Z8 - Fahren oder Bewundern?

dwz8

Café Racer
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2 August 2004
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BMW Z8
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Wer heutzutage einen Z8 oder Alpina V8 hat, der tut das sehr bewusst. Die Zeit der nur anfänglich Interessierten ist schon längst vorbei. Eine intensive Beziehung zu dem eigenen Fahrzeug wirft aber ihre eigenen Fragen auf. So führte der unglaubliche Preisanstieg bei unseren Autos zu neuen Überlegungen: Wie soll man mit einem derartigen Wert umgehen? Immerhin reden wir von realistischen Marktpreisen von über 200.000 € (knapp gerechnet), beim Alpina im Bereich von 300.000 € und mehr. Soll man überhaupt noch mit dem Auto fahren, oder soll man es in der Garage hüten? Eine Reihe von langjährigen Besitzern entschied sich dafür, nicht mehr oder nur noch selten mit dem Auto zu fahren, um diese unerwartete Rendite nicht zu riskieren.

Ein Engländer würde wahrscheinlich noch nicht einmal die Frage verstehen: natürlich fahren, was denn sonst? Wenn etwas kaputt geht, wird es eben repariert. In Deutschland neigen wir oft genug dazu, eine perfekte Originalität zu erhalten, niedrige Kilometerzahlen, keine Lackreparaturen, und vor allem: Dokumentation aller Details, angefangen von Servicestempeln bis hin zur lückenlosen Dokumentation jedes einzelnen Momentes, wenn der Z8 nur an einer Werkstatt vorbeigefahren ist...

Weil es mir danach war, und weil die Sonne schön schien für einen späten Oktobertag, habe ich in den letzten zwei Tagen über 500 km auf die Laufleistung unseres Z8 gepackt. Es ging nur um einen Stammtisch mit anderen Z8-Fahrern in Belgien. In schönster Sonne bin ich hingefahren, hatte einen schönen Abend mit Gesinnungsgenossen, um dann am folgenden Morgen wieder zurückzufahren. Habe ich dadurch den Wert meines Z8 verringert? Hätte ich mir das sparen sollen? War das Risiko zu hoch?

Ehrlich gesagt, ich pfeife darauf. Wenn es irgendein Auto gibt, dass perfekt die Brücke zwischen historischen und zuverlässigen modernen Autos schlägt, dann ist es der Z8. Nach über 160.000 km kann ich sagen, dass ich mich - entsprechende regelmäßige Wartung vorausgesetzt - jederzeit in dieses Auto setzen kann, um nach England, Schottland, Frankreich, Italien oder Österreich zu fahren. Wohlgemerkt auf eigener Achse, nicht auf einem Hänger. Probiert das mal mit einem E-Type (so sehr ich dieses Auto liebe)!

Beim Kauf schauen Interessenten häufig auf einen geringen Kilometerstand. Völlig überflüssig. Wenn ich ein 20 Jahre altes Auto mit weniger als 30.000 km Laufleistung kaufe, dann hat das arme Auto die meiste Zeit herumgestanden. Standschäden sind dann zu erwarten, und die können heftig sein.

Ein Z8 ist ein Auto zum Fahren, zum Genießen. Wenn jemand den Eindruck hat, ein Porsche läge aber besser in der Kurve, so what, geh und kauf Dir einen! Der Z8 spielt in seiner eigenen Liga, dort, wo Stil eine große Rolle spielt. Ich meine nicht Stil im Sinne von "ich habe den Längsten oder Teuersten, wenn ich in Monaco vor dem Casino vorfahre", sondern ein eher britischer Stil des Understatements, der Eleganz, der Zeitlosigkeit. Es gibt viele Autos, die teurer sind, die mehr Leistung haben, die auffälliger sind. Das besondere Charisma des Z8 spielt in seiner eigenen Liga.

Das beantwortet aber noch nicht die Frage, ob man ihn nun fahren oder besser in der Garage hüten soll. Meine Meinung ist da klar: Ein Z8 gehört auf die Straße. Ich spreche da aus meiner eigenen Erfahrung (und ich habe nichts gegen Museumsfahrzeuge!). Nach über 20 Jahren Z8 könnte ich ein Buch schreiben über Momente, die ich und meine erheblich bessere Hälfte mit dem Z8 erlebt haben. Machen wir mal einen schnellen Test, indem wir die Erinnerungen an eine Garage Queen und an ein Tourenauto vergleichen:

Z8-Eigentümer vom Typ Enthusiast:
  • Weißt Du noch, 2005 waren wir zur Gründung des BMW Z8-Club in München und haben mit den Verantwortlichen gesprochen, die den Z8 gebaut haben?
  • Kannst Du Dich erinnern, wie die Z8 im Fahrsicherheitszentrum auf der Schleuderplatte gekreiselt sind? Was hatten wir für einen Spaß!
  • Beim Concorso d'Eleganza in Como hatten wir an die 80 Z8 vor Ort und haben die Villa Erba für uns in Anspruch genommen. Ich habe mit Andy Bovensiepen den damals neuen B6 ausprobiert. Und Chris Bangle hat vor unseren Augen eine Z8-Skizze in das Erinnerungsbuch des Clubs gezeichnet.
  • Ah, die Tour nach Schottland, single track roads, kannst Du Dich an diesen Holzlaster erinnern, der uns auf einmal im unpassenden Moment entgegen kam? Und an die Whiskyproben?
  • Mehr als 100 Z8 und Alpina vor der BMW Welt zum Zehnjährigen, was für ein Bild!
  • Viele Touren durch England, Wales und jetzt auch Irland. Schönste Hotels, gutes Essen, gute Weine, Privatzeit vom Feinsten
Nun der enthusiastische Eigentümer einer Garage Queen:
  • Ich kann mich genau daran erinnern, letzten Oktober habe ich den Ölstand geprüft, und er war unverändert. Das Auto war zwar nicht bewegt worden, aber ich war trotzdem erleichtert.
  • Anfang letzten Jahres, das war wirklich toll, habe ich das Auto KOMPLETT abgestaubt. Ich habe es hinterher sogar vorsichtig poliert! Was für ein Erlebnis!
  • Kann man eigentlich die Fahrzeugabdeckung in der Waschmaschine waschen?
  • Ich fiebere jetzt schon dem nächsten Januar entgegen, da will ich auf jeden Fall die Reifen und alle Flüssigkeiten wechseln. Das Auto wurde zwar in den letzten Jahren kaum bewegt, aber was sein muss, muss sein.
  • April! Neuer TÜV, ein Höhepunkt alle zwei Jahre!
Ich gebe zu, ich übertreibe etwas. In der Realität wird sich der Besitzer einer Garage Queen kaum an irgendwas erinnern, es sei denn, die Garage ist eingestürzt oder abgebrannt, was der Z8-Gott verhüten möge.

Die Liste schöner Erinnerungen könnte ich noch 20 Jahre lang weiterführen. Garage Queen, nein danke.
Erinnerungen schafft man, indem man sie erlebt. Einmal Staubwischen in der Garage, daran erinnert man sich nicht. Aber an den Moment, als wir mit Z8 und Aston Martin in Edinburgh die Royal Mile hochgefahren sind bis zu unserem Hotel (The Witchery), mitten unter Hunderten von fußläufigen Touristen, wie wir dann wenige Meter vor dem Edinburgh Castle umgedreht haben und mein Kumpel sich rechts neben einen parkenden Bus gestellt hat an der Ampel, ohne zu merken, dass er selbst nun auf der Gegenspur stand...von sowas spricht man Jahre später noch.

Wer seinen Z8 in Watte packen will, kein Problem - be my guest. Der wirkliche Wert des Autos liegt aber darin, es zu fahren, Momente zu genießen, Erinnerungen zu schaffen.
Und zum finanziellen Aspekt: wer die Kohle hatte, sich einen Z8 zu kaufen, der braucht sicher nicht auf den Wertzuwachs zu spekulieren. Ein perfekt dokumentierter Z8 mit nachprüfbar erstem Lack und wenigen Kilometern mag seinen Reiz haben. Die Frage stellt sich dann: Warum habe ich ihn eigentlich gekauft?

Es ist an der Zeit, ein Geheimnis zu enthüllen, das nicht Vielen bekannt ist: Jeder Z8 wurde nicht nur mit einem Geburtsbuch und einem Modellauto ausgeliefert, nein, er bekam auch eine sogenannte imaginäre "bucket list" mit auf seinen Lebensweg, also ein Liste mit Träumen, Zielen und Erlebnissen, die er im Leben noch erreichen sollte. Als Z8-Eigentümer hat man die Verpflichtung, diese Liste abzuarbeiten. Hier ein paar Punkte daraus:

  • eine Runde über den Nürburgring muss sein
  • Lago di Garda, Lago di Como sind Pflicht
  • eine angemessene Anzahl von Alpenpässen ist zu absolvieren
  • regelmäßige Fahrten durch Österreich, speziell um die Seen herum, dazu Großglockner Hochalpenstraße
  • eine Tour rund um Schottland, möglichst auf der dort richtigen Seite der Straße
  • Provence, Spanien, Mallorca nach Möglichkeit
  • Goodwood Revival im passenden Outfit
  • und vieles andere mehr.
Wer das nicht schafft, den wird sein Z8 nie lieben. Vielleicht passt dann ja eher ein Audi Kombi oder ein E-Auto? Man weiß es nicht.

Schaut nach draußen. Scheint die Sonne? Dach runter und los, am besten mit der verständigen Partnerin, die man in ein schönes Restaurant oder zu einer Currywurst am Nürburgring entführt. Die Erinnerungen, die ihr damit schafft, sind mehr wert als irgendwelche möglichen finanziellen Vorteile, die irgendwann kommen könnten. Am Ende kannst Du das Auto nicht mit in die Kiste nehmen, und jemand anderes freut sich darüber, dass Du so dumm/nett warst, das Auto für ihn übrig zu lassen.

Just my 2 cents.

(Klicken zum Vergrößern)

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Danke, deine Texte lese ich immer gerne. Wobei es meiner Meinung nach genau so auch auf andere Fahrzeuge zutrifft.
 
Moin Dieter,
Du sprichst mir aus der Seele.
Also ich bin in der ersten Septemberwoche bei perfektem Wetter von München in meine alte Heimat, nach Ostfriesland an die Nordseeküste gefahren…Freitag hin, Montags zurück und vor Ort auch viel gefahren…es waren 2.500 wunderschöne Kilometer an 3 Tagen, das meiste davon offen…hat es mir oder dem Auto geschadet? Ich denke nicht. Da ich mir sicher bin, dass der Z8 mich nie wieder verlässt, ist der Km-Stand doch eh egal…habe jetzt die 44.444 km gerissen…
Liebe Grüße
Christoph
 

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Mein Nachbar hat seinen Z8 von der Auslieferung in die Garage gefahren. Ich hoffe seine Erben erfüllen die Bucket Liste noch.
Ich verstehe deinen Ansatz unter Berücksichtigung deines Hintergrundes nicht. Wie du schriebst treiben Engländer und auch einige verrückte Deutsche ihre 250 SWB mit Leidenschaft durch die Grafschaft oder Blower Bentley oder W06 Mercedes über die Straßen Italiens bei der 1000Miglia, was ist da schon ein schnöder Z8.
 
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Mein Nachbar hat seinen Z8 von der Auslieferung in die Garage gefahren. Ich hoffe seine Erben erfüllen die Bucket Liste noch.
Ich verstehe deinen Ansatz unter Berücksichtigung deines Hintergrundes nicht. Wie du schriebst treiben Engländer und auch einige verrückte Deutsche ihre 250 SWB mit Leidenschaft durch die Grafschaft oder Blower Bentley oder W06 Mercedes über die Straßen Italiens bei der 1000Miglia, was ist da schon ein schnöder Z8.
Gerade die Engländer lieben den Z8. Er entspricht ihrem Empfinden von einem schönen Auto (siehe Verwandschaft gerade zu früheren Jaguar-Modellen), und es wurden nur 7 Stück nach UK verkauft, soviel ich weiß. Wenn wir dort mit dem Z8 anhalten, kommt in aller Regel jemand an und stellt Fragen. Auch wenn er einen alten Ferrari im zweistelligen Millionenwert hat.
 
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