Also, auf Grund von schon zigfachen Postings zu dem Wechsel der Batterie im Rahmen des BMW Efficient Dynamics und dem "angeblich" benötigtem Anlernen, möchte ich jetzt hier mal meine technischen Überlegungen zu den tatsächlichen Gegebenheiten kundtun. Ich hoffe auf eine vernünftige TECHNISCHE Diskusion zu dem Thema. Die TIS und sonstige Anleitungen lassen wir bitte völlig aussen vor.
Fakten:
- wie Klaus schon hier oben angemerkt hat: eine AGM ist eine gewöhnliche Blei-Säure-Batterie, die konstruktionstechnisch auf höhere Ströme und etwas tieferen Entladung ausgelegt ist. Efficient Dynamics bedeutet für die Batterie konkret, dass Ladevorgänge so lange wie möglich ausgestellt werden, damit die Batterie möglichst nur im Schubbetrieb bzw. beim Bremsen (dann aber mit hohen Ladeströmen) geladen wird. Die Ladezyklen werden also häufiger und vor allem belastender für die Batterie.
- Eine BS-Batterie ist elektrochemisch immer gleich, auch wenn sie z.B. AGM heist, und ihr Ladeverhalten unterscheidet sich grundsätzlich nicht von den konventionellen Batterien. Eine Zelle hat nominell auch hier 2 Volt und es gibt 6 Stck. davon in einer 12 Volt Batterie.
- Die Spannung und der Innenwiderstand einer BS-Batterie sind im wesentlich dafür verantwortlich, wieviel Strom die Batterie liefern kann. Ist der Innenwiderstand gering, kann bei derselben Spannung ein höherer Strome fließen, als es bei einem hohem Widerstand der Fall ist. Beim Laden ist es eigentlich ähnlich, nur umgekehrt.
- BS-Batterien werden fast ausschließlich stromgeführt geladen. Die Spannung der Batterie ist ganz einfach die Referenz für den Ladezustand der Batterie. Eine (gerade erst) voll geladene Batterie hat unbelastet eine Spannung von ca. 12,8 - 13 V; unterhalb einer Spannung von ca. 12,2-12,3 V gillt die Batterie als entladen und sollte sie wieder geladen werden . Muss ich also sonstige Parameter ermitteln um den Ladezustand der Batterie zu erkennen? Ganz klar nein, denn der Strom ist eine Folge der anliegenden Spannung bzw. des Innenwiderstands der Batterie. Es wird in sämtlicher Literatur auf das Messen der Spannung hingewiesen, um den grundsätzlichen Zustand der Batterie zu ermitteln. Achtung: wenn ein interner Defekt der Batterie vorliegt, dann äussert sich das erst bei einer Belastung der Batterie, was aber 99% der Ladegeräte eh nicht erkennen würden.
- Die einfachsten elektronischen Ladegeräte von Aldi & Co. (auch für AGM geeignet... ) machen nichts anderes, als die Batteriespannung zu messen: beim Anschließen und zwischendurch wird die sich eregebende Spannung gemessen und der Strom wird konstant gehalten auf z. B. 5 A. Mann sieht es ja am Gerät, wie die Spannung langsam auf einen höheren Wert krabbelt. Das Ladegerät lädt bis zur Schlusspannung von ca. 14, 4 - 14,5 V, danach wird nur noch auf Erhaltung geladen. Der Ladestrom ist mit der Spannung (über den Widerstand) der Batterie gekoppelt. Die Spannung ist so hoch, weil der Innenwiderstand angestiegen ist und als folge der Strom geringer wird. Wenn ich bei einer vollen Batterie unbedingt 5 A durchschicken möchte, dann muss die Spannung deutlich über die maximal erlaubten 14,6 - 14,8 V ansteigen. Mehr Intelligenz braucht kein Ladegerät für Blei-Säure-Batterien um den Ladezustand zu ermitteln...
- Und was ist mit der Batterie-Kapazität? Nix, denn das ist nur über die Zeit zu ermitteln. Denn vereinfacht ist die Kapazität über Ladestrom * Zeit definiert. Interessiert das dem Ladegerät? Nö, oder vielleicht. Es ermittelt höchstens wieviel Energie für das Laden der Batterie aufgewendet wurde und daraus könnte man theoretisch die Kapazität abschätzen.
So, mit den oben beschriebenen Punkten machen wir mal einen Schwenk zu dem Efficient Dynamics von BMW:
Wie oben schon beschrieben, lässt sich die Strategie ganz einfach beschreiben: lade möglichst immer dann, wenn der Wagen in den Schubbetrieb geht, oder gebremst wird. Und: die Lichtmaschine nur dann benutzen, wenn die Bordspannung unter einen definierten Wert fällt.
Nach dem Anlassen des Motors hält die Ladeelektronik über die Lichtmaschine erst mal eine Spannung von ca. 14,4 -14,5 Volt aufrecht. Das ist auch bei einer neuen und voll geladenen Batterie der Fall! Vermutlich wird zuerst versucht die anfänglich beim Startvorgang verloren gegangene Energie so schnell wie möglich wieder zurück in die Batterie zu laden. Die elektronik weiß ja nicht, wie lange die Fahrt tatsächlich daueren wird.
Wenn nun in den Schubbetrieb gegangen wird, dann erhöht die Elektronik sofort die Bordspannung auf 14,8 V (Batterie neu und fast voll)). Dieses ist die maximal zulässige Spannung für eine AGM- BS-Batterie (!). Eine normale, nicht verstärkte Batterie würde diese "Tortur" nicht mitmachen.
Hier sieht man übrigens schön, dass die Efficient Dynamics über die Spannung regelt (also auch nur "mit Wasser kocht"), so wie es jedes normale Ladegerät auch macht.
Nun zu dem Anlernen einer Batterie im Fahrzeug.
1) Ladezustand der Batterie: wie oben erklärt, ist die Spannung ein Gradmaß für den Ladezustand der Batterie. Warum sollte die hochintelligente E.D. Strategie des BMW es nicht fertig bringen, diesen Zustand wie jedes 0815 Laderegät sofort zu ermitteln? Innerhalb von Sekunden muss die Elektronik doch eine neue, volle Batterie an der Spannung erkennen können? Was hat denn eine "historie" überhaupt für einen Einfluss darauf? Ist die Bordspannung im grünen Bereich, dann kann die Elektronik sich doch entspannen!?
Ich kann hieraus nur eine Schlußfolgerung ziehen: es muss grundsätzlich völlig egal sein. Mann stelle sich vor, dass die alte leere Batterie aus dem Fahrzeug genommen wird um sie extern mit einem Ladegerät zu laden um sie dann wieder voll einzubauen. Die Elektronik ist plötzlich verwirrt und kann mit dem neuen Zustand nicht um gehen? Sehr intelligent...
2) Eine neue Batterie mit anderer Kapazität wird eingebaut: wie oben schon beschrieben, ist die Kapazität der Batterie ein Produkt aus Ladestrom über die Zeit. Die Elektronik kann diese in keinster Weise unmittelbar messen, es sei denn sie würde die Batterie erst mal definiert laden und entladen. Erst dann könnte sie wissen, welche Kapazität vorhanden ist. Aber ist das relevant? Nein, denn wie oben schon beschrieben, ist es die Spannung die den Zustand bestimmt. Die Spannung von 12,3 V ("entladene Batterie") wird bei einer Batterie mit höherer Kapazität einfach nur später erreicht. Eine normal programmierte Elektronik würde doch einfach nur auf diese Spannung "warten", bis es die Ladung über die Lichtmaschine einleitet. Ich kann auch hier keinen Grund finden, der u.U. die Elektronik in Probleme bringen würde.
3) Mal angenommen die Elektronik muss eine alte Batterie vor zu hohen Ladeströmen schützen, da sie es nicht mehr so gut annehmen kann. Die Elektronik begrenzt also den maximalen Ladestrom (was übrigens über die Antwort der Spannung wunderbar überwachbar ist) und behält diese Werte im Speicher. Ist diese Elektronik dann tatsächlich so schlecht programmiert, dass nicht sofort eine Adaption stattfindet, wenn eine neue Batterie plötzlich wieder viel besser den Strom annimmt (Spannungsantwort ist entsprechend niedriger)? Ich kann es mir wahrlich nicht vorstellen.
Ich muss also zu dem Schluß kommen, dass ich keinen Grund sehe für ein Anlernen der Batterie, solange das Bordsystem nicht durch eine signifikante Unterspannung schon einzelne Komponenten in den Not-Modus befördert hat. Bei meinem war dieses z.B. nicht der Fall, sondern es wurde nur eine Warnmeldung angezeigt.
Mein Selbstversuch ohne Anlernen der Batterie, mit sogar höherer Kapazität, zeigt nach mehreren tausend Kilometeren eine absolut gesunde volle Batterie. Und das Logging der Bordspannung zeigt mir, dass Efficient Dynamics immer noch effektiv funktioniert.
Sollte ich dennoch daneben liegen, dann würde ich mich fragen wie schlecht so ein System denn programmiert werden kann, dass es sogar einfachste Zusammenhänge nicht erkennen kann.
Gerne kann sich jetzt mal ein Elektroniker oder sonstiger BMW-Spezialist einklinken und meine Erklärungen mit Fakten widerlegen.
Schöne Grüße, Sven