Grundlage eines Rechtsstaates sind m.M. die Mehrzahl der Bürger, die hinter diesem Rechtsstaat stehen und Recht und Gesetzestreu leben. Sollten zu viele Bürger den Glauben in den Rechtsstaat verlieren, ist dieser gefährdet.
Also hat der Rechtsstaat um seiner Willen die verdammte Aufgabe, Urteile auch so zu verfassen, dass der gemeine Bürger diese verstehen kann. ...
Man könnte aber auch sagen: Der mündige Bürger hat die „verdammte“ Pflicht, sich mit den Urteilen, die er gerne verstehen möchte, überhaupt mal zu beschäftigen.
Dein Einwand ist ja erst einmal nachvollziehbar. Aber hast du dir mal die Mühe gemacht, ein paar Gerichtsurteile zu lesen? Die Rechts
findung ist wie gesagt sehr kompliziert, aber die Urteils
begründungen sind eigentlich immer in einer gut verständlichen Sprache abgefasst. Das heißt nicht, dass man dann alle Details der Rechtsfindung versteht. Aber man wird sehr genau verstehen, welche Details das Gericht wie gewürdigt hat und welche Auffassung es vertreten hat.
Daher ist deine Kritik m. E. unpassend. Denn - wie so oft - wird kritisiert, dass Entscheidungen nicht verständlich seien. Aber diese Kritik kommt nahezu immer aufgrund irgendwelcher journalistischer Berichterstattungen. Da liest man dann den kurzen Artikel, denkt sich „
Hä?! Warum wurde der denn jetzt so lasch verurteilt?!“ (oder so ähnlich), und fertig ist die Kritik. Aber keine Spur davon, sich vielleicht erstmal die Urteilsbegründung in Ruhe durchzulesen.
Das ist so ähnlich, wie wenn man von einem Verkehrsunfall liest und sich denkt „
So ein unfähiger Fahrer!“. Ohne auch nur den Schimmer einer Ahnung zu haben, was überhaupt genau passiert ist.
Daher bitte: Urteile lesen, bevor man kritisiert! Aber bitte nicht erwarten, dass sich eine komplexe Rechtsfindung „...
kurz und knapp ...“ zusammenfassen lässt. Das geht nicht. Ebensowenig, wie sich der Inhalt eines dicken Romans in drei Sätzen wiedergeben lässt. Man muss also schon ein paar Seiten lesen. Da ist er wieder, der mündige Bürger.