Ich hab's zwar schon an anderer Stelle gepostet, aber eigentlich gehört es (auch) hierhin: meine Probefahrt mit einem GT.
Hier mein „Testbericht“:
Erster Eindruck
Boah, ist der groß! Schon im Außenvergleich steht das Pony wie ein Hengst eben dem kleinen, zierlichen E89-Fohlen.
Setzt man sich dann hinein, freut man sich als großer Mensch als erstes über eine enorme Beinfreiheit – das erste Auto, in dem ich den Sitz nicht bis ganz nach hinten stelle, sondern ein gutes Stück nach vorn schiebe, um das Lenkrad nicht mit ausgestreckten Armen halten zu müssen. Kleinere Menschen können den Sitz sogar so weit nach vorn schieben, dass auch noch Personen auf die hinteren Plätze passen. Dabei müsste es sich allerdings um Kinder handeln; Erwachsenen sollte man längeres Sitzen dort möglichst nicht zumuten, denn wirklich geräumig geht es auf den billigen Plätzen nicht zu.
Der nächste Blick wandert über eine riesige Motorhaube, deren beide Falten wie zum Angriff nach vorne gestreckte Schwerter wirken. Genau so muss es sein!
Nach Einstellung von Sitz, Spiegel, Navi etc. bin ich wegen der ungewohnten Ausmaße und der noch fehlenden Übersicht, wo der Wagen aufhört, erst mal vorsichtig vom Hof gerollt. Nach etwa 20km fühlt sich aber schon alles „normal groß“ an. Man gewöhnt sich schnell an die neuen Ausmaße.
Motor
Ein Kaufgrund! Ein „ehrlicher“ 5l-V8 mit Kraft ohne Ende, der schnell und ohne zu murren hochdreht und leichtes Spiel mit den knapp 1,8 t hat.
Sound
DER Kaufgrund. Schon beim Anlassen hat man den ersten Ohrgasmus und Personen im Umkreis von bis ca. 20m drehen sich mehr oder weniger alarmiert nach dem Pony um. Ich habe noch bei keinem Fahrzeug so viele Köpfe sich drehen sehen, bevor Leute den Wagen sehen (und dafür musste ich noch nicht einmal ansatzweise mit dem Gaspedal spielen – es reicht der Normalbetrieb).
Automatik
Bei einem Ami mit ordentlich Hubraum fast schon Pflicht, wenn man nicht ein absoluter Schalter-Fan ist. Der Automat arbeitet im Normal-Modus angenehm weich, aber richtig interessant wird es erst im Sport-Modus, wo die Gänge weiter ausgedreht werden. Zuerst wirkte die Automatik hier manchmal etwas unentschlossen, aber sobald man erst mal herausgefunden hat, wie Motor und Getriebe zusammenarbeiten (sie harmonieren sehr gut miteinander!), lässt sich das mit dem Gasfuß gut steuern. Ansonsten kann man jederzeit mit den Paddles eingreifen, die ihren Job gut und schnell verrichten.
Fahrverhalten
Erstaunlich gutmütig! Das Fahrwerk ist straff, aber nicht ermüdend. Der Stang liegt auch bei 180 km/h (schneller ging es wegen der Wetter- und Verkehrsbedingungen nicht) satt und deutlich souveräner auf der Straße als der E89.
Am meisten hat es mich aber überrascht, wie direkt die Lenkung reagiert und wie willig das dicke Pony sich in die Kurven wirft - im ersten Eindruck bereitwilliger als der E89! Der Mustang vermittelt dabei stets das Gefühl von Sicherheit. Einschränkend muss ich sagen, dass bei mir als bekennendem Blümchenpflücker der persönliche Grenzbereich deutlich vor dem physikalischen beginnt und dass ich das Potential des Mustangs nur ansatzweise ausgelotet habe. Mit einem Probefahrzeug, bei dem ich keine Zeit habe, mich den Grenzen langsam zu nähern, mache ich dies sowieso nicht – erst recht nicht bei regennassen Straßen wie letzten Dienstag.
Apropos Rеgen: ich hatte fast alle Wetterbedingungen, die ein April zu bieten hat. Auf den 230km, die ich mit dem Mustang gefahren bin, gab es ein paar einigermaßen trockene Passagen, starken Rеgen und sogar Hagel. Auf nassen Straßen ist Vorsicht angebracht, da das Heck hier schnell nervös wird. Im Sportmodus reicht ein kleiner Gasstoß, um eine kontrollierte 180°-Wende auf der Stelle auszuführen. So etwas macht nur Spaß, wenn es beabsichtigt ist (meine Schwester, der ich das demonstriert habe, rief laut „Juhu!“).
Es gibt für schlechte Straßenverhältnisse den Fahrmodus „Rеgen & Schnee“, der gut eingreift. Ich habe wegen der Kürze der Zeit nicht alle Fahrmodi testen können und „Rennstrecke“ blieb ganz außen vor (s.o.), aber die einzelnen Modi funktionieren sehr gut und liefern deutlich unterscheidbares Fahrverhalten. Dies gilt auch für die separaten Optionen bei der Lenkung. Der Mustang bietet eine Fülle von Einstellmöglichkeiten, die einen locker ein paar Wochen beschäftigen können und die ich daher nicht alle ausprobieren konnte. Dies sieht man schon am Handbuch, das 350 Seiten hat. Auch wenn man davon bestimmt 150 Seiten mit Warnhinweisen a la „Bei Linkskurven darauf achten, dass die rechte Tür richtig geschlossen ist, sonst besteht Gefahr, den Beifahrer zu verlieren.“ streichen kann, bleibt eine Menge für die Beschreibung der Spielereien übrig.
Verarbeitung und Qualitätseindruck
Solide. Die Spaltmaße sind nicht nobelpreisverdächtig, aber gleichmäßig. Die Heckleuchten und der schwarze Einsatz am Kofferraumdeckel fühlen sich billig an, aber es gibt Schlimmeres.
Im Innenraum findet sich gar nicht mal so viel mehr Plastik mehr als im E89, aber haptisch wirkt es deutlich billiger. Dennoch passt das Gesamtkonzept – ich habe mich sehr wohl gefühlt (zum Vergleich: der Innenraum eines Audi ist hundertmal hochwertiger als der des Ponys, aber ich kann mich in den neueren Modellen nicht heimisch fühlen – das ich natürlich rein subjektiv). Der einzige wirkliche Wermutstropfen ist, dass die unvermeidlichen Gebrauchsspuren die verwendeten Materialien schneller und hartnäckiger signieren werden, als beim E89. Zu nennen sind hier Einstiegsleisten, Sitzseitenwangen und diverse Verkleidungen (A-Säule, Tür-Unterseite etc.), wo schon bei dem noch jungen Mustang (1886 km bei Übernahme) erste Blessuren zu erkennen waren.
Bei geschlossenem Verdeck ist es bis auf die Symphonie des Motors erstaunlich leise; nichts klappert oder knistert. Bei offenem ist es deutlich kälter als im E89, in dem man auch bei -9° C noch gut offen fahren kann. Vermutlich lässt sich das mit der Montage des Windschotts ändern. Ich habe das riesige Dings allerdings nicht montiert und würde es wahrscheinlich auch nicht, weil Windschotts bei Viersitzern in meinen Augen immer irgendwie daneben aussehen.
Navigation und Entertainment
Den Navibildschirm fand ich zuerst gewöhnungsbedürftig: zu bunt, zu grobe Darstellung der Straßen und zu viele Infos. Mit der Zeit, wenn man sich mit der anderen Logik von Ford vertraut gemacht hat, wird es übersichtlicher. Das iDrive von BMW würde ich aber jederzeit dem Touchscreen vorziehen. Dieser reagierte manchmal etwas schwerfällig und die Menüführung könnte auch übersichtlicher sein.
Bei der Audioanlage punktet allerdings ganz klar der Mustang mit mehr Power und Durchzeichnung. Hier habe ich allerdings nur kurz hineingehört, d.h. bei klanglich anspruchsvollerer Kost (Klavier, Orchestrales etc.) mag es sich evtl. anders verhalten.
Verbrauch
Die Verbrauchsanzeige zeigte trotz viel Stadtverkehrs, Staus und Beschleunigungsspielchen Werte zwischen 12,8 und 13,4l/100km und ich war schon am Frohlocken. Aber der Zeiger der Tankuhr wanderte zu schnell nach unten, als dass das stimmen konnte. Errechneter Verbrauch nach Fahrtende: 16l (wenn nach dem Tanken durch meinen Vorgängers noch etwa 10km gefahren wurden, bevor ich den Zähler schließlich zurücksetzte, wären es 15,2l gewesen).
Fazit
Viel Licht und nur wenig Schatten. Vielleicht einer der letzten bezahlbaren "unvernünftigen" Motoren. Für das Gebotene konkurrenzlos günstig. Ein absolutes Spaßauto mit Alltagstauglichkeit. Oder fachlich ausgedrückt: geil, geil, geil!