Crash mit geliehenem Jaguar in Stuttgart

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Man, man, man - nur weil EIN SUV einen zugegeben extrem schweren und tragischen Unfall in der Stadt verursacht, wird solch eine unsachliche Diskussion in der Öffentlichkeit losgetreten. Was wäre die Folge, wenn das kein Porsche Cayenne, sondern ein noch schwererer Tesla S gewesen wäre? Würde man dann alle e-Mobile aus den Innenstädten verbieten wollen? Überlegt mal, auch ein 500er Fiat hätte solch einen Unfall verursachen können - denn bei einer Menschengruppe am Rand ist es egal, ob darauf zu schleudernd 1,2 oder 2,4 Tonnen einschlagen - das traurige Resultat dürfte annähernd das selbe sein. &::crynew::(:O_oo:

Das war zudem „nur“ ein Macan, den ich jetzt auch nicht wirklich zu den „großen“ SUVs zuordnen würde.
 

Die Aussagen des Beifahrer sind auch nicht grad ohne.
 
Wie gesagt habe ich den heutigen Prozesstag vor Ort verfolgt. Erwartungsgemäß war das Publikumsinteresse groß und der Saal mit 100 Besuchern vollbesetzt. Als Nebenkläger waren auch die Elternpaare beider Getöteten anwesend.

Die Verlesung der Anklageschrift ergab naturgemäß nichts Neues, aber nochmal zur Erinnerung, sie geht von einer Ausgangsgeschwindigkeit von 160 - 165 und von einer Aufprallgeschwindigkeit 100 - 110 km/h aus.

Der Angeklagte, ein Kfz-Mechatroniker in Ausbildung mit Olaseku-Frisur, wird sich erst später zur Person und zur Anklage äußern und hatte deshalb heute eine stumme Rolle, die Verteidigung hielt ein Eingangsstatement. Ihr bisher gegenüber der Justiz nicht in Erscheinung getretener, seit einem halben Jahr inhaftierter Mandant trage schwer an seiner Schuld, der Mordvorwurf aber werde entschieden zurückgewiesen. Sie bat das Gericht unter Verweis auf das Alter des Angeklagten (es handelt sich ja um eine Jugendstrafkammer) um ein faires Verfahren und die Vermeidung einer Exempelstatuierung.

Ansonsten wurden diverse Zeugen gehört, allen voran der Beifahrer, der trotz einer Anreisedauer von ca. 20 Minuten per ÖNV seinen Ankunftstermin zunächst um eine Stunde später als geladen ankündigte, wofür die Verhandlung für eine halbe Stunde unterbrochen wurde, um das danach wieder zusammengetretene Gericht weitere 15 Minuten warten zu lassen.

Sein klassisches staccato-artiges "Türken-Deutsch" führte zu einigen Verständnisproblemen und Übersetzungsbedarfen seitens der Vorsitzenden, die bspw. lernen musste, dass "krank" so etwa die positivste mögliche Beschreibung eines F-Type ist.

Die Vernehmung ergab, dass ihn selbst schnelle Autofahrten allerdings überhaupt nicht interessieren ("Wenn der nur 10 km/h gefahren wäre, wär das auch OK gewesen"), er besitzt auch keinen Führerschein, und er den Angeklagten um die Mitfahrt nur gebeten hat, weil ihm gegen 23:30 langweilig und er auf die Idee gekommen war, ein "krasses" Video von der Fahrt zu machen und sich damit auf Instagram zu profilieren.

Er will dann auf der Fahrt "was mit seinem Handy gemacht haben", (weshalb er auch den Unfallhergang nicht vollständig beschreiben konnte), konnte sich aber auch auf mehrfache Nachfrage nicht erinnern, ob dies ein Video oder etwas Anderes war. Auf seinem Handy wurde später nichts Entsprechendes gefunden, da er das vor dem Einsteigen vom wartenden Jaguar gemachte Video, ebenso wie ein anderes, von dem er sich aber nicht mehr erinnern konnte, ob es sein eigenes von der Fahrt oder irgendein anderes, was ihm jemand geschickt hatte, war. Das geht wohl auf die Aufforderung des Angeklagten, dem man sein Handy nicht sofort abgenommen hatte, an diverse Kumpels, alle Videos von dem Abend (so auch ein von ihm selbst stolz verteiltes von seiner BAB-Fahrt mit 274 km/h - wohlgemerkt: selbst gefilmt!) zu löschen.

Diese Einlassungen waren also insgesamt durchweg unglaubwürdig, was die Vorsitzende ganz offensichtlich auch so empfand.

Danach folgten weitere Zeugen, u. a. der entgegenkommende Linksabbieger, dem der Angeklagte ausgewichen war.

Im Übrigen gibt der von @InXS verlinkte Focus-Artikel eine recht gute Zusammenfassung des ersten von zunächst 16 angesetzten Verhandlungstagen.
 
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... Die Aussagen des Beifahrer sind auch nicht grad ohne.
Ich „spekuliere“ ja selten, aber eines ist m. E. sicher: Für den Fahrer ist das Leben, so wie er es mal kannte, für immer vorbei (gut so!). Selbst falls das Mordmerkmal (wieder Erwarten, aber möglich) nicht durchgehen sollte. Schlechter könnte der Fall für ihn kaum liegen.

Hoffentlich nehmen sich das - hoffentlich konsequente - Urteil möglichst viele andere halbstarke Raser-Idioten zu Herzen!
 
Schlechter könnte der Fall für ihn kaum liegen.
Es wird sich ja im Laufe des Prozesses erst noch ein Gesamtbild des Angeklagten entwickeln. Aber zusätzlich zu der ohnehin schon belastenden Lage aufgrund der bekannten Fakten ergaben die Zeugenaussagen noch ein paar Details, die auch nicht gerade zur Entlastung geeignet sind.

So trat zutage, dass der Jaguar bereits vor dem Ausweichmanöver in keinem stabilen Fahrzustand mehr war, sondern schlingernd und mindestens teilweise auf der Gegenfahrbahn fuhr.

Anderen Zeugen war der Wagen vorher an diversen anderen Stellen in der Innenstadt bei Extrembeschleunigungen bzw. Ampelstarts mit quietschenden Reifen und ausbrechendem Heck aufgefallen.

Besonderes Interesse des Gerichts erregten Aussagen, dass der Angeklagte, nachdem ihm bekannt war, dass in dem Citroën Menschen gestorben waren (was im ersten Moment noch nicht klar war, die Jaguar-Insassen hatten zunächst an ein parkendes Auto geglaubt), als Erstes den Autovermieter anrief, um sich zu vergewissern, dass der Schaden am Jaguar anderweitig übernommen wird.
 
Traurig... mein Mitgefühl gilt nach wie vor den Hinterbliebenen.

Ich als Elternteil hätte wahrscheinlich nicht die Kraft mich ihm ggü. tätlich zu beherrschen.
Als der Angeklagte zum ersten Mal hereingeführt wurde, die Anklageschrift im Rahmen des Unfallhergangs auf den Citroën zu sprechen kam, mit Nennung des Kennzeichens und Halters (Vater der getöteten Frau), und bei der Schilderung eines Zeugen über die Auffindesituation des Citroën-Fahrers kam es zu deutlichen Reaktionen bei den Eltern.

Für den nächsten Termin, übermorgen, hat die Vorsitzende angekündigt, dass Bilder der Getöteten an die Wand projiziert werden müssen und den Eltern anheimgestellt, den Saal für diese Zeit zu verlassen.
 
Nein, aber in so einem Prozess, besonders einem Mordprozess, wird jedes Detail durchleuchtet, um ein möglichst ganzheitliches Bild zu bekommen, und dazu gehören bei Todesopfern natürlich auch deren Verletzungen. Daraus kann man möglicherweise auch wieder weitere Schlüsse ziehen etc., es sind ja auch diverse Sachverständige, der Notarzt etc. am Verfahren beteiligt...

Die "Verletzung" des Jaguar-Beifahrer wurde heute schon gezeigt, eine Druckstelle vom Gurt am Hals. (Der Fahrer blieb völlig unverletzt.)
 
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Für mich fast ein kleines Wunder ist, dass den Jaguar-Insassen überhaupt nichts passiert ist, bei einem Aufprall mit über 100 km/h.

Der Beifahrer sagte zudem, der Crash sei ihm gar nicht so schlimm vorgekommen, er habe gedacht, sie hätten halt ein parkendes Auto gerammt...

(Spricht das jetzt für die Sicherheit des F-Type...?) ;-)
 
Ich als Elternteil hätte wahrscheinlich nicht die Kraft mich ihm ggü. tätlich zu beherrschen.

... heiße Wut. Mich hätte man vor mir selbst schützen müssen. Da wäre mein innerer HULK erwacht...

Für den nächsten Termin, übermorgen, hat die Vorsitzende angekündigt, dass Bilder der Getöteten an die Wand projiziert werden müssen und den Eltern anheimgestellt, den Saal für diese Zeit zu verlassen.

An die Wand?? Müssen? Naja, nicht mein Metier *kopfschüttel*
 
Der Beifahrer sagte zudem, der Crash sei ihm gar nicht so schlimm vorgekommen, er habe gedacht, sie hätten halt ein parkendes Auto gerammt...

(Spricht das jetzt für die Sicherheit des F-Type...?) ;-)

Hab ich mich auch schon gefragt, wie das sein kann. Hat vermutlich im Wesentlichen zwei Komponenten: Impulserhaltung bzw. Massendifferenz und Aufprallwinkel.
Wenn die Idioten mit der Front den Kleinwagen ungünstig in die Seite rammen... könnte mir vorstellen, dass der dann ziemlich zerknautscht wird und der Jaguar aber mehr oder weniger stark abgebremst einfach weiter fährt.
 
Ich möchte noch 2 Ergänzungen zum Unfallhergang nachliefern, die vor dem gestrigen Verhandlungstag noch nicht bekannt gewesen waren, ich gestern aber vergessen habe.

Die Mitfahrt des Beifahrers erfolgte nicht etwa bei einer Fahrt, die der Angeklagte von sich aus ohnehin durchgeführt hätte, vielmehr hatte dieser seinen Rasertag bereits beendet und den Jaguar für die Nacht abgestellt. Einziger Zweck der von dem Beifahrer aus Langeweile gegen 23:30 initiierten Fahrt war also die Erstellung eines Videos für seinen Instagram Account. Wie gestern geschrieben, hätte ihm dafür die bloße Mitfahrt in einem F-Type als Attraktion allerdings ausgereicht, ohne dass es ihm auf hohe Geschwindigkeit angekommen wäre. Da ihm extreme Geschwindigkeiten sogar unangenehm sind sowie aufgrund von Informationen vorheriger Mitfahrer über den Fahrstil des Angeklagten sagte er beim Einsteigen "aber übertreib's nicht".

Da der Beifahrer, der zuhause abgeholt wurde, in Straße des Unfalls wohnt, dauerte die gesamte Fahrt nur ca. 50 Sekunden. (Berücksichtigt man, dass vor der Kollision noch von 160 - 165 auf 100 - 110 abgebremst wurde, muss praktisch von der Abfahrt an energisch beschleunigt worden sein - was auch zu dem vollständig durchgedrückten Gaspedal passt.)

Morgen geht's weiter. Wenn ich mich richtig erinnere, u. a. mit der Zeugenvernehmung des Autovermieters.
 
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Unvorstellbar im Übrigen, was es für die Eltern bedeuten muss, zu erfahren, unter welchen Umständen die für ihre Kinder tödliche Fahrt zustande gekommen ist.
 
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