Ich habe mich mit Oliver (z4-EI) noch ein bisschen per PN über Dashcams unterhalten, gerne hier nochmal für alle die wesentlichen Überlegungen, die mich zur VF300W geführt haben:
Kurz zu meiner Motivation und Voraussetzungen für eine Kamera im Auto:
- Kein Bedarf für Zweitverwendung im Sport o.ä., also reine Dashcam.
- Kein Bedarf für Urlaubsaufnahmen, Dokus o.ä., also reine Dashcam nur zur Beweissicherung bei Unfällen: Wenn z.B. jemand plötzlich vor mir ausschert oder beim Losfahren an der Ampel den Rückwärtsgang reinhaut - gegen den Anscheinsbeweis eines Verschuldens des Hintermanns musste ich mich schonmal wehren! Wenn ich eine tolle Strecke nochmal sehen will, dann fahre ich sie halt nochmal
. Auf tolle Farben und hohe geometrische Wiedergabetreue kommt es mir daher eher weniger an, wohl aber auf gute Abbildungsleistung (z.B. Kennzeichen), auch nachts (viel ist da ohne Restlichtverstärkung aber in keinem Fall zu erwarten) bzw. zumindest in der Dämmerung.
- Kein Bedarf für GPS: Ist GPS in der Cam verbaut, scheint diese Technik immer noch mit erhöhter Hitzeentwicklung und Fehleranfälligkeit einherzugehen (z.B. bei einigen teuren Blackvue Modelle). Ein externes GPS kommt wegen zusätzlichem Kabelverhau nicht in Betracht. Außerdem kann man sich mit GPS-Daten u.U. auch eher selbst belasten, wenn man die Speicherkarte vor der Sicherstellung nicht rechtzeitig an sich nimmt (kann aber auch mit Aufzeichnungen ohne GPS-Daten passieren - aus den Abständen der Fahrbahnmarkierung und dem Timecode der Aufzeichnung lässt sich einfach die Geschwindigkeit berechnen). Wenn ich mal Tracking brauche, bekomme ich das mit dem Smartphone auch hin, das läuft ohnehin immer mit.
- Kein Bedarf für Parküberwachung: Ich parke typischerweise nur daheim bzw. auf den gleichen Parkplätzen, die mir gehören oder wo ich die Nebenparker kenne; Reifenschlitzer hätten durch eine Videoüberwachung der Parkplätze bzw. zumindest des Eingangsbereichs außerdem wohl kein Interesse. Außerdem braucht man für die Parküberwachung auch was für hinten und seitlich (derzeit nicht geplant) und man braucht eine Lösung mit großem eigenem Akku oder eine Schaltung zur Schonung des Auto-Akkus.
- Möglichst unauffällig dauerhaft montierbar, idealerweise zwischen Schaltzentrum Dach und Frontscheibe.
- Bezahlung mit Spielgeld - wenn kaputt dann kaputt.
Die meisten Tipps hier im Thread waren für mich nicht passend: Vor allem die GoPro Heros bzw. Actioncams sind sicher tolle Cams mit erheblichem Zusatznutzen im Sportbereich, aber für
meine Zwecke einfach [zu groß], zu teuer und nicht ganz mit der Low-Light-Performance, die ich mir für den Aufpreis erhofft hatte.
Die Katze im Sack kaufe ich trotzdem ungern, ich habe mich daher auch in den Foren auf
Dashcamtalk längere Zeit eingelesen und versucht, daraus eine Entscheidungshilfe abzuleiten.
Es ist aber genau wie auch Oliver sagt: Selbst im Dashcam-Bereich "namhafte" Anbieter und Marken (z.B. Blackvue, Itronics, Finevu) sind zuweilen wenig zuverlässig und machen Probleme bei Mängeln (die zudem gerade bei den teuren Geräten alles andere als selten sind). Teure Dashcams sind deshalb trotz vielleicht exakt für den Bedarf passender Daten ihr Geld sehr oft einfach nicht wert (allenfalls vielleicht noch die MIO-Geräte, hier gibt es anscheinend auch ein ziemlich ordentliches europäisches Vertriebsnetz).
Ich habe mich dann bei den günstigeren Clonen umgesehen und dann natürlich schon die nächsten Schwierigkeiten gefunden, da es zum Beispiel zig GS1000 Clone mit oder auch ohne Ambarella Prozessor zu geben scheint, mit blauem, orangenem und gefälscht-orangenem Menü... Außerdem scheinen auch einige Kommentatoren bei dashcamtalk nicht ganz uneigennützig zu schreiben. Alles scheint in diesem asiatischen Business darauf angelegt zu sein, möglichst viele "unterschiedlich-gleiche" Cams aus möglichst vielen Hinterhof-Produktfälscher-Pfuschwerkstätten zu möglichst billigen Herstellungskosten möglichst teuer und intransparent auf den Markt zu blasen.
Man kann also nur mit Indizien vorgehen:
- Wenn Produkte (z.B. Mio, DOD/Tiotech) auch über europäische Distributoren erhältlich sind, ist das immerhin ein gewisses Zeichen für etwas größere Verlässlichkeit, zumindest wenn man auch wirklich in der EU kauft - denn die Mangelhaftung ist durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in der EU harmonisiert.
- Beim in aller Regel erheblich günstigeren Kauf vom asiatischen Distributor braucht man im Mangelfall wohl generell nicht viel zu erwarten, aber auch dort gibt es inzwischen große Distributoren, die von ihrem Ruf leben und zumindest nicht von vornherein Ramsch verkaufen können (nach meinem Eindruck z.B. Foxoffer, Givoe, vielleicht noch E-Prance - dort beschwert sich aber WOT, beim Kauf über die Plattform Aliexpress zumindest auf die Nutzerwertungen für den Anbieter achten).
- Die Nutzerwertungen z.B. bei Dashcamtalk sind nur Indizien. Viele Hersteller/Distributoren scheinen dort selbst mitzuschreiben und einige Cams gezielt schönzureden.
- Bei Produkten, die häufig kopiert werden (z.B. GS1000) ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man Mist kauft.
Auf Dashcamtalk habe ich dann die Beiträge von "Niko" zu schätzen gelernt, einem (asiatischstämmigen?) Iren, der (angeblich?) ohne finanzielle Hintergedanken viele mehr oder weniger populäre Cams kauft (?), ausprobiert und dann gegenüberstellt. Selbst wenn ich mir mit seiner Unabhängigkeit nicht wirklich sicher bin, seine vorsichtigen und zuweilen deshalb kritisierten Bewertungstexte nicht immer nachvollziehen kann bzw. man manchmal nicht recht schlau daraus wird - die von ihm angefertigten Vergleichsvideos (z.B.
hier oder
hier) sprechen für sich und sind von den Eigentümern entsprechender Geräte auch nie ernsthaft in Frage gestellt worden.
Die VF300W war als qualitativ praktisch identischer Clon zur DOD/Tiotech LS300W von
Niko vorgestellt worden. Einziger Unterschied aus den Leistungsdaten: Datenrate 12MBit/s statt 15 MBit/s. Die Videos haben mir gefallen. Die Zuverlässigkeit des Originals (seit Februar 2013, vgl.
hier,
hier und
hier), der Parallelprodukte GT300W und Nachfolgemodelle LS330W und LS400W sowie auch des Clons VF300W selbst (seit Juli 2013, vgl.
hier) scheint bisher nicht ernsthaft in Frage zu stehen, jedenfalls wenn ordentliche Class 10 SD-Karten verwendet werden und der Clon bei Foxoffer gekauft wird. Die mitgelieferte Hochglanz-Anleitung (naja, eher Faltblatt) war übrigens für eine "DOD LS300W" - es könnte daher durchaus sein, dass der Hersteller selbst eine ungebrandete Produktlinie mit etwas schwächeren Spezifikationen herausgegeben hat, um das Low End damit bedienen zu können. Die original-LS300W gibt es auch in
Europa, den anvisierten Clon wenigstens bei
Foxoffer. Ansonsten gibt es wohl keine Kopien der LS300W auf dem Markt, auch dieses Indiz passte also.
Seit letzter Woche habe ich die VF300W nun (Gerät: 72,90$, Sandisk 32GB Class 10: 29,80$, 3-Tage-Expressversand: 16,90$ = 119,60$ + EUSt: 21,50€ = 107,16€). Bisher bin ich sehr zufrieden, ich habe sie aber noch nicht fest verbaut, da mir noch ein abgewinkelter Mini-USB-Stecker fehlt und die Kamera mit dem mitgelieferten Stecker nicht zwischen Frontscheibe und Schaltzentrum Dach passt.
Das ist alles natürlich keine Garantie und wer weiß, vielleicht fällt die Cam im Winter einfach mal automatisch beim Einschalten auseinander. Die 70€ für die reine Cam sind dann halt flöten, tun dann aber lange nicht so weh wie das dreifache Geld für eine Blackvue oder noch mehr für die Gopro, die schon aus anderen Gründen für mich nur bedingt geeignet ist. Und die Suche hat trotz mancher Frustration auch richtig Spaß gemacht, da ich dabei andere Handelsgepflogenheiten kennenlernen durfte, mit denen mancher Standardeuropäer sicherlich nicht so gut klarkommt

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Viele Grüße
Mick