Ihr dürft mal wieder nicht vergessen, dass wir hier in D ein Exotendasein auf der Welt fristen mit unseren Möglichkeiten, die Fahrzeuge auch wirklich so auszufahren. Gäbe es bei uns ein Tempolimit von 130 und würden die Leute sich auch ein wenig daran halten, wäre die Differenz zu den Zyklusnormverbräuchen deutlich geringer. Aber das ist doch auch nichts Neues.
Ein zweiter Aspekt, den man in den Diskussionen hier in D immer wieder vergisst, ist der Markt bzw. die Märkte für die diese Fahrzeuge gebaut werden. Deutschland als Inselmarkt verliert da immer mehr an Bedeutung. Heute werden ganze Motorbaureihen mit primärer Ausrichtung an China oder Brasilien entwickelt. Und in den Ländern sind z.B. leistungsstarke Fahrzeuge in Relation zum Gesamtmarkt eine Randerscheinung und die Gesetze sind schon viel restriktiver als bei uns. In einigen Megacities in China muss ein Auto z.B. bei der Zulassung eine rein elektrische Reichweite von mindestens 60km vorweisen, sonst gibt es keine Zulassung mehr. Und das wird weitergehen, ob einem das passt oder nicht ist da völlig irrelevant. Und jeder Hersteller, der global Fahrzeuge verkaufen will - und das wollen gerade die deutschen OEMs - muss sich dieser Randbedingungen beugen. Dann sich nur für das unbedeutende Absatzland Deutschland extra eigene Varianten zu entwickeln wird nicht passieren. Die neuen Motoren sind auch nicht zwingend weniger haltbar. Die Erprobungstests und die entsprechenden scharfen Bedingungen gelten immernoch genauso und oftmals sogar noch mehr als früher. Natürlich sind die Gesamtsysteme komplexer, aber die Lebensdauervorgaben der Hersteller sind nicht groß anders (350tkm oder 10 Jahre in den meisten Fällen, bei Hochleistungsmotoren eher geringer) und dass ein Fahrzeug länger/mehr Laufleistung hält ist eigentlich nett aber nicht vorgesehen.
Schaut euch z.B. mal die hochgelobten Amis an. Beispiel Chevys LS3/L99-Motor (6,2L V8), ein klassischer "robuster" Amimotor. Der hält unter amerikansichen Strassenbedingungen sicherlich gefühlt ewig, aber es gibt mehrere Berichte, dass der Motor auf der deutschen Autobahn den Hitzetod stirbt. Warum? Weil das im Lastkollektiv in den Entwicklungen für den amerikanischen Markt oder auch andere Länder, gar nicht vorgesehen ist, dass ein Motor so lange unter hoher Last betrieben wird, wie es bei uns passieren kann. Deswegen nochmal, macht euch klar, dass der deutsche Anwendungsbereich hier das Besondere darstellt, nicht die Normalität, und Hersteller werden ihre Bestrebungen immer nach vielen Gesichtspunkten ausrichten müssen: a) Kosten, b) Kosten, c) Kosten, d) wo verkaufe ich am meisten Autos und sorry, da ist die EU - und im speziellen Fall Deutschland - nunmal mittlerweile einfach nicht mehr relevant genug. 2017 wird nach Prognosen alleine VW/Audi von ihren beiden Motorbaureihen EA211 und EA888 (R3 und R4 TSI/TFSI) in China vermutlich ca. 6-8 Mio. Motoren pro Jahr verkaufen. Das ist mehr als im gesamten Rest der Welt zusammen.
Ob euch das passt oder nicht, aber 6-Zylinder wird es in Zukunft nur noch als Turbos geben, genauso wie alle anderen Motoren auch, und diese werden nur noch ab Mittelklasse in den Supersport-Varianten angeboten (M oder RS oder AMG) und das wird, wie hier schon erwähnt, auch Porsche genauso machen. 4-Zylinder werden die - rein verbrennungsmotorischen - Leistungsklassen 180-350PS in Zukunft abdecken. Darüber dann die 6-Zylinder bis rd. 500PS und dann gibt es noch ein paar Exoten-V8. Alles darunter wird über 3-Zylinder laufen. Durch die Kombination mit den Hybriden wird sich das ggf. nochmal hin zu kleineren Motoren verschieben (s.a. C350 PHEV). Das ist leider zwingend notwendig, es führt kein Weg daran vorbei, denn die 95g/km kommen unweigerlich. Bei uns wird voraussichtlich ab 2025 dann sogar nur rd. 70g/km gelten und das ist in allen Flecken der Welt genauso ein Thema. Wir stehen da als einer der größten Zulieferer auch permanent unter Druck. Seht mal hier, wie sich die Emissionsvorgaben entwickeln, das ist ein richtig gutes Paper zu dem Thema und zeigt, was weltweit gerade passiert und wo die OEMs stehen. Das wird kein Spaß:
http://www.theicct.org/sites/default/files/publications/ICCTupdate_EU-95gram_jan2014.pdf
Ich habe letztens eine wissenschaftliche Veröffentlichung gelesen, da wurde untersucht, wie viel CO2 wir noch theoretisch einsparen könnten, wenn ein Motor absolut keine Reibung hätte. Das ist natürlich nie möglich, aber es sollte mal zeigen, wie viel über den Motor selbst überhaupt noch zu holen ist und ich sage euch, das reicht nicht für diese Zielvorgaben. Da war ein Beispiel mit einem 2.0L 4-Zylinder-Diesel mit 200PS. Der stand bei ca. 118g/km. Hätte dieser Motor keine Reibung, wären noch maximal 26g/km überhaupt als theoretisches Potential zu holen. Alleine damit sieht man schon, dass es ohne weitere Maßnahmen nicht reichen wird.
EDIT: Ganz vergessen! Was dann noch on top kommt, sind die neuen Fahrzyklen...die machen das zusätzlich schwerer, werden aber immernoch nicht wirklich reales Fahren abdecken können. Es kommt auch die RDE-Messung also wirklichauftretende Emissionen beim Fahren auf der Strasse. Da werden vor allem Diesel richtig Probleme mit ihren NOx kriegen, da die Emissionen dessen ausserhalb des Zyklusbereiches teilweise um Faktor 8 höher liegen.
Und was das Marketing daraus macht, da brauchen wir uns eh nicht drüber zu ärgern. Das ist wie es ist, denn am Ende geht es wie immer nur um Prestige und Kohle.