichung keine Glanzleistung, aber zur frühen Morgenstunde und für die erste Fahrt in diesem Jahr mit dem Chevy auch nicht ganz daneben.
Im Anschluss ging es in die Nachbarstadt Halle/Saale. Dort wurden die Fahrzeuge auf dem Markt vorm Rathaus parkiert und erneut waren Rätselaufgaben zu lösen. Ein durchaus belustigender Aspekt war, dass zugleich eine Partei dort eine Veranstaltung hatte, welche sich dem Vernehmen nach wohl eher der nachhaltigen Ökologie verschrieben hat. Deren „Staatskarossen“ wurden verschämt etwas abseits geparkt, während durch die offenen Fenster des Rathauses insbesondere die Klänge diverser V8-Motoren (u.a. Ferrari, Cobra, Mustangs und Corvettes) und des omnipräsenten V12 des Lamboghini Countach in das Innere vordrangen.
Nach der Mittagspause, welche mit Schauern abschloss,
ging es weiter ins Umland und verteilt auf zwei Fähren
auf die andere Seite der Saale mit dem Ziel: Porsche-Werk Leipzig. Entgegen der vorherigen Veranstaltung hatte ich dieses Mal davon abgesehen, den Zetti dort vorher und danach abzustellen. Vielmehr wollte ich doch spontan, auch angesichts des Wetters, doch bei der Werksführung mitmachen – obgleich ich dieses schon kenne. So war es Keule sen. vorab versprochen, dass er den Stint auf der Teststrecke fahren durfte. Leider kamen noch mehr auf „meine“ Idee, sodass die Werksführung für mich „ausfiel“. Nun hieß es also vom Beifahrersitz aus die Bedeutungen von Bremspunkt und Scheitel zu erläutern, was aufgrund der (jedenfalls für mich) gemächlichen Tempi eher Makulatur denn wirklich zielführend war. Zum Abschluss des Stints erwähnte der Fahrer des Safety-Cars, der über Radio zu hören war, dass das ca. 20% des Machbaren, je nach Fahrzeug darstellte. Und es fiel beiläufig der Satz, dass der nächste Stint, sofern man mag, etwas zügiger sein sollte... somit stand fest, dass ich wenigstens auch noch zu „meinem“ Stint komme.
Nun…was es bedeuten sollte, dass es „etwas zügiger“ werden wird, erfuhr ich bald. Denn neben dem Porsche 991 Carrera S Safety-Car waren ein gemachter BMW Z1, div. Porsche 911 und ein Jaguar F-Type V6 (340PS-Version) vor mir. Zusammengefasst also alles deutlich modernere Fahrzeuge mit mehr Leistung, mehr Gängen, besserer (Quer-) Dynamik und weniger Gewicht als der Chevy es zu bieten hat. Optimale Voraussetzungen sozusagen, um den typischen Gummibandeffekt auszugleichen. Wenn sich der Vorausfahrende mit einem F-Type dann noch etwas zurückfallen lässt, um anschließend richtig beschleunigen zu können, dann hole ich das auf der Gerade definitiv nicht wieder auf. Es blieb also nur die Chance, sich wieder heranzubremsen und in Kurven aufzuschließen.
Und genau dafür sich US-Oldtimer, die nie als Sportwagen, sondern allenfalls „sportliches“ Coupé konzipiert wurden, bestens geeignet. Die Willigkeit Lenkbefehlen zu folgen, wird wohl nur von echten (Ozean-) Dampfern getoppt. Dies Bissigkeit und Standfestigkeit der Bremsen gleichen der eines zahllosen, altersschwachen Chihuahua und Schönwetter-Weißwand-Reifen im Pizzaschneiderformat, die schon vor über 10 Jahren technisch längst überholt waren, runden den brillanten Seitenhalt einer durchgängigen 3er-Sitzbank perfekt ab.
Nunja, manch‘ einer kennt mich persönlich und weiß, dass meine Signatur nicht nur dasteht, damit irgendetwas die leere Fläche füllt. Zum Glück hemmte auch ein suboptimaler Luftdruck und daraufhin ebenfalls das ESP etwas den Vorwärts- und Kurvendrang des Jaguars. So ging mit geschätzt 200 PS zu wenig Leistung, einer vollkommen verzweifelten 3-Stufen-Automatik und einem V8, der es gewöhnt ist, dass spätestens bei 2000rpm der nächste Gang folgt ans Werk. Mit quietschenden Reifen und – so zumindest mir darauffolgend zugetragen – deutlichen Bremsstaubwolken ging es über die Strecke. Bei der Rückkehr durch die Boxengasse zum Parkplatz sah ich etwas ungläubig-erstaunte Gesichter, aber auch welche, die mir ein breites Grinsen entgegenbrachten.
(Danke an
@DirkBruder für den Schnappschuss.)
Natürlich war das alles noch im Rahmen des Spaßes. Weder wurde ohne Rücksicht auf Verluste gefahren, noch der Chevy über die Grenzen hinaus belastet. Er durfte sich dann sogar mit laufender Heizung und offener Haube etwas erholen. Dennoch war nicht die Heizung für die Schweißperlen auf der Stirn Keule sen. verantwortlich. Zum Trost durfte er dann nicht nur Tanken, sondern auch wieder zum Gewandhaus fahren. Dort parkte dann er dann unter Aufsicht des Wachschutzes mit den restlichen Fahrzeugen, während es für die Teilnehmer im Ring-Café das Abendessen genießen konnten.
