Ich greife das jetzt - exemplarisch - nochmal auf. Es geht mir, ausdrücklich,
nicht darum,
@heyho, dich oder sonst wen zu belehren, zu kritisieren oder gar zu einer anderen Meinung zu bekehren (ich bin nicht einmal sicher, inwieweit unsere Auffassungen im Ergebnis überhaupt divergieren). Sondern ich möchte gerne nochmal, auch allgemein, verdeutlichen, wie wichtig es ist, bei einer solchen Diskussion alle relevanten Tatsachen nicht nur zu benennen, sondern auch angemessen zu würdigen:
1.) Du bennennst in deinem obigen Beitrag einige Tatsachen, die aus deiner Sicht ...
... zusammenfassen. Nur kommen dann weithin überhaupt keine Argumente, sondern du benennst überwiegend lediglich Sachverhaltsdetails und interpretierst diese dann - ohne Argumentation - direkt negativ. Ein Beispiel:
Du behauptest das einfach so - ohne Beleg. Warum denn "...
sehenden Auges ..."? Warum "...
falsche Hersteller"? Sollen deine folgenden Sätze dafür die Argumente liefern? Dann lass' uns das betrachten:
Wieder behauptest du - insb. im zweiten Satz - etwas und leitest darauf dann einfach und direkt eine negative Bewertung ab. Wo ist die Betrachtung der maßgeblichen Gründe für die späte und geringe Bestellung? Wo wird belegt, warum die Hersteller aus deiner Sicht die "...
falschen ..." sind? Eine negative Implikation entfaltet der Sachverhalt doch nur, wenn belegt wird, warum diese Handlungsweise unrichtig war. Diesen Beleg deutest du nicht einmal an (auch nicht in vorangehenden Beiträgen, jedenfalls m. E. nicht in valider Form). Sondern du sagst nur, dass die Bestellung spät war - und das ist für dich offenbar direkt ein Kritikpunkt. Man hätte doch bitte einfach früher und reichlicher bestellen sollen - Punkt.
Bitte schau dazu z. B. einmal in den Link in Beitrag Nr. 651. Dort werden Informationen und Argumente geliefert, warum die Bestellung spät und in geringer Menge erfolgte. Auch der in Nr. 654 verlinkte Artikel deutet an, dass das Problem nicht in der bestellten Menge läge. Und auch ich selbst hatte schon (mehrfach) erläutert, wie und warum es zu der späten und geringen Bestellung kam. Erst wenn man auch diese Tatsachen würdigt, kann man überhaupt zu einer validen Kritik kommen.
Noch ein Beispiel:
Warum "...
unzureichend ..."? Auch hier fehlt wieder jede Argumentation. Du benennst einfach einen Umstand und bezeichnest den dann, ohne jeden Beleg, als negativ. Die Frage, warum eine Nachbestellung (i) erforderlich und die vorhandene Bestellung (ii) unzureichend sein soll, bleibt völlig offen.
All die zu diesen Hintergründen vorhandenen Informationen (siehe oben) lässt du einfach außer acht.
2.) Wenn man so "argumentiert", dann geht das in aller Regel fehl - weil man ja nicht wirklich argumentiert, sondern eher "ins Blaue" bewertet.
2.1 Ich darf das an einem
überspitzten Beispiel verdeutlichen - nehmen wir dazu an, du spieltest Lotto: Ich könnte dich nun dafür kritisieren, dass du bei der letzten Ziehung auf die falschen Lottozahlen gesetzt hast. Das ist eine (hier als Beispiel unterstellte) Tatsache - immerhin hast du ja keinen Gewinn abgeräumt -, also hast du einen Fehler gemacht, richtig?
Nur ist diese Kritik an dir und deiner Entscheidung dann eben falsch - weil ich den Hintergrund völlig außer acht lasse: Denn du hattest keine Möglichkeit, die richtigen Zahlen zu ermitteln, mithin man dir deine Entscheidung nicht vorwerfen kann. Genau so machst du (und andere) es aber die ganze Zeit.
2.2 Oder ist dir ein
praxisrelevanteres Beispiel lieber? Die Verhandlung komplexer Verträge (nehmen wir z. B. einen Vertrag über die Impfstoff-Beschaffung

) ist keine Einbahnstraße. Da legt nicht einer den Vertrag auf den Tisch und der andere unterschreibt. Sondern da wird häufig lange und aufwändig verhandelt - teilweise bis in die letzte Klausel. Es müssen - häufig schmerzhafte - Zugeständnisse gemacht werden und Kompromisse erarbeitet werden, bis der Vertrag irgendwann für beide Parteien unterschriftsreif ist. Nicht selten sieht der Vertrag dann ganz anders aus als dessen erste Fassung.
Liest nun später jemand den Vertrag (z. B. die Konzern-Innenrevision oder die zuständige Prüfungsstelle des Bundes), dann schlägt derjenige vielleicht die Hände über dem Kopf zusammen und kritisiert die nachteiligen Vertragsklauseln. Er übersieht dann aber völlig, dass im Rahmen der Verhandlung eben Zugeständnisse und Kompromisse zwingend erforderlich waren. Andernfalls hätte es keinen Vertrag gegeben. Auch hier gilt mithin wieder: Die Kritik geht fehl, wenn sie den Hintergrund nicht würdigt.
2.3 Besser macht es z. B. die Autorin in dem in Nr. 654 verlinkten Artikel - ich zitiere auszugsweise (Hervorh. d. mich):
"... Karl Lauterbach sagt, die Strategie, in Europa gemeinsam Impfstoff zu bestellen sei richtig gewesen. Allerdings sei die EU mit zu wenig Geld in die Verhandlungen gegangen, habe ... auf die falschen Pferde gesetzt. "Wäre Moderna beispielsweise ein französischer Impfstoff, hätten wir sicher noch mehr bestellt", sagt Lauterbach im Gespräch mit tagesschau.de. In Fachkreisen sei früh klar gewesen, dass das ein sehr guter Impfstoff wird. Stattdessen hätten nationale Überlegungen eine Rolle gespielt, was eigentlich nicht hätte sein dürfen. ..."
Hier wird immerhin angedeutet, wie es aus Sicht des Herrn Lauterbach zu der geringen Bestellung kam und warum das keine gute Entscheidung war. So lässt sich argumentieren.
3.) Damit wird hoffentlich deutlich, worauf ich hinaus möchte: Sachverhalte lassen sich immer nur dann ordentlich kritisieren, wenn man alle relevanten Hintergründe und sonstigen Details kennt und angemessen würdigen kann. Ansonsten sitzt man eben doch nur auf dem sprichwörtlichen Sofa und kritisiert "ins Blaue".
Das ist genau das, was mich am bisherigen Diskussionsverlauf stört. Ich will gar nicht behaupten, dass bei dem Projekt Impfstoffbeschaffung alles optimal lief und dass keine Fehler gemacht wurden. Nur ist die Unterstellung von Fehlern zu wenig, wenn die Fehler als solche nicht belegt werden. Dass die Presse und der eine oder andere in den Medien auftretende Experte das derzeit in ähnlicher Form betreiben, das macht es nicht besser.