AW: Guttenberg Tastatur
Unter dem scheinheiligen Deckmantel der parteipolitischen Neutralität,
wird hier Parteipolitik betrieben.
Falls Du mich damit meinst, dann will ich Dir sagen, dass die Partei des Betroffenen nicht meine Partei ist. Und wenn Du meine Beiträge in ähnlichen Diskussionen verfolgst, dann wirst Du sehen, dass ich mich grundsätzlich bemühe, Argumente der Extrempositionen zu hinterfragen, weil mich Fakten interessieren.
Losgelöst vom aktuellen Fall haben sich in den letzten ca 10 Jahren einige Dinge geändert. Dazu gehören fast alle Kommunikationsarten und damit auch das Kommunikationsverhalten. Ein ganz wesentlicher Aspekt dabei ist der Umgang mit Urheber- und Nutzungsrechten. Was früher praktisch kein Thema war, ist heutzutage ein gigantisches Problem für viele Rechteinhaber.
Ich wage die Prognose, dass fast jeder hier im Forum mit schöner Regelmäßigkeit Nutzungsrechte verletzt oder es zumindest schon getan hat. Bilder werden kopiert, verfremdet, ohne Angabe von Quellen oder Benachrichtigung des Eigentümers hier benutzt usw usw. Texte von Loriot, Heinz Erhardt, St. Exúpery, Karl Valentin und anderen werden kopiert, als Sig benutzt oder verfremdet wiedergegeben. Google ist die allwissende Quelle für Fachwissen, wo sich jeder bedient, um dann Sekunden später hier die eigene Kompetenz darzustellen.
Wer ist sich da bewußt, in welchen Fällen das rechtens ist, und wo er Rechte verletzt? Wer schert sich darum?
Auf der anderen Seite haben clevere Anwälte eine ertragsreiche Einnahmequelle entdeckt, indem sie Websiten und vor allem Foren nach solchen Dingen durchforsten und gezielt Abmahnungen verschicken. So läuft beispielsweise gerade eine
nette Welle von Abmahnungen an gegen Websiten, die den "Like"-Button von fb eingebunden haben. Jemand klickt auf den Button, ist Betroffener, und schon kann es losgehen.
Ich habe mich 20 Jahre lang mit Raubkopien von Software herumgeschlagen, daher interessieren mich diese Themen sehr. Ich sehe ein, dass man gewisse Kopiervorgänge wohl akzeptieren muss, weil es unverhältnismäßig wäre, alles nachzuverfolgen. Ich sehe nicht ein, warum gleichzeitig Anwälte mit der gängigen Abmahnpraxis davonkommen, auch wenn das nach den Buchstaben des Gesetzes möglich ist.
Für genauso bedenklich halte ich die aktuelle Praxis, zu jedem Mist eine facebook-Seite zu eröffnen, um dann nach kurzer Zeit in allen Medien damit zu erscheinen "das Thema hatte innerhalb von Tagen soundsoviele Fürsprecher", wobei meist eine schwammige Stammtischparole von allen möglichen Leuten angeklickt wurde, bei denen in keinster Weise klar ist, wie sie zu dem Thema stehen, ob sie es überhaupt verstanden haben, oder ob sie vielleicht dagegen sind und sich nur informieren wollten, was denn da so abgeht. Hauptsache, man hat eine dicke fb-Gruppe.
Es werden viele erprobte und bewährte Mechanismen außer Kraft gesetzt, für mich gehört dazu ganz wesentlich die Authentizität von Fakten. "Hab ich im Internet gelesen, hier ist der Link" ist für mich nicht belegbarer als ein beliebiger Artikel in einer Durchschnittszeitung. Irgendeiner glaubt, was gehört zu haben, der nächste zitiert das schon als Halbwissen, beim dritten ist es Fakt. Läßt sich in jeder online-Diskussion heutzutage nachverfolgen, schaut Euch nur mal hier die technischen Diskussionen an, und wer dabei genügend technischen Hintergrund hat, um hitzig über HighTech-Details zu diskutieren...
Insofern berührt der Guttenberg-Fall mehrere Themengebiete, die mich interessieren. Hinzu kommt das Thema fairer Umgang mit jedem, das ich selbst versuche zu praktizieren, und das mir hier aufgrund von Vorverurteilungen stark gelitten zu haben scheint.
Ich glaube, in der Justiz gab es mal einen Spruch "in dubio pro reo". Ich weiß nicht, ob es sowas noch gibt als Grundsatz, aber ich halte mich daran, insbesondere dann, wenn ein Jurist leichtfertig mit Verurteilungen um sich wirft aufgrund von Informationen, die er irgendwo im Internet gelesen hat. Da stelle ich dann auch jedes Detail in Frage, bis ich selbst davon überzeugt bin. :)