- Registriert
- 2 August 2004
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- BMW Z8
Einem guten Freund schlägt man ja nichts ab, das versteht sich von selbst. Vor allem dann nicht, wenn man im Gegenzug einen Roadster probefahren darf, der diesen Namen auch verdient.
Und so ergab es sich, dass sich zwei Ikonen britischer Automobilkunst trafen, der Morgan +8 von Herbert und mein Aston Martin Vantage V12.
Unterschiedlicher können zwei Autos kaum sein, und doch stehen sie stellvertretend für zwei typische Fahrzeuggattungen, die in England eine ansehnliche Tradition haben. Ein Engländer würde vielleicht sagen, dass durchaus schon der eine oder andere Roadster im Land gebaut wurde, und wird mit problemlos vertuschtem Stolz darauf verweisen, dass auch Aston Martin sich schon seit ein paar Jahren mit dem Bau hochwertiger und schneller Coupés befasst.
Allerdings ist die Menge darüber hinaus gehender Gemeinsamkeiten recht übersichtlich. Während der Vantage als sehr aktuelles Auto mit allen Errungenschaften der Technik daherkommt, konzentriert sich der Morgan auf die Bewahrung bewährter Prinzipien.
Gut, die Kiemen sind noch ähnlich, wobei sie beim Vantage wohl erheblich nötiger sind aufgrund der Hitzeentwicklung als beim Morgan.
Auch die Heckansicht ist nicht vergleichbar, der Morgan verschwindet praktisch neben dem wuchtigen Aston, der seine rund 1.700 kg Kampfgewicht nicht verbergen kann. Allerdings überrascht es, wie relativ leichtfüßig er mit diesem Gewicht umgehen kann, nicht zuletzt aufgrund der heftigen Motorisierung mit 517 PS.
Der erste Kontakt macht sofort klar: es gibt keinen Komfort hier. Es gibt noch nicht einmal Platz. Nachdem ich es geschafft hatte, die Spielzeugtüren zu öffnen, musste ich als erstes feststellen, dass Engländer offensichtlich biegsame Oberschenkelknochen aufweisen. Anders kann ich mir absolut nicht erklären, wie man ohne größere Verletzungen in den Morgan hinein und vor allem später wieder herauskommt.
Nun bin ich durch Rennautos und Wiesmann GT ja recht geübt im Ein- und Aussteigen, aber wo ein Wiesmann wie ein guter Schuh paßte, fühlte ich mich im Morgan doch eher wie in Manolos mit 10 cm hohen Absätzen. Der feste Körperschluß zwischen Oberschenkel und Lenkrad war unausweichlich, so dass an normales Fahren nicht zu denken war. Also entschloss ich mich dazu, Herbert mit dem Aston schnell abzuschütteln, so dass ich mich in Ruhe mit dem Morgan beschäftigen konnte.
Schmale Landstraßen, Felder, die durch Hecken und Mauern begrenzt sind, der selten erfüllte Wunsch nach strahlendem Sonnenschein, so stellt man sich das natürliche Revier eines britischen Roadsters vor. In der nächsten Minute wird James Herriot um die Ecke biegen, natürlich in seinem alten Austin 7, und auf dem Weg zum nächsten kalbenden Pferd.
Der Morgan macht es einem leicht, sich gedanklich in englische Landschaften zu versenken, klein und knorrig geht eine Urwüchsigkeit von ihm aus, die dem Vantage natürlich fehlt. Alles ist kernig an dem Auto, sei es die Lenkung, die Schaltung oder das Motorgeräusch.
Herbert erzählte mir, dass der Morgan für 3 Jahrhunderte steht: aus dem 19. Jahrhundert stammt die Kutschentechnik des Holzrahmens, aus dem 20. Jahrhundert der Antriebsstrang, und nun wird er im 21. Jahrhundert gefahren.
Wer will, kann sich die Leistungsdaten irgendwo zusammensuchen, mich haben sie nicht interessiert. Das Auto geht kraftvoll vorwärts, wobei der Motor leichtes Spiel mit den knapp 1.000 kg Gewicht hat. Aufgrund meines persönlichen körperlichen Defektes der unbiegsamen Oberschenkel kam ich nicht in den Genuss, wirklich schnell mit dem Morgan zu fahren, aber ich glaube fast, dass ich das auch gar nicht gewollt hätte.
Die Lenkung ist auch ohne Kontakt zu den Oberschenkeln recht schwergängig, daher wird ein echtes Kurvenräubern wohl eher selten stattfinden. Trotzdem macht das Fahren unglaubliche Freude. Aufgrund des niedrigen Gewichts tippt man das Gaspedal nur kurz an, ein sonorer Sound aus dem Auspuff, und schon brabbelt der Morgan auf der Landstraße vor sich hin.
Man wünscht sich einfach, irgendwo in England zu sein, in Cornwall, in den Cotswolds oder im Lake District. Man fährt an Bed & Breakfast-Häusern vorbei, denkt an typisch Britisches: Charles Dickens, Graham Hill, oder Winnetou. Automatisch nimmt die eigene Aussprache einen britischen Akzent an, während auf der Oberlippe flugs ein militärisch getrimmter Moustache sprießt.
Man beginnt, sich nach und nach für englisches Essen zu Erwärmen, welches im Übrigen durchaus so schlecht ist, wie immer behauptet wird. Eine Belstaff-Jacke ist das passende Outfit, je nach persönlicher Vorliebe gehört natürlich eine Pfeife dazu. Zigarette im Morgan? Sakrileg, das ist was für Corvette-Fahrer.
Ich gestehe, dass der Morgan ein Auto ist, dass für mich viel mehr für einen Lebensstil und für ein Land steht, als dass ich es als Auto an sich betrachte. Was soll man zu einem Holzrahmen heute noch sagen? Dass er unter Umständen technologisch überholt sei? Der Vorwurf wäre vor 50 Jahren mal angebracht gewesen, heute ist das unabänderliche Tradition.
Man kann die Frontscheibe flachlegen, wenn man Grippe hat. Schon das normale Fahren mit Frontscheibe zieht einem ab einer bestimmten Geschwindigkeit das Gehirn durch die Nase nach außen. Legt man die Scheibe dazu noch flach, dürfte kein Virus dem widerstehen können, ein unbeschreiblicher Vorteil angesichts des englischen Klimas. Auch die 3 Scheibenwischer hätte es nicht gegeben, wenn der Morgan in Italien gebaut worden wäre.
Unter der Haube findet sich ein 3,5L-Motor, eingebettet in eine Technik, die jeden Archäologen begeistern würde.
Allein schon die filigrane Lenksäule schaut man sich besser nicht an, wenn man das Vertrauen in British Engineering nicht vollends verlieren will.
Das Fahrverhalten ist straff, aber man spürt nicht jede Ameise, die den Weg kreuzt. Der durchaus vorhandene Drang, das Heck mal ein wenig zu bewegen, wurde durch die Beschränkung der Lenkfähigkeit abgetötet. Doch wie gesagt, zum Schnellfahren und Kurvenräubern gibt es andere Autos.
Hier zählt der Stil, die Lebensart, die Tradition. Das ist das Auto, das James Herriott immer haben wollte. Nur aus diesem Grund begann er, seine Erlebnisse als Tierarzt aufzuschreiben. Vielleicht hat er es ja irgendwann geschafft.
Wer ein solches Auto fährt, hat etwas geschafft. Er hat sich losgelöst vom ewigen Streben nach Neuem, Schnellerem und Besserem, nach dem ewig Jugendlichen, hat die permanente Unzufriedenheit mit der existierenden Realität hinter sich gelassen. Er fährt einfach Morgan.
Stutzig machte mich nur, dass Herbert viel länger für seine Probefahrt brauchte als ich mit dem Morgan. Aber er hat auch nicht so viele Fotos gemacht.
Und so ergab es sich, dass sich zwei Ikonen britischer Automobilkunst trafen, der Morgan +8 von Herbert und mein Aston Martin Vantage V12.
Unterschiedlicher können zwei Autos kaum sein, und doch stehen sie stellvertretend für zwei typische Fahrzeuggattungen, die in England eine ansehnliche Tradition haben. Ein Engländer würde vielleicht sagen, dass durchaus schon der eine oder andere Roadster im Land gebaut wurde, und wird mit problemlos vertuschtem Stolz darauf verweisen, dass auch Aston Martin sich schon seit ein paar Jahren mit dem Bau hochwertiger und schneller Coupés befasst.
Allerdings ist die Menge darüber hinaus gehender Gemeinsamkeiten recht übersichtlich. Während der Vantage als sehr aktuelles Auto mit allen Errungenschaften der Technik daherkommt, konzentriert sich der Morgan auf die Bewahrung bewährter Prinzipien.
Gut, die Kiemen sind noch ähnlich, wobei sie beim Vantage wohl erheblich nötiger sind aufgrund der Hitzeentwicklung als beim Morgan.
Auch die Heckansicht ist nicht vergleichbar, der Morgan verschwindet praktisch neben dem wuchtigen Aston, der seine rund 1.700 kg Kampfgewicht nicht verbergen kann. Allerdings überrascht es, wie relativ leichtfüßig er mit diesem Gewicht umgehen kann, nicht zuletzt aufgrund der heftigen Motorisierung mit 517 PS.
Der erste Kontakt macht sofort klar: es gibt keinen Komfort hier. Es gibt noch nicht einmal Platz. Nachdem ich es geschafft hatte, die Spielzeugtüren zu öffnen, musste ich als erstes feststellen, dass Engländer offensichtlich biegsame Oberschenkelknochen aufweisen. Anders kann ich mir absolut nicht erklären, wie man ohne größere Verletzungen in den Morgan hinein und vor allem später wieder herauskommt.
Nun bin ich durch Rennautos und Wiesmann GT ja recht geübt im Ein- und Aussteigen, aber wo ein Wiesmann wie ein guter Schuh paßte, fühlte ich mich im Morgan doch eher wie in Manolos mit 10 cm hohen Absätzen. Der feste Körperschluß zwischen Oberschenkel und Lenkrad war unausweichlich, so dass an normales Fahren nicht zu denken war. Also entschloss ich mich dazu, Herbert mit dem Aston schnell abzuschütteln, so dass ich mich in Ruhe mit dem Morgan beschäftigen konnte.
Schmale Landstraßen, Felder, die durch Hecken und Mauern begrenzt sind, der selten erfüllte Wunsch nach strahlendem Sonnenschein, so stellt man sich das natürliche Revier eines britischen Roadsters vor. In der nächsten Minute wird James Herriot um die Ecke biegen, natürlich in seinem alten Austin 7, und auf dem Weg zum nächsten kalbenden Pferd.
Der Morgan macht es einem leicht, sich gedanklich in englische Landschaften zu versenken, klein und knorrig geht eine Urwüchsigkeit von ihm aus, die dem Vantage natürlich fehlt. Alles ist kernig an dem Auto, sei es die Lenkung, die Schaltung oder das Motorgeräusch.
Herbert erzählte mir, dass der Morgan für 3 Jahrhunderte steht: aus dem 19. Jahrhundert stammt die Kutschentechnik des Holzrahmens, aus dem 20. Jahrhundert der Antriebsstrang, und nun wird er im 21. Jahrhundert gefahren.
Wer will, kann sich die Leistungsdaten irgendwo zusammensuchen, mich haben sie nicht interessiert. Das Auto geht kraftvoll vorwärts, wobei der Motor leichtes Spiel mit den knapp 1.000 kg Gewicht hat. Aufgrund meines persönlichen körperlichen Defektes der unbiegsamen Oberschenkel kam ich nicht in den Genuss, wirklich schnell mit dem Morgan zu fahren, aber ich glaube fast, dass ich das auch gar nicht gewollt hätte.
Die Lenkung ist auch ohne Kontakt zu den Oberschenkeln recht schwergängig, daher wird ein echtes Kurvenräubern wohl eher selten stattfinden. Trotzdem macht das Fahren unglaubliche Freude. Aufgrund des niedrigen Gewichts tippt man das Gaspedal nur kurz an, ein sonorer Sound aus dem Auspuff, und schon brabbelt der Morgan auf der Landstraße vor sich hin.
Man wünscht sich einfach, irgendwo in England zu sein, in Cornwall, in den Cotswolds oder im Lake District. Man fährt an Bed & Breakfast-Häusern vorbei, denkt an typisch Britisches: Charles Dickens, Graham Hill, oder Winnetou. Automatisch nimmt die eigene Aussprache einen britischen Akzent an, während auf der Oberlippe flugs ein militärisch getrimmter Moustache sprießt.
Man beginnt, sich nach und nach für englisches Essen zu Erwärmen, welches im Übrigen durchaus so schlecht ist, wie immer behauptet wird. Eine Belstaff-Jacke ist das passende Outfit, je nach persönlicher Vorliebe gehört natürlich eine Pfeife dazu. Zigarette im Morgan? Sakrileg, das ist was für Corvette-Fahrer.
Ich gestehe, dass der Morgan ein Auto ist, dass für mich viel mehr für einen Lebensstil und für ein Land steht, als dass ich es als Auto an sich betrachte. Was soll man zu einem Holzrahmen heute noch sagen? Dass er unter Umständen technologisch überholt sei? Der Vorwurf wäre vor 50 Jahren mal angebracht gewesen, heute ist das unabänderliche Tradition.
Man kann die Frontscheibe flachlegen, wenn man Grippe hat. Schon das normale Fahren mit Frontscheibe zieht einem ab einer bestimmten Geschwindigkeit das Gehirn durch die Nase nach außen. Legt man die Scheibe dazu noch flach, dürfte kein Virus dem widerstehen können, ein unbeschreiblicher Vorteil angesichts des englischen Klimas. Auch die 3 Scheibenwischer hätte es nicht gegeben, wenn der Morgan in Italien gebaut worden wäre.
Unter der Haube findet sich ein 3,5L-Motor, eingebettet in eine Technik, die jeden Archäologen begeistern würde.
Allein schon die filigrane Lenksäule schaut man sich besser nicht an, wenn man das Vertrauen in British Engineering nicht vollends verlieren will.
Das Fahrverhalten ist straff, aber man spürt nicht jede Ameise, die den Weg kreuzt. Der durchaus vorhandene Drang, das Heck mal ein wenig zu bewegen, wurde durch die Beschränkung der Lenkfähigkeit abgetötet. Doch wie gesagt, zum Schnellfahren und Kurvenräubern gibt es andere Autos.
Hier zählt der Stil, die Lebensart, die Tradition. Das ist das Auto, das James Herriott immer haben wollte. Nur aus diesem Grund begann er, seine Erlebnisse als Tierarzt aufzuschreiben. Vielleicht hat er es ja irgendwann geschafft.
Wer ein solches Auto fährt, hat etwas geschafft. Er hat sich losgelöst vom ewigen Streben nach Neuem, Schnellerem und Besserem, nach dem ewig Jugendlichen, hat die permanente Unzufriedenheit mit der existierenden Realität hinter sich gelassen. Er fährt einfach Morgan.
Stutzig machte mich nur, dass Herbert viel länger für seine Probefahrt brauchte als ich mit dem Morgan. Aber er hat auch nicht so viele Fotos gemacht.