AW: jägermeister...
...komm grad aus nem einkaufsland, in dem ich mein abendessen zusammengesucht hab.
direkt am eingang neben den kassen ein riesen jägermeister stand. rund rum ungefähr 10 jungs im jägermeisterdress, die gratisproben ausgeschenkt haben.
die stimmung am stand war schon recht lustig.
nennt mich spießig aber:
wie kann man das zeug schon am nachmittag trinken?
(also gut, die frage müsste eigentlich lauten - wie kann man die plörre überhaupt trinken. ich werde da auch immer zu genötigt beim weggehen von kumpels, die einen ausgeben und meinen sie tun mir einen gefallen damit)
findet ihr die uhrzeit nicht auch etwas seltsam für so ne promoaktion?
Ich mache ja selber ab und zu Promotion. Vorwiegend für Muscheln, aber auch Wein und Lachs. In der näheren Verwandtschaft habe ich jemanden, der da ab und zu Aushilfen sucht und bin somit selbstständig und dann halt in den Großmärkten im Einsatz. Ist nur ein kleiner Nebenjob, aber man manchmal mache ich den wirklich gerne. Deshlab das negative nicht so ernst nehmen.
Also ich stehe nicht in den kleinen Märkten sondern nur bei denen, wo man nur mit Karte reinkommt, was schonmal ein paar Kleinkunden ausgrenzt.
Der Wein wird ab 9:30 Uhr Morgens gut getrunken und die Promoter untereinander kennen sich oft und helfen einander - heißt: man probiert gegenseitig, da man nach 10 Stunden Arbeit auch mal Hunger bekommt und beschützt den Stand des anderen. Die Jungs von der Bier, Schnaps und Cocktail Promotion können da Storys erzählen...
Da wollen sich manche festsaufen und kommen im Minutentakt dahin, gehen von Stand zu Stand einmal rauf, einmal runter, wieder rauf...
In der Pause wird unter Deiner Theke sich selbst bedient und eigenhändig die Pulle entkorkt, dem Fertiggerichtemann isst man direkt aus der Pfanne und sucht dann ja den passenden Magenbitter danach...
Man kocht gratis und das in großen Mengen und manche glauben, sie haben einfach einen Anspuch auf das Essen! Und bitte nicht nur 10 Muscheln als Probe, wer wird denn satt davon...
Der Kuchenmann mit seinen Backmischungen kann eh gegen den Kundenstrom nicht ankommen, die Reihe kommt von zwei Seiten auf ihn zu und in der Mitte wird sich um den Kuchen gerissen.
Leider kreuzt die Schlange vor dem Mann mit den Hackbällchen genau diese Reihe. Ein kleines Kind wird abgedrängt, die Mutter fordert lautstark, dass das ja wohl nicht sein kann.
In dem Moment drückt sich der Ültje Nussmann aus dem Fahrstuhl und sorgt für die komplette Reizüberflutung.
Traktionsprobleme treffen vor allem die älteren Tester, die meists schon um kurz vor 6, wenn wir aufbauen, vor der Tür gewartet haben und die nun auf den Nassen Esschälchen meiner Muscheln, die manche Konsumenten, statt sie in meine drei Mülleimer zu werfen, strategisch sinnvoll in den Gängen plaziert haben, beginnen auszurutschen.
Die Frau vom Sektstand ist in der Pause - ein kleiner Trupp geht in die Offensive und beginnt die Entkorkung auf eigene Faust und fragt höflich, wo man denn die Plastikbecherchen versteckt habe.
In der oberen Etage steht der Bierstand - es gibt Freibier. Danke, dass der Markt alle Kunden angeschrieben und damit geworben hat. So können alle zur angeheuerten Blaskapelle sich beschäftigen, die widerum mit ihren 5 Liedern dafür sorgt, dass die zapfende Crew den ersten Hörsturz vor ihrer Mittagspause erlebt.
Frustration macht sich auch breit. Ein Mann versucht mit der Vorführung eines Mixers zu punkten, will sich aber nicht vom Inhalt der Rührschüssel trennen. Drum lässt er den Rührer Rührer sein und begibt sich zum Rum-Jungen, der in Jamaikanischertracht wirkt, als würde er eigentlich Aufputschmittel an den Mann bringen wollen.
Das ist um es nochmal kurz zu sagen nur eine ganz kleine Minderheit von recht unventionellen leuten, aber die macht es manchmal ganz schön schwer, so viele Stunden am Stück zu lächeln. Das ganze Treiben so zu betrachten hilft aber, in einen gewissen Rauschzustand zu kommen. Und den soll jeder Promoter kontrolliert bekommen, damit er immer lächelt und gut drauf ist, egal was man ihm sagt.
Dafür gibt's unter 10 Euro, vorwiegend Freitag und Samstag Arbeit, das Risiko der Selbstständigkeit und wenn da 10 junge Kerls und Mädels stehen, kann man davon ausgehen, dass das Studenten sind, die wegen weniger Erfahrung die einfacheren Promotionjobs machen und entsprechend weniger verdienen und die ihre Aufträge erst wenige Tage vorher kennen.
Trotzdem bleibt das eine Tätigkeit, von der ich stundenlang Storys erzählen könnte - manch anderer Job ist wirklich langweilig dagegen! :)