AW: Google Chrome
... Denke auch nicht, das es google interessiert, was ich mir bei eBay ansehe oder was ich so für Seiten besuche. ...
Oh doch, das interessiert Google sogar außerordentlich, mein Lieber. Bitte verzeih' die deutlichen Worte, aber Deine Haltung ist wirklich unglaublich naiv.
Auch auf die Gefahr hin, Beiträge anderer zu wiederholen:
Die wirtschaftliche Bedeutung von personalisierten Datensätzen ist mittlerweile immens - und für den "Normalbürger" zugegeben kaum begreifbar. Man kann mittlerweile aber kaum ernstlich Zweifel haben, dass sich ein beträchtlicher Anteil der Weltwirtschaft in der nahen Zukunft im Internet bzw. im engen Zusammenhang mit dem Internet abspielen wird.
Einen - wenn nicht sogar
den - ganz wesentlichen wirtschaftlichen Wert werden dabei die
elektronisch verfügbaren Informationen darstellen. Nicht umsonst richtet sich so gut wie jeder Verlag darauf ein, dass Printpublikationen in wenigen Jahren keine nennenswerte Bedeutung mehr haben werden. Nicht umsonst arbeiten Unternehmen wie google seit Jahren geschickt, konsequent und mit allen verfügbaren Mitteln an der Vorherrschaft im Internet, an einer möglichst starken Machtposition auf dem Gebiet der Informationskontrolle.
Der arglose Nutzer darf sich bisher "freuen": Er erhält zahlreiche kostenlose Internetdienste.
Nur: umsonst sind sie nicht. Denn er bezahlt dafür mit seiner Privatsphäre.
An wen aber sollen eigentlich in der Zukunft all die wertvollen, im Internet verfügbaren Dienste und Informationen verkauft werden? Wer interessiert sich dafür? Wer ist bereit und in der Lage, dafür Geld auszugeben?
Die Antwort auf dieses Fragen ist ein Vermögen wert. Wer seine potentiellen Kunden kennt, wer über entsprechende
personalisierte Nutzer- und Kundenprofile verfügt, kann seine Leistungen individuell auf jede einzelne Person zuschneiden. Er kann gezielt informieren, gezielt werben, gezielt verkaufen. Und er kann einzelne Personen gezielt von der Inanspruchnahme von Leistungen
ausschließen.
Seit Jahren werden daher sowohl im Internet als auch "offline" (über Preisausschreiben, Systeme wie Payback etc.)
personenbezogene Daten gesammelt. Aus diesen Daten wurden und werden personalisierte Nutzerprofile erstellt, deren Detailgrad mitunter geradezu erschreckend ist.
Wer ein solches Nutzerprofil des - hier fiktiven - Herrn Müller hat, der weiß z. B.
- wo Herr Müller wohnt, wieviel und welche Personen in seinem Haushalt leben;
- wie alt Herr Müller ist, wer seine Familie ist, welche und wie viele Kinder er hat, wie alt diese sind; ebenso die Daten über die Mutter der Kinder, des Herrn Müller's zweite Ehefrau;
- welchen Beruf Herr Müller hat, wie lange er ihn schon ausübt, und welche Anstellungen Herr Müller bisher hatte;
- wo Herr Müller seine Konten und Kreditkarten hat;
- dass Herr Müller bisher im Internet vorwiegend Bücher über Architektur bestellt hat, aber auch bisweilen auf Webseiten der Homosexuellen- und SM-Szene unterwegs ist, und ein solches Angebot seit 3 Monaten auch kostenpflichtig bezieht und über den Bezahldienst XY "anonym" vergütet;
- dass Herr Müller sich in den letzten Monaten 4 Mal ein Doppelzimmer in einem Hotel in XY genommen hat, während seine Frau zu diesem Zeitpunkt von zu Hause aus über das Internet fleißig Kochrezepte heruntergeladen hat;
- dass Herr Müller's VW Passat langsam in die Jahre kommt, weshalb er immer öfter Ersatzteile bestellen muss;
- und und und...
Nun kann man sich natürlich sagen "
was stört's mich, wenn alle möglichen Leute so etwas über mich wissen... die interessiert das doch nicht, und mir bringt es doch allenfalls einen Vorteil, weil ich ja individuell auf mich zugeschnittene Angebote erhalte."
Nur dürfte es offensichtlich sein, dass sich derartige personalisierte Informationen nicht nur zum Nutzen des Einzelnen verwenden lassen, sondern auch zu dessen
Schaden.
Und zumindest einer Sache darf man sich gewiss sein: Wer derartige personenbezogenen Daten erhebt oder erwirbt, der verfolgt ausschließlich eigene Interessen - und nicht die der Betroffenen.
Das Vorstehende soll keine Schwarzmalerei sein. Aber eine Anregung, mit dem Thema aufmerksam und sensibel umzugehen. Auch wenn sich die Datenerhebung nie vollends wird kontrollieren lassen - weder im Internet, noch "offline" -, so kann man doch durch eigene Aufmerksamkeit ganz erheblich dazu beitragen, dass die Datensammlung (sinnvoll) begrenzt und Schindluder mit personenbezogenen Daten erschwert wird.
Viele Grüße
Jan