Vielen Dank für deinen äußerst wertvollen Beitrag,
@Joschi
Die Frage aber, ob die dem Richter zur Verfügung gestellten Strafrahmen geändert werden müssen, ist keine rechtliche Frage, sondern Politik.
Die Strafrahmen sind allein Aufgabe des Gesetzgebers (mit Ausnahme der Möglichkeit einer verfassungsgerichtlichen Regelung) und letztlich politisch getragene Entscheidungen. Aber das sind eben die Straf
rahmen und nicht die Straf
zumessung, die den Gerichten obliegt. Und diese Differenzierung wird gerne und schnell verkannt.
Dabei ist es nach meinem Eindruck (nicht empirisch belegt, sondern 34 Jahre Berufserfahrung) derzeit so, dass es einer Ausweitung der Strafrahmen nach oben gar nicht bedarf, sondern die geringen Strafen oder sogar Einstellungsmöglichkeiten um unteren Ende gekappt werden müssten.
Auch diese Ansicht teile ich voll und ganz. Und korreliert insoweit auch mit deinem ebenfalls vollkommen zutreffenden Ansatz:
Und: Das alles muss schneller gehen. Die Strafe muss sprichwörtlich auf dem Fuß folgen, mit allen unangenehmen Konsequenzen, wie Verlust des Jobs und Ähnlichem.
Und das ist wohl eines der wesentlichsten Probleme der Strafverfolgung und der Justiz. Es kann nicht mehr wirklich zügig gehandelt werden. Es mangelt an fast allen Ecken und Enden: Personal, Ausstattung, zeitgemäßer Technik... die Justiz (und insoweit auch die Polizei) musste halt vielfach für Einsparmaßnahmen herhalten und das führt(e) dazu, dass viele Verfahren aufgestaut wurden und noch immer werden.
Doch auch hier kann die Justiz halt nur bedingt aus eigener Kraft gegensteuern. Der Justizhaushalt wird in aller Regel vom Justizministerium vorgegeben; ebenso teilweise oder gar im Wesentlichen die Einstellungen und Ausstattungen.
Bleibt also allein das Recht. Und hier gebieten bereits die Gesetze einschließlich Verfassung sowie das Verfassungsgericht (mit etwaiger Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG) den Gerichten, unter Umständen auch die überlangen Verfahrensdauern bei der Strafzumessung strafmildernd zu berücksichtigen. Das wird landläufig ebenfalls des Öftern verkannt, wenn eine gerichtliche Entscheidung - speziell ohne Kenntnisse der Entscheidungsgründe - diskutiert wird.
Heute und schon seit einiger Zeit ist es leider so, dass viele jugendliche Straftäter oder junge Erwachsene grinsend aus dem Gerichtssaal hinausgehen, weil sie merken, dass gar nichts ernsthaftes passiert ist.
Und so kommen dann leider auch diese Resultate dabei heraus. Wobei der Respekt gegenüber der Justiz (ebenso Polizei) ohnehin nachgelassen hat.
Hinzu kommen der "Erledigungsdruck" bei den Gerichten, das Wissen um fehlende Vollstreckungsmöglichkeiten (insb. fehlende Haftplätze) und noch einiges mehr. Gerade bei den amtsgerichtlichen Entscheidungen kann man überdies teils erkennen, dass dort zwar eine "härtere" Entscheidung getroffen wurde und wo man wiederum weiß, dass es die nächste Instanz so nicht halten wird. Das ist tatsächlich ein Umstand - abgesehen vom mit beeinflussenden "Erledigungsdruck" - den die Justiz selbst entsprechen könnte.
Die Justiz könnte also sehr gut deutlich mehr Unterstützung - und vor allem auch Nachwuchs - gebrauchen.
Edit für
@jeriko aufgrund der Überschneidung:
Das "Volkstribunal" wäre eine Konsequenz, wenn das Volk über die Straf
zumessung (mit) befinden sollte. Das ließe sich nur bedingt, wenn überhaupt umsetzen. Die Straf
rahmen sind etwas anderes (siehe schon zuvor).
Und die Bewährungsaussetzung ist - neben den gesetzlichen Rahmenvorgaben - halt auch eine Folge dessen.