Hier mal die Rennberichte, zuerst der von Rolf Buchstaller:
Los jetzt! Hört auf mit den Faxen! Wir müssen in dem Vorstart!“ Christoph unser Herr über die Papiere und ungekrönter Zeremonienmester lässt sich nicht davon irritieren, dass bestimmt noch an die 100 Autos in der Boxengasse stehen und treibt Marc an nun endlich das letzte Foto in den Kasten zu bringen und uns ziehen zu lassen.
Also Helm auf Motor an und langsam die wenigen Meter von Box 28 in Richtung Ampel rollen. Gefühlte 10.000 Menschen wuseln um den Kleine rum, den ich vorsichtig nach vorne rollen lasse. Ja, für die die es noch nicht gemerkt haben: Ich darf den Start fahren!
Plötzlich ein schriller Pfiff aus einer Trillerpfeife und wie aus dem Nichts steht jemand mit ausgebreiteten Armen vor dem Wagen und stoppt uns. „Nix da.! Ampel auf Rot! Das habt Ihr von Eurer Trödelei“ Ich frage aus dem Fenster nach was das soll, bekomme zur Antwort, ob ich taub sei und/oder die Uhr nicht lesen kann. Meine Antwort schlucke ich runter und schließe das Fenster.
O.K. denke ich mir, was soll´s starten wir halt von ganz hinten, aber die ganzen Autos hinter uns in der Reihe starten dann von noch weiter hinten, also wir in Folge von weiter vorne als es eigentlich richtig wäre. Logisch, oder?!? Ich rufe die Box an, auch die Jungs sind völlig ratlos. Abwarten die Devise. Kaum ausgesprochen geht dann die Ampel urplötzlich wieder auf grün. Da der Motor aus ist kassiere ich gleich den nächsten Anschiss, weil ich nicht gleich wie von der Tarantel gebissen losgedüst bin. Sei´s drum, Motor an und los geht´s.
Am Vortag hatte es zeitlich nicht mehr hingehauen einen letzten Test im Nassen auf Regenreifen zu machen. Also holst Du das grad noch nach denke ich mir und nehme den Haken am Ende der Start Ziel ins Visier. Traktionskontrolle aus, damit das Gefühl direkt da ist, genau wie der Haken in diesem Moment……. Ahh was ist das?!? Nahe-Null-Verzögerung,
Das ABS arbeitet wie verrückt, ich gehe auf´s Gas um zumindest mit dem Heck einzulenken.
Halleluja! Schwungvoll kommt der Kleine rum! Verdammt noch mal, grad noch die eine Seite jetzt die andere Seite….eyh Mann die Drift-Challenge war gestern!! Ich höre von der Tribüne tosendes Gejohle und Gehupe…. „Näähh Leute, das war nicht für Euch bestimmt!“
Komplett entsetzt schalte ich DTC-Stufe 1 ein. Das war knapp. Weiter in Richtung Kurzanbindung, ich bremse eigentlich unmerklich. Schon wieder rattert das ABS wie verrückt. „Herrgott, was ist hier los????“ Ich lenke so sanft es nur geht ein, die Elektronik hilft nun mit den folgenden Tanz einigermaßen im Zaum zu halten, in den nächsten Kurven das gleiche Spiel.
Klatschnass geschwitzt rolle ich auf unseren Platz. Einparkmanöver braucht es heut zum Glück keine, wir stehen links, also 1x hart links einschlagen dann hart rechts und fertig. Genau wie ich. Ich verfluche es, gestern nicht den Regenreifen-Test gefahren zu haben.
„Was wollen die alle? Denken die ich bin blöd?“ Zur Erklärung: Ich hatte die Räder mit Volleinschlag nach rechts stehen lassen, damit die von mir gewünschte Reifenkontrolle leichter gehen solle. Und nun scheint sich jeder der am Auto vorbeiläuft hierüber lustig zu machen, hat scheinbar schon die Bilder im Kopf, wie ich beim losrollen meinen Nachbarn in der Startaufstellung abräume, oder sonst was. Irgendwo zwischen Verzweiflung und Verärgerung schwimmend werde ich plötzlich aus den Gedanken gerissen als die Fahrertüre geöffnet wird. Es ist Niklas der wohl gleich sieht, dass etwas nicht in Ordnung sein kann.
„Was ist los“ fragt er mich sichtlich irritiert. „Das Auto ist komplett unfahrbar. Ich verstehe es aber nicht. Das bisschen Nässe bei 15°C sollte doch kein Problem sein. Ich habe keine Ahnung wie das gehen soll ?!?“ Niklas schaut mich verdutzt an. „Mach Dir keine Gedanken. Wenn gleich die Regenreifen drauf sind wird alles gut.“ „WAASSS? Jetzt sag nicht, dass ich auf Slicks stehe!“ „Doch“ entgegnet mit Niklas und kann sich das Lachen sichtlich kaum verkneifen…….
Wie lernt man schon in der Fahrschule: Vor Antritt der Fahrt hat sich der Fahrzeugführer von der Verkehrstauglichkeit zu überzeugen! Dumm gelaufen. In der Hektik hatte ich die letzte Absprache mit den Jungs versäumt und auch nicht mehr um´s Auto geschaut. Ich bin mit einem Schlag zu tiefst erleichtert und muss sofort aus dem Wagen um ein wenig rumzulaufen und dabei die Spannung abzubauen… da kommen die Jungs und lachen sich halb schief, als ich ihnen von meinem „Höllenritt“ zum Vorstart berichtet. Wir lachen alle zusammen. Das tut gut und macht locker!
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In meinem Kopf hatte ich die Boxenseite als ideale Seite für den Start ausgerechnet. Im Gespräch mit Dieter stellt es sich dann anders dar. Er bevorzugt die linke Seite, weil das in der Anfahrt zum Haken die bessere Linie ergibt. „Tja und genau da stehen wir, was willst Du mehr“ Dieter lächelt. Ich danke ihm für die Einschätzung, kriege aber die Bilder vom letzten VLN-Lauf nicht aus dem Kopf, wo ich auf der Innenlinie und so glücklicherweise von Start-Crash verschont geblieben war. Aber was soll´s, oder wie dä Kölsche sääht: Et kütt wie et kütt (zu Deutsch: Nimm das Leben wie es kommt).
So gehen wir dann im Nassen auf die Einführungsrunde, Fenster auf und winken was das Zeug hält. Unfassbar wie viele Leute wieder dem Wetter trotzen und ausharren, um uns Bekloppten dabei zuzuschauen, wie wir 24 Stunden lang im Kreis rum fahren. Und was viel unglaublicher ist, ist die Tatsache, dass ich dieses Mal von unten in die Menge schauen darf! Ich winke wie verrückt, würde am liebsten jedem Einzelnen Danke sagen. „Hallo Leute, klasse, dass Ihr alle gekommen seid!“
Immer wenn der Kleine auftaucht scheint es noch einen Ticken lauter zu werden von draußen.
Es ist unglaublich, als wir im Brünnchen um die Ecke biegen blasen uns die Druckfanfaren fast von der Bahn. „Leute was macht ihr mit mir? Ich muss jetzt fahren, kann nicht anhalten, so gerne ich auch ein wenig bei Euch bleiben würde.“ Mir bleibt die Luft weg, Tränen laufen übers Gesicht, völlig egal, dass mein Arm samt Handschuh inzwischen klatschnass geworden ist. Pflanzgarten 2 rufe ich mich zur Ordnung, ringe um meine Fassung. Dann noch ein letztes Winken im Schwalbenschwanz und dann hoch mit dem Fenster.
Grid!
Mein Plan im Kopf ist klar. Dieter hat bestimmt Recht. Nur was nützt es wenn mein Gefühl etwas anderes sagt? Es ergibt sich eine Lücke, ich wechsele früh nach innen, kann frei anbremsen und der gefürchtete Haken gehört mir ganz alleine. „Sauber Mann! Geschafft!“ Ich spreche mir selber Mut zu, bin froh die erste so wichtige Schlüsselstelle hinter mich gebracht zu haben. Der Kleine schnurrt wie ein Uhrwerk. Keine Rede mehr von den Traktionsproblemen von vorhin. Voran geht es wie geschmiert.
Als wir auf die Nordschleife einbiegen wird klar, das die Nummer mit den Slicks vorhin gar nicht so schlecht gepokert war. Es gibt schon trockene Stellen. ½ Stunde mehr Zeit und es hätte hingehauen. So geht es aber auch erst einmal. Wir hatten zuvor klar gemacht, dass die Regenreifen zur Not auch zwei Runden im Trockenen vertragen. So war klar, wie das Fenster für die Umrüstung der beiden Autos nass zu trocken abgewickelt werden könnte falls nötig.
Hatzenbach: Anruf bei der Box ich gebe grünes Licht für Slicks. Stelle frei wann ich reinkomme, also entweder direkt, oder nach Markus, der als Startfahrer im V6 auf jeden Fall die freie Wahl haben soll. „Danke für die Info. Wir diskutieren das hier kurz und geben Dir gleich Bescheid“ kommt als Antwort. „O.K.“
Kurze Zeit später wie angekündigt: „Und wie sieht es aus?“ „Ich bleibe bei meiner Freigabe, Slicks, wann immer Ihr wollt“ „O.K. dann fahr noch eine Runde, Du weißt ja, das können die Reifen ab“ „ Alles klar, so wird´s gemacht!“ Gesagt getan: Kurzer Stop, Slicks drauf und weiter.
Logisch, es kommt immer anders als man es gerne hätte und prompt fängt es natürlich auf der nächsten Runde wieder leicht an zu """". Ich erinnere mich an meine Erfahrungen bei der VLN-Premiere und muss fast schmunzeln. Duplizität der Ereignisse. Nur gut, denn ich kann so nun gut einschätzen was geht und lasse es laufen. Bei Übergabe an Niklas sind es dann wohl schon 3 Plätze in der Klasse und etliche mehr Gesamt. Alle freuen sich, ich bin auch überglücklich aber auch erst mal komplett platt. Verdammt, das war anstrengend!
Wie schön, wenn man in solchen Momenten seine geliebte Frau an der Seite hat! Ein Kuss eine Umarmung, alles wird viel leichter, wenn man nicht alleine ist. Aber alleine ist man in diesem Team sowieso nie. Gleich kommt der Eine und die Andere, fragen wie es war, wollen alles genau wissen. Schön wenn sich alle gemeinsam solch ein Ereignis teilen.
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Marco ist als nächster nach Niklas dran. Hochachtung wie er sich schon wieder gefangen hat.
Erst gestern war er im Classic-Lauf in einen Unfall verwickelt. Das müsste ihm eigentlich noch in den Knochen stecken denke ich. Aber er wirkt gefasst und selbstsicher, ein harter Knochen eben, wenn´s ums Fahren geht, so wie man sich einen Berufs-Testfahrer eben vorstellt. Aber wenn man genau hinschaut, ist da hinter der Profi-Schale auch der ganz fein-sensibler Mensch, der mich ein paar Stunden vorher noch mit ganz ruhigen und klaren Worten auf den Start eingeschworen hat. Ich merke wie gut es ihm tut als wir uns kurz vor seinem Turn noch einmal in den Arm nehmen. Ich klopfe ihm auf die Schulter. „Du machst das! Hau rein!“ rufen ich ihm in dem Helm. Und weg ist er.
Niklas kommt zurück, ist guter Dinge. Alles in Ordnung, der Wagen läuft wie ein Uhrwerk.
Viel Stress von der Spitze, aber er hat es trotz seiner jungen Jahre sehr routiniert durchgezogen gute Zeiten hingelegt und wirkt trotzdem nicht übermäßig angestrengt. Ach wäre ich doch auch mal wieder so fit. Aber das war einmal und kommt wohl nicht mehr wieder. Naja, das Alter hat auch seine Vorzüge…. Nur welche das sind, hat mir mein Vater nie verraten, als er mir das früher immer um die Ohren gehauen hat. Grad heute verstehe ich es auch nicht. Da klettert der junge Schnösel wie von einer Spazierfahrt aus der Kiste und ich
brauche für den Weg in die Box fast einen Rollator…. Naja, so ist das eben. Aber vielleicht meinte mein Vater mit seinem Spruch auch, dass man das letzte Fahrzeug (sprich den Rollator) quasi kostenlos bekommt. Somit wird aus dem Pay-Driver dann irgendwann ein Einladungs-Fahrer…… Wer weiß wer weiß….. Ich werde Papa wohl mal fragen, wenn ich ihn nächste Woche besuche….
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Dieter erinnert mich daran, dass es wohl besser wäre jetzt mal eine Auszeit zu nehmen. Ohne zu zögern steuere ich den Auflieger an, lege mich ein wenig ein eine Stuhl zurück und versuche zu entspannen. Nicht mehr lange und ich werde wieder dran sein. Eigentlich hatte ich ausgerechnet , dass ich in die Dunkelheit reinfahren könnte. Aber der """" hat alles verändert. Plötzlich ist klar, dass ich beim nächsten Turn direkt ins Schwarze starten werde. Obwohl ich gerne Nachts fahre bereitet mir das grade jetzt ziemliches Kopfzerbrechen, denn es ist schon etwas anderes wenn man mit einem relativ langsamen Auto im Renntempo mit eine Vielzahl von Autos unterwegs sein soll, die deutlich schneller sind als man selbst.
Da kommt Dirk rein. Er hat den Turn vor mir gefahren. Er meldet keine besonderen Vorkommnisse bis auf die Tatsache, dass es eine Baustelle zwischen Eiskurve und PG1 gibt.
Unfassbar denke ich, ganz wie auf dem Kölner Ring…. ich hatte kurz zuvor schon im TV die höchst professionell eingerichtete Baustelle gesehen. So sei es und ab geht die Post.
Es ist stockdunkel und trotz der Flaggbeleuchtung habe ich ständig das Bedürfnis noch 10-20 Kerzen auf´s Armaturenbrett stellen zu müssen. Verdammt! Das Dunkel wirklich so dunkel sein kann… und plötzlich wird es taghell! Leider von hinten, die nächste Kurve schon ihm Visier entschließe ich mich zu handeln wie geplant. Ich fahre meine Linie ohne wenn und aber und nach der Kurve zieht der Wagen vorbei. Ganz easy. Geht doch. Ich bin beruhigt.
Die Einlenkpunkte im Dunkeln zu treffen geht mit eine paar Übungen dann doch gut. Ich komme grad in Schwung und dann schon die bereits erwähnte Baustelle! Runterbremsen, es gibt sogar 60km/h-Beschilderung. Ich glaube ich stehe im Wald…. Ach näähh da bin ich ja sogar… Aber wirklich klasse gamacht, und Hut ab vor den Jungs, die da schufften bis der Schweiß sprichwörtlich spritzt. Danke Euch!
Und ab, frei Fahrt auf die Sprungkuppe, Vollgas um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Wir beide kommen wieder gut in Fahrt, bis zu Links Ausgang in Richtung PG2 haben wir wieder volles Marschtempo erreicht. Am Ausgang dann ein lauter Knall, der Kleine sackt hinten rechts zusammen: „Reifenplatzer!“ schießt mir durch den Kopf, keine Zeit zum denken! Der Kleine kommt ins Schlingern. In voller Fahrt treibt es uns bis auf hinter die Rattersteine, aber brav wie er nun mal ist, gehorcht der Kleine den sanften Korrekturen. Wir zeigen der Planke den Stinkefinker. Wie sagte der Käpt´n der U96 immer? „Not yet, nooot yet!“ Im Geschlängel Richtung Schwalbenschwanz schlingert die Fuhre wie wild, ich melde der Box: Reifenschaden, ich komme gleich rein“. Auf der DöHö entschließe ich mich zu testen, was es sein könnte, denn eingentlich läuft der Kleine prima geradeaus, also kein Indiz für einen platten Reifen. Ich beschleunige. So lange es geradeaus geht, kann ich mit der Schaukelei leben. Es kommen keine schlimmen Geräusche dazu. Also weiter.
In der Box stoppe ich die Demontage der Räder und schicke alle nach hinten rechts. Diagnose: Dämpfer abgerissen! Rückwärts in die Box. „Warten. Ruhig bleiben. Du hast die Besten der Besten um Dich. Es wird nur so lange dauern wie es dauern muss“. Die Jungs klotzen ran wie die Berserker. Ich kann es im Spiegel beobachten. Hören kann ich nichts. Nicht weil ich taub geworden bin. Nein. Wortlos und ohne die kleinesten Missverständnisse greift im Heck eine Hand in die Andere, die Schrauber rattern und schon fallen wir wieder auf den Boden. Unglaublich, das waren kaum 5 Minuten und alles ist wieder wie es sich gehört. Und weil ich daran keinen Zweifel habe, nehme ich sofort volle Fahrt auf. Die Baustelle ist inzwischen verschwunden. Wir erreichen annähernd die Zeiten des 1. Turn und das, obwohl es immer weiter immer wieder nieselt. Mann was ist das ein tolles Auto! Ich habe wirklich noch nie in einem Wagen gesessen, dem ich derart vertraut haben.
Es hätte eine völlig harmonischer Turn werden können, wäre da gegen Ende nicht dieser schreckliche Feuerball (nein es gibt kein passenderes Wort) gewesen, der da am rechten Fahrbahrrand die Fuchsröhre runterrollt. Es ist ein Mini wie sich später herausstellt, nicht mehr zu erkennen, da er Wagen ab der A-Säule komplett in Flammen steht. Ich bete, dass der Fahrer das rauskommt. In der nächsten Runde ist bereits alles abgesichert, in der Nächsten räumt die Feuerwehr schon auf.
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