So richtig steil ist die These imho nicht, Klaus, du schreibst es selber, damals war die Alternative ein Pferdefuhrwerk mit all seinen Nachteilen und jetzt ist es ein Verbrenner, der für den Normalverdiener mehr Vor- als Nachteile im Vergleich hat.
Wenn die Technik besser ist, wird sie sich auch ohne Zwang durchsetzen, egal ob wirtschaftlicher oder umweltschonender, aber nicht mit diesen politisch gesteuerten Hauruckaktionen.
Es entspricht meiner Meinung nach erwiesenermaßen nicht der Realität, dass sich die bessere Technik automatisch durchsetzt. Siehe Dieselmotor, dieser wurden erst beliebt, als der Dieselpreis durch steuerliche Begünstigung attraktiv war wirklich beliebt im PKW Bereich in Deutschland, obwohl er schon immer prinzipiell effizienter war.
Meine Erfahrung aus dem Alltag ist, dass die meisten Leute das Thema E-Auto noch nicht ansatzweise einordnen können in irgendeiner Weise. Seien es Reichweiten, Ladezeiten, Kosten, wo man überall laden kann usw. Da herrscht häufig nach wie vor das Narrativ von wenig haltbaren Akkus, die häufig brennen, nicht gelöscht werden können und kaum über 200 km weit kommen.
Die Leute die dann tatsächlich mal mehrere Wochen E-Auto gefahren sind, geben fast ausnahmslos eine Erfahrung wieder die mMn Richtung Frequenzillusion geht, sprich sie haben plötzlich überall die Lademöglichkeiten wahrgenommen, von denen sie vorher gar nicht wussten. Sicherlich gab es die nicht schon immer, aber über Nacht steigert sich die Anzahl auch nicht so krass, sprich der Ausbau der Ladepunkte erfolgt an der Aufmerksamkeit des Großteils der Leute vorbei.
Klar funktioniert es nicht noch nicht in jedem Einsatzgebiet so problemlos, aber muss das der Anspruch sein? Erstmal würde es ausreichen wenn die Leute umsteigen, wo es nicht nur so gut wie keinen Nachteil gibt, sondern sogar Vorteile auf die Haltedauer eines Fahrzeugs. Das sind bspw. Eigentümer von Einfamilienhäusern mit durchschnittlicher Fahrleistung. Die werden häufig kaum 3x im Jahr öffentlich laden, einfach weil sie selten so weit fahren, dass sie unterwegs nachladen müssten. Damit hat man schon vom Zeitfaktor alleine nicht selten einen Vorteil gegenüber dem Verbrenner, den du immer tanken fahren musst, wenn der Tank leer ist. Oder zumindest irgendwo unterwegs anhalten zum Tanken. Das E-Auto ist am EFH nahezu jeden Morgen geladen, wenn man will mit einem Zeitaufwand von 3-5 Sekunden. Noch dazu kommen finanzielle Potentiale durch PV Anlagen, es gibt ja immer mehr Anlagen bei denen die Förderung ausläuft, da kannst du das Auto dann quasi kostenlos laden mit Eigenstrom von der PV Anlage, da die Anlage an sich lange bezahlt ist in den Fällen. In den Städten wird es meiner Prognose nach in den nächsten Jahren einen signifikanten Zubau an Schnellladern geben, wodurch die Problematik mit dem aufladen sich auch abschwächt, gerade wenn die Schnelllader an strategisch günstigen Orten aufgestellt werden.
Dazu kommen Komfortgewinn wie Standheizung und -klima in jedem Auto, leises Fahrgeräusch, kein Gestank durch Abgase,... Man muss das Gesamtkonzept mit allen Vor- und Nachteilen betrachten. Wenn sich der eigene Anwendungsfall nicht mit den Gegebenheiten und Möglichkeiten über ein E-Auto abbilden lässt, ist das ok für mich. Um das objektiv bewerten zu können braucht es aber einen Grundsatz an Verständnis für E-Autos und die ist bisher eher selten in der Form vorhanden, wie es heute selbstverständlich ist über die Gesamtkosten einen Verbrenners bescheid zu wissen.
Sicherlich wohnt der "Normalverdiener" nicht in München zentrumsnah im EFH, aber das hat er früher auch nicht. Um Großstädte (nicht mit Metropole verwechseln) kann der "Normalverdiener" auch heute noch überwiegend problemlos ein EFH erarbeiten. Dafür muss man Abstriche bei den Konsumausgaben usw. machen aber das war früher nicht anders.
Ich kann übrigens in meinem privaten Alltag problemlos den Mobilitätsbedarf rein über einen 50 kW Lader bei Lidl decken, an dem ich das Auto während des Einkaufs auflade. Das sind bei mir so rund zweimal die Woche (das macht sicherlich jeder anders aber 2x die Woche einkaufen fahren schien mir in bisherigen Diskussionen durchaus konsensfähig) jeweils etwa 20-30 Minuten Standzeit, sprich 20-25 kWh jeweils. Damit komme ich etwa 200 km weit, da ich mit dem ID Buzz ein Fahrzeug mit eher hohem Verbrauch fahre. In der Anfangszeit habe ich noch häufig an öffentlichen AC Ladepunkten geladen in der Umgebung, das mache ich schon sehr lange gar nicht mehr, weil die Erfahrung zeigt, dass es mir reicht eine verlässliche Lademöglichkeit beim Einkaufen zu haben.